Entscheidungsstichwort (Thema)

Erträge aus Rückzahlung von Dax-Zertifikaten steuerbar

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Nach der Neufassung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 2 EStG durch das StÄndG 2001 werden variabel verzinsliche Wertpapiere (hier: Dax-Zertifikate), die keine von vornherein bezifferbare Emissionsrendite haben, vom Tatbestand des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Buchst. c EStG erfasst.

2) Die in § 52 Abs 37b EStG geregelte Anwendung dieser Vorschrift auf alle noch offenen Fälle verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückswirkungsverbot.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2, 2 Sätze 1, 1 Nrn. 4, 4 Buchst. c, Nr. 4 S. 4, § 52 Abs. 37b, § 20 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.11.2006; Aktenzeichen VIII R 79/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Erträge aus der Rückzahlung von sog. DAX-Zertifikaten zu steuerbaren Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c Einkommensteuergesetz (EStG) führen.

Der Kläger (Kl.) ist selbständiger Steuerberater. Er erwarb am 26.08.1992 über die Volksbank Q an der Düsseldorfer Börse 13 Stück DAX-Zertifikate mit garantiertem Rückzahlungsbetrag der U & C … (Emittentin) – Wertpapier-Kenn-Nummer 406491 – zum Kaufpreis von je 1.500,00 DM, d.h. insgesamt 19.500,00 DM zuzüglich Provision (97,50 DM), Courtage (1,50 DM) und Abwicklungsgebühr (3,00 DM). Die Emission der Zertifikate war Anfang März 1992 zu einem anfänglichen Verkaufspreis von 1.775,00 DM je Zertifikat erfolgt. Ausweislich der Verkaufsmitteilung der T & C Kommanditgesellschaft auf Aktien … vom Februar 1992, die die Zertifikate angeboten und für die Zahlung durch die Emittentin die Garantie übernommen hatte, ist die Emittentin verpflichtet, dem Inhaber eines Zertifikats bei Endfälligkeit am 18.03.1997 den Betrag zu zahlen, der dem in Deutsche Mark ausgedrückten DAX (= Deutscher Aktien-Index) -Schlusskurs am 14.03.1997 entspricht, mindestens jedoch den Betrag von 1.775,00 DM je Zertifikat. Wegen der Emissionsbedingungen im Einzelnen wird auf die Verkaufsmitteilung der U & C KGaA vom Februar 1992 Bezug genommen.

Am Ende der Laufzeit der Zertifikate (18.03.1997) erhielt der Kl. die Rückzahlung in Höhe von brutto 3.359,29 DM je Zertifikat, insgesamt 43.670,77 DM. Auf die Kapitalerträge in Höhe von [(43.670,77 – 19.500 =) 24.170,77 DM abzüglich des anteiligen Freibetrags von 3.487,50 =] 20.683,27 DM wurden 6.204,98 DM Kapitalertragsteuer (KapESt) sowie 465,37 DM Solidaritätszuschlag (SolZ) zur KapESt einbehalten. Der Nettoertrag von 17.500,42 DM sowie der eingezahlte Kapitalbetrag von 19.500,00 DM wurde dem Kl. zum 18.03.1997 auf seinem Konto gutgeschrieben; auf die Kaufabrechnung der Volksbank Q vom 21.03.1997 sowie die Erträgnisaufstellung vom 30.01.1998 wird im Einzelnen Bezug genommen.

Der Kl. behandelte diese Erträge im Rahmen seiner Einkommensteuer (ESt)-Erklärung für das Streitjahr 1997 als nicht steuerbare Erträge. Der Beklagte (Bekl.) folgte dem bei Durchführung der ESt-Veranlagung nicht und qualifizierte die Erträge in Höhe von 24.170,77 DM als zusätzliche Einkünfte aus Kapitalvermögen – ESt-Bescheid 1997 vom 06.09.1999 -. Der Bescheid erging hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vorläufig, da die Behandlung der DAX-Zertifikate noch nicht abschließend geklärt sei.

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kl. u.a. geltend, die Erträge aus den Zertifikaten seien nicht steuerbar. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 21.07.1998 IV B 4 – S-2252 – 116/98 unterfielen Erträge aus Zertifikaten nur dann dem § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, wenn entweder die Rückzahlung des Kapitals oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zugesagt sei. DAX-Zertifikate mit Kursabsicherung stellten in der Praxis jedoch die Ausnahme dar. Typischerweise würden DAX-Zertifikate ohne Absicherung des eingesetzten Kapitals ausgegeben. Denn der Erwerber von DAX-Zertifikaten wolle wirtschaftlich an der Entwicklung des Marktes – repräsentiert durch den Performance-Index – teilnehmen, ohne spezielle Aktienfonds zu erwerben, da mit diesen höhere Transaktionskosten verbunden seien. Er würde den Kauf von DAX-Zertifikaten mit Kursabsicherung oder Gewährung von besonderen Entgelten vermeiden, wenn dies zu einer vollständigen Versteuerung des Kursgewinns führen würde.

Er vertrat ferner die Auffassung, § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfasse nur die Erträge des Ersterwerbers (sog. Durchhalter). Denn die Zusage auf Rückzahlung des eingesetzten Kapitals könne regelmäßig nur im Rahmen der Emission des Wertpapiers erfolgen. Sie werde daher nur dem Zeichner der Emission gewährt und gehe nicht mit der Veräußerung des Wertpapiers auf den Erwerber über. Bei den an der Börse gehandelten DAX-Zertifikaten sei den Käufern grundsätzlich nicht bekannt, ob dem Ersterwerber eine Rückzahlungsgarantie gegeben worden ist. Der Kl. trug vor, der Handel mit diesen DAX-Zertifikaten sei bereits nach deren Emission Anfang März 1992 zugelassen worden. Bei dem Erwerb der Zertifikate durch ...

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