Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung Herstellungskosten - Erhaltungsaufwand

 

Leitsatz (redaktionell)

Baumaßnahmen, die im Zusammenhang mit einer Funktionsänderung von Räumen anfallen, sind keine Herstellungskosten, wenn die zur künftigen Wohnnutzung umgebauten Räume nicht erweitert werden, die Grundfläche unverändert bleibt, es zu keiner Substanzvermehrung kommt und nicht nachträglich Bestandteile eingebaut werden, die vorher nicht vorhanden waren.

 

Normenkette

HGB § 255 Abs. 2; EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen als Herstellungskosten oder als Erhaltungsaufwand zu beurteilen sind.

Die verheirateten Kläger werden zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Sie sind u.a. Eigentümer von drei Eigentumswohnungen in Q., P.-Straße 02. Diese jeweils mit eigenem Bad und eigener Küche ausgestatteten Eigentumswohnungen (Wohnung 6: 2. Obergeschoss links: 75 qm; Wohnung 9: Dachgeschoss 43 qm; Wohnung 7: 2. Obergeschoss rechts 57 qm; Veräußerung am 22.10.2010, Tag der Übergabe: 01.12.2010), für die eine Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 21.03.1983 vorliegt, waren bis zum Jahr 2008 zu gewerblichen Zwecken an die Y.-Versicherung vermietet. Im Jahr 2009 erfolgten Baumaßnahmen in den Wohnungen, die im Jahr 2010 abgeschlossen wurden. Die Wohnungen wurden anschließend zu Wohnzwecken vermietet. In diesem Zusammenhang machten die Kläger als sofort abzugsfähige Werbungskosten Erhaltungsaufwendungen in folgender Höhe geltend:

2009

50.671 €

2010

63.045 €

Im bestandskräftigen ESt-Bescheid 2009 vom 18.02.2011 berücksichtigte der Beklagte die erklärten Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 35.135 €. Die für 2010 insoweit erklärten Erhaltungsaufwendungen erkannte der Beklagte in Höhe von 57.481,75 € an, beurteilte sie jedoch als Herstellungskosten. Wegen der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlagen und der Berechnung der AfA-Beträge wird auf die Erläuterungen zum ESt-Bescheid 2010 vom 04.08.2011 verwiesen. Der Beklagte vertrat die Auffassung, nach Durchführung der Baumaßnahmen sei ein neues Wirtschaftsgut entstanden. Deshalb seien die dabei entstandenen Kosten als Herstellungskosten zu beurteilen. Die bisher zu gewerblichen Zwecken vermieteten Wohnungen würden nun zu Wohnzwecken vermietet.

Die Kläger erhoben gegen den ESt-Bescheid 2010 mit Schreiben vom 29.10.2011 Einspruch. Zur Begründung trugen sie vor, eine der drei Wohnungen, die Wohnung 7, würde inzwischen weiter zu gewerblichen Zwecken (…-Praxis) vermietet, die beiden anderen Wohnungen seien bis zu deren Verkauf zu Wohnzwecken vermietet gewesen.

Der BFH habe die Herstellung eines (neuen) Wirtschaftsgutes dann angenommen, wenn ein vorhandenes Wirtschaftsgut aufgrund von (Umbau-)Maßnahmen in seiner Funktion bzw. in seinem Wesen verändert worden sei. Eine solche Wesensänderung sei bei einem vorhandenen Gebäude oder Gebäudeteil anzunehmen, wenn sich durch bauliche Maßnahmen dessen Funktion/Nutzung, d.h. seine Zweckbestimmung, ändere. Im Streitfall sei eine zeitgerechte Modernisierung erfolgt. Daraus resultierten keine Herstellungskosten.

Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 17.08.2012 zurück. Zur Begründung trug er vor, die Herstellung eines Wirtschaftsgutes sei auch anzunehmen, wenn ein vorhandenes Wirtschaftsgut aufgrund von Baumaßnahmen in seiner Funktion bzw. seinem Wesen grundlegend verändert würde. Ein solcher Fall der Wesensänderung sei bei einem vorhandenen Gebäude oder Gebäudeteil gegeben, wenn sich durch die Baumaßnahme dessen Zweckbestimmung ändern würde. Die Umnutzung von gewerblich genutzten Flächen zu solchen, die der Nutzung zu Wohnzwecken dienten, sei eindeutig ein solcher Fall der Änderung der Zweckbestimmung. Er führe zur Qualifizierung der angefallenen Aufwendungen zu Herstellungskosten.

Die Kläger erhoben mit Schreiben vom 01.09.2012 gegen die Einspruchsentscheidung Klage und verfolgen ihr Begehren weiter. Eine zu Herstellungskosten führende Funktions- oder grundlegende Wesensänderung habe sich durch die Instandhaltungs- bzw. Reparaturmaßnahmen nicht ergeben.

Eine Nutzungs- bzw. Funktionsänderung liege insbesondere vor, wenn sich durch die baulichen Maßnahmen die Funktion bzw. Nutzung des Gebäudes und damit seine Zweckbestimmung ändere. Herstellungskosten lägen jedoch dann nicht vor, wenn die Funktion des eingebauten Gegenstandes im Wesentlichen derjenigen des ausgetauschten oder erweiterten Gegenstandes entsprächen. Die Funktionsänderung eines Gebäudes könne dann allenfalls Indiz für das Vorliegen von Herstellungskosten sein. Hinzutreten müsse allerdings, dass gegenüber dem früheren Bauzustand eine auf die angestrebte Funktionsänderung ausgerichtete Substanzmehrung vorliege, die über das bloße Versetzen von Wänden und das Zumauern z.B. von Türen hinausgehen würde.

Auf dieser Grundlage seien die besonderen Umstände des Streitfalles zu berücksichtigen. Baurechtlich lägen keine genehmigungspflichtigen Umbaumaßnahmen vor; Grundriss und Aufteilung der Wohnungen sei unverändert geblieben. Auf die Schr...

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