Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine neue Tatsache bei Erkennbarkeit aus Grundbesitzakte

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine die Einkommensteuer erhöhende Änderungsfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO scheidet aus, wenn die Tatsachen, auf die das FA die Änderung stützt, bei Erlass des Erstbescheids bereits aus dem Inhalt der Grundbesitzakte ohne weiteres erkennbar waren.

2) Sind die Tatsachen bereits keine neuen, rechtfertigt auch die Mitwirkungspflichtverletzung des Stpfl. eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen 2003, 2005 und 2006 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) vorliegen.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren unter anderem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verschiedener Immobilien. Es handelt sich dabei unter anderem um das Mietwohngrundstück A-Straße 1 in E sowie um Wohnflächen auf dem Grundstück B-Straße 2 in L. Das Grundstück A-Straße 1 hat der Kläger im Jahre 2001 von seiner damaligen Ehefrau C 2, von der er seit Februar 2002 dauernd getrennt lebte und von der er seit 2005 geschieden ist, zu einem Kaufpreis in Höhe von X DM erworben. Das ursprünglich mit einem Wohnhaus und Stallungen bzw. einer Scheune bebaute Grundstück B-Straße 2 hat der Kläger im Jahre 1994 nebst weiteren unbebauten Grundstücksflächen erworben. Im notariellen Kaufvertrag vom 22.07.1994 sind als Kaufpreise für das bebaute Grundstück B-Straße 2 X DM und für die unbebauten Grundstücksflächen X DM aufgeführt. Das Wohnhaus des Grundstücks B-Straße 2 nutzte der Kläger auch in den Streitjahren zu eigenen Wohnzwecken. Die sich in den anderen Gebäudeteilen befindenden Wohnflächen waren auch in den Streitjahren fremdvermietet. Das Mietwohngrundstück A-Straße 1 war in den Streitjahren vollumfänglich fremdvermietet. Die Anschaffungskosten der Objekte B-Straße 2 und AStraße 1 finanzierte der Kläger teilweise durch Darlehen der U Lebensversicherung AG sowie der Bank 1 E.

Bezüglich des Grundstücks B-Straße 2 reichte der Kläger für den Veranlagungszeitraum 1995 eine Aufteilung der Anschaffungskosten sowie eine Aufteilung der Schuldzinsen beim Beklagten ein. Darin errechnete der Kläger unter anderem, dass 36,31 % der finanzierten Anschaffungskosten gemäß des Kaufvertrages vom 22.07.1994 (Objekt B-Straße 2) auf den vermieteten Teil entfallen und dass 26,4 % der Schuldzinsen des Us auf das Vermietungsobjekt „A-Straße” entfallen.

Der Beklagte nahm diese Berechnungen ebenso wie die Kaufverträge zu seiner „Grundbesitzakte” und legte für die streitbefangenen Vermietungsobjekte Überwachungsbögen für Gebäudeabschreibungen an. Darin wurden für das Objekt A-Straße 1 Anschaffungskosten in Höhe von X DM erfasst. In dem Überwachungsbogen für das Objekt B-Straße 2 sind als Nutzungen „fremde Wohnzwecke” und „eigene Wohnzwecke” sowie Anschaffungskosten in Höhe von X DM als Bemessungsgrundlage für die Abschreibung erfasst. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundbesitzakte verwiesen.

In den von den Prozessbevollmächtigten des Klägers erstellten Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre wurden bezüglich des Vermietungsobjekts B-Straße 2 Zinsen aus einem Darlehen über X Euro bei der Bank 1 E eG in voller Höhe als Werbungskosten geltend gemacht. Es handelt sich dabei um Beträge in Höhe von X Euro (Veranlagungszeitraum – VZ – 2003), X Euro (VZ 2005) und X Euro (VZ 2006). Darüber hinaus wurden für das vorgenannte Vermietungsobjekt anteilige Zinsen (36,31 %) aus einem Darlehen der U Lebensversicherung AG über X Euro als Werbungskosten geltend gemacht. Hierbei handelt es sich um Beträge in Höhe von X Euro (VZ 2003), X Euro (VZ 2005) und X Euro (VZ 2006). Für das Vermietungsobjekt A-Straße 1 wurden ferner anteilige Zinsen (29,6 %) des vorgenannten Darlehens der U Lebensversicherung AG in Höhe von X Euro (VZ 2003), in Höhe von X Euro (VZ 2005) und in Höhe von X Euro (VZ 2006) als Werbungskosten geltend gemacht. Zu den Einzelheiten wird auf die Einkommensteuererklärungen der Streitjahre nebst der eingereichten Anlagen und Unterlagen verwiesen.

Auf der Grundlage der Einkommensteuererklärungen wurde der Kläger, im Veranlagungszeitraume 2003 zusammen mit seiner damaligen Ehefrau, zunächst im Wesentlichen, insbesondere bezüglich der hier streitigen Vermietungseinkünfte, erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. Zu den Einzelheiten wird auf die Einkommensteuererklärungen sowie auf den weiteren Inhalt der Einkommensteuerakte verwiesen. Die Steuerfestsetzungen wurden bestandskräftig.

Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2007 überprüfte der Beklagte den Ansatz der Schuldzinsen für das Objekt B-Straße 2 und forderte die Prozessbevollmächtigen des Klägers zur Stellungnahme auf. Daraufhin teilten die Prozessbevollmächtigten des Klägers dem Beklagten mit Schreiben vom 28.10.2008 unter Vorlage berichtigter Anlagen für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit, dass die Zinsen aus dem Darlehen de...

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