Entscheidungsstichwort (Thema)

Abtretung von Forderungen des Schuldners im Restschuldbefreiungsverfahren umfasst nicht Steuererstattungsansprüche

 

Leitsatz (redaktionell)

An den Schuldner selbst und nicht an den Treuhänder im Sinne von § 287 Abs 2 InsO geleistete Steuererstattungen sind an diesen nicht ohne, sondern mit Rechtsgrund geleistet worden. Denn Steuererstattungsansprüche des Schuldners sind von § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht umfasst. Ein Rückforderungsanspruch des Finanzamts nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO besteht nicht gegen den Schuldner, sondern ggf. gegen den Treuhänder.

 

Normenkette

InsO § 287 Abs. 2; AO § 37 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung von an den Kläger gezahlten Steuererstattungen für das Jahr 2001, konkret über die Frage, inwieweit Steuererstattungsansprüche des Klägers von einer im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens erfolgten Abtretung gemäß § 287 Abs. 2 InsO erfasst sind.

Über das Vermögen des Klägers ist mit Beschluss des Amtsgerichts C. vom 8. März 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zur Treuhänderin (§ 313 InsO) wurde die Beigeladene bestellt. Mit Beschluss vom 4. Januar 2002 wurde das Verfahren aufgehoben, da die Schlussverteilung vollzogen war (§ 200 InsO). Im Rahmen des Schlusstermins vom 13. Dezember 2001 erfolgte die Anhörung der Beteiligten zum Antrag auf Restschuldbefreiung. Hierzu hatte der Kläger vorgeschlagen, die Beigeladene auch als Treuhänderin für das Verfahren zur Restschuldbefreiung zu bestellen. Die Beigeladene erklärte im Termin ihre Bereitschaft zur Übernahme des Amtes.

Mit an den Kläger adressiertem und bekannt gegebenem Bescheid vom 24. Juli 2003 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2001 auf 0,00 DM fest. Es ergab sich ein zu erstattender Betrag von 383,37 Euro (749,80 DM). Ausweislich der gleichfalls an den Kläger gerichteten und bekannt gegebenen Mitteilung für 2001 über Umsatzsteuer vom 31. Juli 2003 stimmte der Beklagte des Weiteren der Umsatzsteuererklärung 2001 zu. Hieraus ergab sich ein weiterer zu erstattender Betrag in Höhe von 301,48 Euro (589,65 DM). Das Guthaben (insgesamt 684,85 Euro) wurde am 25. Juli 2003 bzw. am 1. August 2003 auf das Konto des Klägers bei der Sparkasse D. erstattet.

Am 8. Januar 2004 erstattete der Beklagte einen entsprechenden Betrag auf das von der Beigeladenen eingerichtete Treuhandkonto. Den auf das Konto des Klägers bei der Sparkasse D. gezahlten Betrag forderte der Beklagte mit Bescheid vom gleichen Tage vom Kläger zurück. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 12. März 2004).

Zur Begründung der Klage weist der Kläger im Wesentlichen darauf hin, dass alle früheren Bescheide und Zahlungen an die Beigeladene gegangen seien.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Rückforderungsbescheid vom 8. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. März 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Rückforderung rechtmäßig sei. Die Steuererstattung sei ohne rechtlichen Grund an den Kläger erfolgt. Die Zahlungen hätten an die Beigeladene erbracht werden müssen, denn auch die Steuererstattungsansprüche seien gemäß § 287 InsO an die Beigeladene abgetreten worden.

Mit Beschluss vom 24. Juni 2004 (11 V 2995/04 AO) hat der Senat die Vollziehung des streitigen Rückforderungsbescheides wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit ausgesetzt.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Rückforderungsbescheid vom 8. Januar 2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er ist daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO).

Gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 AbgabenordnungAO – hat derjenige, auf dessen Rechnung eine Zahlung bewirkt ist, gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages, wenn die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Für die Finanzverwaltung ergibt sich aus dieser Vorschrift ein öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch, wenn der Rechtsgrund für eine Steuererstattung von Anfang an fehlt oder später weggefallen ist. Der Rückforderungsanspruch richtet sich gegen den Leistungsempfänger. Das ist in der Regel der tatsächliche Empfänger der Zahlung (BFH, Urteil vom 6. Dezember 1988 VII R 206/83, BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223). Ausnahmen bestehen nur dann, wenn der Empfänger erkennbar als Vertreter, Bote oder Zahlstelle des Empfangsberechtigten aufgetreten ist (BFH, Urteil vom 22. August 1980 VI R 102/77, BFHE 131, 372, BStBl II 1981, 44; Beschluss vom 8. April 1986 VII B 128/85, BFHE 146, 229, BStBl II 1986, 511). Maßgeblich hierfür ist, dass das Finanzamt zum Zwecke der Tilgung eines Erstattungsanspruchs innerh...

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