Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen in Fällen der Weitervermietung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige im Eigentum Dritter stehende Immobilien anmietet, um diese weiter zu vermieten und daher lediglich als Zwischenmieter auftritt (sog. „Durchleitung” der Immobilien), steht der Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG nicht entgegen und begründet keine verfassungsrechtlichen Zweifel im Hinblick auf eine steuerliche Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Eigentümern bzw. Endmietern. Es entspricht dem Zweck der Hinzurechnungsvorschrift – Besteuerung des sog. objektivierten Gewerbeertrags –, auch „durchgeleitete” Immobilien zu erfassen.

2. Es liegt keine verfassungswidrige Belastungsungleichheit vor, soweit ein Steuerpflichtiger mit seinem Nichteigentümer-Betrieb (als Zwischenvermieter) anders als ein Eigentümer-Betrieb keine gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG in Anspruch nehmen kann.

3. Keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz stellt es dar, soweit die Pachtzahlungen eines Zwischenmieters gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewerbeertrag hinzurechnen sind, während gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1, letzter Halbsatz GewStG Aufwendungen für „Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen”, von der Hinzurechnungsregelung ausgenommen sind, soweit „durchgeleitete” Immobilien auf Dauer der betrieblichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen dienen (hier: dauerhafte Zurverfügungstellung von Geschäftslokalen für Einzelhändler), unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden und somit – anders als bei sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechten – gerade zur Stärkung des Betriebskapitals beitragen.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. e, f S. 1 letzter Halbsatz, § 9 Nr. 1 Sätze 1-2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten nur noch über die Frage, ob die Gewerbesteuerhinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes (GewStG; i. d. für das Streitjahr 2010 geltenden Fassung) im Streitfall Anwendung findet.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, die zu den Unternehmen der A-Gruppe gehört. Die Unternehmen dieser Gruppe betreiben hauptsächlich den … [Unternehmenszweck/-zweig zwecks Neutralisierung entfernt], die ebenfalls zum weiteren Bereich der Unternehmensgruppe zählen. … [entfernt zwecks Neutralisierung]. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Vermietung von fremden und eigenen Immobilien, … [entfernt zwecks Neutralsierung]. Den überwiegenden Teil der weitervermieteten Räumlichkeiten mietete die Klägerin im Streitjahr zu einem festen Mietzins von den jeweiligen Eigentümern an. Diese von ihr angemieteten Räumlichkeiten vermietete die Klägerin dann, teilweise zusammen mit für den Betrieb erforderlichen Verkaufsvorrichtungen, zu einem umsatzabhängigen Mietzins an die vorgenannten … [Unternehmen – zwecks Neutralisierung wurden die Unternehmen entfernt] weiter. Im Streitjahr erzielte die Klägerin nach eigenen Angaben aus dieser Tätigkeit Umsatzerlöse (d.h. Miet- und Pachterträge) in Höhe von rd. … EUR und sonstige Erträge in Höhe von rd. … EUR. Von diesen Miet- und Pachterträgen entfielen rd. … EUR auf die Untervermietung von angemieteten Immobilien (… [entfernt zwecks Neutralisierung]) und ca. … EUR auf die Vermietung von eigenen Immobilien (… [entfernt zwecks Neutralisierung]).

In ihrer beim Beklagten (Finanzamt – FA –) eingereichten Gewerbesteuererklärung für 2010 erklärte die Klägerin u.a. Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Wirtschaftsgüter im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG; die Höhe des Hinzurechnungsbetrags wurde von der Klägerin für das Streitjahr mit … EUR angegeben. Mit Bescheid vom 12.11.2012 setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag für 2010 erklärungsgemäß auf … EUR fest. Dieser Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Hiergegen legte die Klägerin im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Finanzgerichts – FG – Hamburg beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Frage der Verfassungswidrigkeit des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG (Beschluss des FG Hamburg vom 29.02.2012 1 K 138/10; Az. beim BVerfG: 1 BvL 8/12) Einspruch ein und beantragte gleichzeitig, das Einspruchsverfahren bis zu einer Entscheidung des BVerfG ruhen zu lassen.

Mit Änderungsbescheid vom 11.12.2012 wurde der Gewerbesteuermessbetrag 2010 aus hier nicht streitigen Gründen auf … EUR herabgesetzt.

In der Folgezeit führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung X (GKBP-FA) eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Dabei stellte das GKBP-FA fest, dass die Klägerin in Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Kündigung eines Mietvertrags für das in D gelegene Objekt „E” zum 31.12.2009 eine Zahlung in Höhe von … EUR (netto … EUR) im Kalenderjahr 2010 an die Eigentümeri...

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