Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobes Verschulden des steuerlichen Beraters bei Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Einem steuerlich beratenen Steuerpflichtigen ist grob schuldhaftes Verhaltes des steuerlichen Beraters am nachträglichen Bekanntwerden steuermindernder Tatsachen zuzurechen, wenn der Berater einen Steuerbescheid bestandskräftig werden lässt und erst anschließend Beweismittel vorlegt, die zu einer niedrigeren Steuer führen.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.12.2013; Aktenzeichen VIII R 10/11)

BFH (Urteil vom 10.12.2013; Aktenzeichen VIII R 10/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob einem steuerlich beratenen Steuerpflichtigen grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zuzurechnen ist, wenn sein steuerlicher Berater Gewerbesteuermessbescheide bestandskräftig werden lässt und erst danach Tatsachen vorträgt und Beweismittel vorlegt, die zu einer niedrigeren Festsetzung der Messbeträge führen könnten.

Der Kläger betrieb bis zum Kalenderjahr 1999 eine Werbeagentur. Dieses Gewerbe meldete er zum 1. Januar 2000 bei der Stadt O ab. Seitdem übt er eine selbstständige, nach seiner Darstellung beratende bzw. künstlerische Tätigkeit aus.

In dem Kalenderjahr 2004 führte der Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch, die unter anderem die Gewerbesteuer für die Kalenderjahre 1999 bis 2001 umfasste. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die in diesen Jahren selbstständig ausgeübte Tätigkeit des Klägers nach der Verkehrsauffassung als einheitlich anzusehen sei. Eine Trennung der aufgrund der Tätigkeit erzielten Einkünfte sei nicht möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht über die Betriebsprüfung vom 30. März 2004 verwiesen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ auf Grundlage der Feststellungen der Betriebsprüfung Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1999 bis 2001. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger gegen diese Festsetzungen Klage, die beim Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 14 K 5248/05 G erfasst wurde.

Auch für die Kalenderjahre 2002 bis 2004 (Streitjahre) gab der Kläger keine Gewerbesteuererklärungen ab. Gleichwohl setzte der Beklagte für die Streitjahre mit Bescheiden, die dem Prozessbevollmächtigten zu 1. des Klägers unter dem 3. Februar 2006 bekannt gegeben worden sind, Gewerbesteuermessbeträge fest. Hierbei legte er als Gewerbeerträge die Gewinne zugrunde, die der Kläger in den beim Beklagten am 15. Juli 2005 eingegangenen Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angegeben hatte.

Am 29. September 2006 beantragte der Kläger beim Beklagten zunächst, die Vollziehung der Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre vom 3. Februar 2006 auszusetzen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 9. Oktober 2006 ab. Ein danach bei Gericht gestellter Antrag hatte ebenfalls keinen Erfolg (Beschluss des Senats vom 18. Mai 2007 im Verfahren 14 V 4723/06 G).

Mit Schreiben vom 29. September 2006 hatte der Kläger zudem beim Beklagten beantragt, die Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre vom 3. Februar 2006 gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 AO auf jeweils 0 EUR herabzusetzen. Er begründete diesen Antrag damit, dass für die Kalenderjahre 1999 bis 2001 bei dem Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 14 K 5248/05 G ein Klageverfahren anhängig sei, in dem es um die grundsätzliche Frage gehe, ob seine Tätigkeit als gewerblich oder als freiberuflich zu qualifizieren sei.

Am 11. Oktober 2006 legte der Kläger gegen die Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre vom 3. Februar 2006 Einspruch ein und verwies zur Begründung auf das zu diesem Zeitpunkt anhängige Verfahren 14 K 5248/05 G.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 übersandte der Kläger in dem Verfahren 14 K 5248/05 G eine Klagebegründung, der er unter anderem einen Mitarbeitervertrag vom 29. Dezember 2000, Schulungsprogramme aus den Jahren 2000 und 2001 sowie mehrere Rechnungen über Konzepterstellungen beifügte.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2006 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 29. September 2006 auf Herabsetzung der Gewerbesteuermessbeträge auf 0 EUR ab.

Außerdem wies er mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 darauf hin, dass der gegen die Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre gerichtete Einspruch des Klägers vom 11. Oktober 2006 verspätet eingegangen sei. Daraufhin nahm der Kläger seinen Einspruch vom 11. Oktober 2006 am 26. Oktober 2006 zurück.

Am 31. Oktober 2006 legte der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 25. Oktober 2006 Einspruch ein.

Mit Schriftsatz vom 29. August 2007 übersandte der Kläger in dem Verfahren 14 K 5258/05 G eine weitere ausführliche Klagebegründung, in der er unter anderem zu seiner Ausbildung und zu seinen verschiedenen Tätigkeiten eine Vielzahl von Umständen schilderte.

In einem am 5. September 2007 vor dem damaligen Berichterstatter des Senats in dem Verfahren 14 K 5248/05 G durchgeführten Erörterungstermin verständig...

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