Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Aufrechnung gegen Kostenerstattungsanspruch mit von der Vollziehung ausgesetzter Forderung des Fiskus

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Das FA ist während der Dauer einer Aussetzung der Vollziehung eines Duldungsbescheids an der Aufrechnung mit dem durch diesen Bescheid festgesetzten Anspruch gehindert.

2) Während der Dauer der Aussetzung der Vollziehung ist die Aufrechnung mit dem Anspruch aus dem Duldungsbescheid gegen abgetretene Ansprüche aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss unwirksam.

 

Normenkette

ZPO § 767; AO § 226; FGO §§ 69, 151

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Aufrechnung.

Der Kläger erließ gegenüber Frau B. am 14.3.2012 einen Duldungsbescheid, mit dem er sie in Höhe von 355.932,31 EUR in Anspruch nahm. Im Verfahren über den hiergegen eingelegten Einspruch gewährte er die beantragte Aussetzung der Vollziehung nur teilweise. Im anschließenden gerichtlichen Aussetzungsverfahren wurde Frau B. von den Beklagten vertreten. Dem Aussetzungsantrag gab das Finanzgericht Münster mit Beschluss vom 9.10.2012 (6 V 1750/12 AO) in vollem Umfang statt, weil der Duldungsbescheid nicht hinreichend bestimmt sei. Die Kosten des Verfahrens legte das Gericht dem Kläger (= Antragsgegner des Aussetzungsverfahrens) auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.

Am 16.10.2012 zeigten die Beklagten gegenüber dem Kläger an, dass Frau B. ihren Kostenerstattungsanspruch aus dem finanzgerichtlichen Verfahren 6 V 1750/12 AO an die Beklagten abgetreten habe und fügten die Abtretungserklärung vom 15.10.2012 bei.

Der Kläger erließ am 24.10.2012 eine Einspruchsentscheidung im Einspruchsverfahren gegen den Duldungsbescheid vom 14.3.2012, mit der er den Duldungsanspruch auf 295.054,36 EUR festsetzte und mitteilte, dass die Aussetzung der Vollziehung am 27.11.2012 ende.

Am 16.11.2012 erließ das Finanzgericht Münster einen Kostenfestsetzungsbeschluss in dem Verfahren 6 V 1750/12 AO, mit dem er die vom Kläger an die Mandantin der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1.329,94 EUR festsetzte.

Der Kläger erklärte am 10.12.2012 gegenüber den Beklagten die Aufrechnung gegen die durch Abtretung erworbenen Zahlungsansprüche aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss mit den fälligen und durchsetzbaren Forderungen aus dem Duldungsbescheid.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Finanzgerichts Münster schrieb den Kostenfestsetzungsbeschluss auf Antrag der Beklagten am 20.1.2014 auf diese um.

Gegen den Duldungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist beim Finanzgericht Münster unter dem Az. 6 K 3757/12 AO ein Klageverfahren anhängig. Der 6. Senat setzte den Duldungsbescheid mit Beschluss vom 7.2.2013 (Az. 6 V 3955/12 AO), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, in Höhe eines Teilbetrages von 100.224,56 EUR und in Höhe eines weiteren Teilbetrages in Höhe von 149.700 EUR gegen Sicherheitsleistung von der Vollziehung aus. Im Beschluss lässt der Senat die Frage, ob der ursprüngliche Duldungsbescheid vom 14.3.2012 wegen Unbestimmtheit als nichtig oder lediglich als rechtswidrig anzusehen war, ausdrücklich offen, weil jedenfalls die Einspruchsentscheidung vom 24.10.2012 den Bestimmtheitsanforderungen genüge.

Nachdem der Kläger der Aufforderung der Beklagten, die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu begleichen, nicht nachgekommen war, stellten die Beklagten am 27.2.2014 einen gerichtlichen Antrag, die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu verfügen. Dieses Verfahren ist beim erkennenden Senat unter dem Az. 7 S 620/14 AO anhängig.

Der Kläger hat am 18.3.2014 Vollstreckungsgegenklage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass die von den Beklagten begehrte Forderung aus dem umgeschriebenen Kostenfestsetzungsbeschluss durch Aufrechnung erloschen sei. Die Aufrechnung gegenüber den neuen Gläubigern sei gemäß § 406 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht ausgeschlossen gewesen. Insbesondere sei durch die Anordnung der Aussetzung der Vollziehung nicht die Fälligkeit des Anspruchs aus dem Duldungsbescheid hinausgeschoben worden. Die Aussetzung führe lediglich dazu, dass der Verwaltungsakt nicht mehr vollzogen werden dürfe. Fälligkeit und damit auch die Aufrechnungslage blieben weiterhin bestehen. Auch die Anordnung der Aussetzung der Vollziehung durch den Beschluss im Verfahren 6 V 3955/12 AO stehe der Aufrechnung nicht entgegen, da ein Teilbetrag in Höhe von 106.007,75 EUR nicht von der Aussetzung betroffen sei.

Der Kläger beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Finanzgerichts Münster vom 16.11.2012 (Az. 6 V 1750/12) für unzulässig zu erklären und

die Beklagten zu verurteilen, die ihnen erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Aufrechnung des Klägers sei unzulässig, weil nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts eine Aufrechnun...

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