Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustabzug nach Verschmelzung und nachfolgender Veräußerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Nach den Maßstäben des BVerfG im Beschluss vom 15. Januar 2008 zu § 12 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 a.F. (2 BvL 12/01) bleibt auch § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. trotz Überschreitung der Mitwirkungsbefugnisse des Vermittlungsausschusses gültig.

2) § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. ist dahingehen auszulegen, dass die übernehmende Körperschaft den Betrieb selbst fortführen muss.

3) Eine Übertragung des verlustverursachenden Betriebs auf einen Dritten innerhalb der Fünf-Jahres-Frist erfüllt die Voraussetzungen der Fortführungsklausel auch dann nicht, wenn der Dritte seinerseits den Betrieb bis zum Ablauf der Fünf-Jahres-Frist fortführt.

 

Normenkette

UmwStG § 12 Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.05.2009; Aktenzeichen I R 94/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Eintritt der Klägerin in den verbleibenden Verlustabzug einer auf sie verschmolzenen Gesellschaft entgegen steht, dass die Klägerin den übernommenen Betrieb innerhalb der Fünf-Jahres-Frist des § 12 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UntStRefFortG) vom 29. Oktober 1997 (BGBl. I 1997, 2590) – UmwStG 1995 n.F. – veräußert hat.

Die Klägerin, eine GmbH, firmierte zunächst unter dem Namen „X. Y. GmbH” und befasste sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Kunststoffteilen.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 1. Dezember 1998 erwarb sie sämtliche Anteile an der Fa. Z.Beteiligungs-GmbH, die in derselben Urkunde in „X. Fenster-Systeme GmbH” (X-GmbH) umbenannt wurde.

Am 23. Dezember 1998 wurde in notarieller Urkunde bei der X-GmbH eine Erhöhung des Stammkapitals von bisher 50.000 DM auf 10 Mio. DM vorgenommen. Die Klägerin erbrachte die neue Stammeinlage zum 31. Dezember 1998 durch Einbringung von Maschinen und Einrichtungen im Wert von 15 Mio. DM.

Mit notarieller Urkunde vom 9. Dezember 1999 wurde die X-GmbH zum 31. Dezember 1999 auf die Klägerin verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 3. April 2000 in das Handelsregister der X-GmbH und am 7. April 2000 in das Handelsregister der Klägerin eingetragen. Die Klägerin übernahm den Namen der auf sie verschmolzenen X-GmbH. Durch die Verschmelzung erlitt die Klägerin einen Verschmelzungsverlust in Höhe des im Jahr 1999 erwirtschafteten Jahresfehlbetrags der X-GmbH (1.034.669 DM), der gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 n.F. außer Ansatz blieb.

Am 1. Januar 2002 übertrug die Klägerin ihr gesamtes operatives Geschäft – einschließlich des auf sie übergegangenen früheren Betriebs der X-GmbH – auf die Fa. S. GmbH (S-GmbH). Gegenstand der Klägerin ist seitdem nur noch die Verwaltung eigener Immobilien und Beteiligungen. Die Klägerin wurde nochmals umbenannt und firmiert seither unter „X. Immobilien GmbH”. Die S-GmbH führte den übertragenen Geschäftsbetrieb bis über den 31. Dezember 2004 hinaus fort.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) stellte für die X-GmbH mit Bescheid vom 27. Februar 2001 zum 31. Dezember 1999 einen verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer (KSt) i.H.v. 1.034.669 DM fest. In ihrer KSt-Erklärung für das Streitjahr 1999 verrechnete die Klägerin diesen Betrag mit ihren eigenen positiven Einkünften. Das FA folgte dem in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ursprünglichen KSt-Festsetzungen für 1999 zunächst.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, der Verlustabzug sei infolge der späteren Veräußerung des operativen Geschäfts rückwirkend im Streitjahr zu versagen. Am 15. Januar 2003 erließ es einen entsprechenden, auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützten Änderungsbescheid zur KSt 1999. Während des Einspruchsverfahrens erging am 23. Juli 2003 ein weiterer Änderungsbescheid, mit dem neben sonstigen – hier nicht streitigen – Änderungen auch der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde.

Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, der Eintritt in den verbleibenden Verlustabzug kompensiere lediglich die steuerrechtliche Unbeachtlichkeit des Verschmelzungsverlusts. Das Gesetz fordere nur die Fortführung des Betriebs und schließe dabei eine Fortführung durch dritte Personen nicht aus. Weil § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. bereits eine Durchbrechung des Grundsatzes der Personenidentität enthalte, seien weitere Veränderungen des personellen Substrats hier unbeachtlich; diese könnten nur im Rahmen des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) berücksichtigt werden. Die Verschmelzung sei allein aus – im Schriftsatz vom 14. Februar 2003 näher dargelegten – wirtschaftlichen Gründen vorgenommen worden; steuerliche Überlegungen hätten keine Rolle gespielt. Im Ergebnis sei die zum Ende des Jahres 1998 vorgenommene Ausgliederung des Geschäftsbetriebs auf die X-GmbH mit der Verschmelzung zum Ende des Jahres 1999 wieder rückgängig gemacht worden. Hätte die Verschmelzung rechtlich noch auf den 1. Januar 1999 zurückbezogen werden können, wäre der Ve...

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