Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbefreiung von verkehrstherapeutischen Leistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es für eine Einordnung als Heilbehandlung entscheidend auf die Zielsetzung der Maßnahmen an. Leistungen sind Heilbehandlungen, wenn sie direkt an der Krankheit und deren Ursachen ansetzen und nicht nur darauf abzielen, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Lebensgestaltung aufzufangen, abzumildern oder das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Der erkennende Senat verkennt nicht, dass der Stpfl. bei der von ihm durchgeführten Verkehrstherapie auf der Grundlage eines psychotherapeutischen Konzepts arbeitet und vollwertige psychotherapeutische Arbeit leistet, ist aber der Auffassung, dass das Hauptziel dieser Therapie nicht die Behandlung von Krankheiten bzw. Gesundheitsstörungen ist.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.02.2018; Aktenzeichen XI B 97/17)

BFH (Beschluss vom 27.02.2018; Aktenzeichen XI B 97/17)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die vom Kläger erbrachten verkehrstherapeutischen Leistungen umsatzsteuerfrei sind.

Der Kläger war in den Jahren 2010 bis 2012 als Psychotherapeut tätig. Er führte im Rahmen seiner psychotherapeutischen Leistungen u.a. verkehrspsychologische Behandlungen durch. Der Kläger verfügt seit dem 00.00.1992 über eine Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Psychotherapie und ist seit dem 00.00.1999 als approbierter psychologischer Psychotherapeut anerkannt.

Beginnend im November 2013 führte der Beklagte eine Außenprüfung beim Kläger durch. Ausweislich des Berichts über die Außenprüfung vom 19.3.2014, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, traf der Prüfer im Wesentlichen die folgenden Feststellungen: Der Kläger habe in den Streitjahren in geringem Umfang verkehrspsychotherapeutische Leistungen erbracht. Dieses Leistungsangebot sei von Personen in Anspruch genommen worden, denen aufgrund von Verkehrsdelikten (z.B. Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, Tempo- und/oder Abstandsverstöße etc.) ihre Fahrerlaubnis entzogen worden sei, und die sich zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) im Sinne des § 2 Abs. 8 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) hätten unterziehen müssen. Nach eigener Aussage des Klägers behandele dieser sowohl Personen, die nach Verlust ihrer Fahrerlaubnis vor der erstmaligen MPU stehen würden, als auch Personen, denen im Rahmen der erstmaligen MPU die Befähigung zur erneuten Teilnahme am Straßenverkehr weiterhin abgesprochen würde. Die verkehrspsychotherapeutischen Leistungen seien keine Heilbehandlungen im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchst. a) des Umsatzsteuergesetzes (UStG), sondern eine Hilfe im Bereich der persönlichen Lebensführung. Unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung könne eine Tätigkeit, deren Hauptziel nicht der Schutz der Gesundheit sei, nicht gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. Buchst. a) UStG steuerfrei sein (Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 30.1.2008 Xl R 53/06, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFHE – 221, 399, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2008, 647). Was das Hauptziel einer bestimmten Leistung sei, sei im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu würdigen. Entscheidend sei nach finanzgerichtlicher Rechtsprechung hierbei, welches Leistungselement unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung ausmache (Finanzgericht – FG – Münster, Urteil vom 9.8.2011 15 K 812/10 U, Sammlung der Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2012, 466). Im vorliegenden Fall bestehe die primäre Motivation der Klienten des Klägers diesen aufzusuchen darin, ihre Fahrerlaubnis wiederzuerlangen. Nach dem Vortrag des Klägers trete diese Motivation bei seinen Klienten aber nach kurzer Zeit in den Hintergrund und werde durch die Motivation, einen Zustand der geistigen Gesundheit zurückzuerlangen ersetzt oder zumindest deutlich überlagert. Diese Ansicht werde nicht geteilt. Die ursprüngliche Motivation (Rückerlangung der Fahrerlaubnis) sei nicht nur eine oberflächliche Ausgangsmotivation, die nach kurzer Zeit in den Hintergrund rücke, sondern sei die bis zum Abschluss der Behandlung bestehende Primärmotivation (Hauptziel). Für die Steuerpflichtigkeit der verkehrstherapeutischen Leistungen spreche auch die Tatsache, dass die Kosten der Therapie weder von den gesetzlichen noch von den privaten Krankenkassen übernommen würden. Auch die Form der „Kundenakquise” spreche gegen eine Heilbehandlung. So würden, so die eigene Aussage des Klägers, die Klienten nicht durch Überweisung von anderen Psychotherapeuten oder Ärzten in seine Praxis gelangen, sondern durch Empfehlungen der Straßenverkehrsämter, durch Werbeflyer oder über seine, der Klägers, Internetseite „www.[…].de”. Insbesondere die Homepage verstärke durch Aussagen wie „[sinngemäß: der schnelle Weg zurück zum Führerschein]” und „[sinngemäß: unverbindliche Beratung bzgl. Erfolgsaussichten ...

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