Entscheidungsstichwort (Thema)

Alleinstehender Arbeitnehmer, eigener Hausstand

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein alleinstehender Arbeitnehmer, der am Heimatort über keine abgeschlossene Wohnung verfügt, kann gleichwohl im Elternhaus einen eigenen Hausstand unterhalten, wenn er Räumlichkeiten des Hauses eigenständig nutzt, sich an den Hauskosten beteiligt und Reparatur- und Gartenarbeiten übernimmt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung.

Der am 04.02.1982 geborene Kläger wird einzeln zur Einkommensteuer veranlagt.

Anfang 2009 beendete der Kläger sein Studium der Mathematik an der … B und nahm unmittelbar im Anschluss hieran, am 12.01.2009, eine nichtselbstständige Tätigkeit bei der Firma P in M auf. Ab Februar 2009 mietete er daher eine 45,53 m² große Zweizimmerwohnung in M an (Warmmiete 565,00 EUR). Insoweit wird auf den Grundriss der Wohnung sowie den Mietvertrag vom 19.01.2009 Bezug genommen. Bis Februar 2009 übernachtete der Kläger in M in einem Hotel, wobei die Hotelkosten von seinem Arbeitgeber übernommen wurden.

Bis zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit in M lebte der Kläger ausschließlich im Haus seiner Mutter in H. Das Haus seiner Mutter verfügt über eine Gesamtwohnfläche von ca. 120 m². Im Oktober 1990 war das Dachgeschoss des Hauses ausgebaut worden, so dass hierauf nunmehr eine Wohnfläche von 30 m² entfällt. Das Dachgeschoss wird seitdem vom Kläger bewohnt. Auch nach der Aufnahme seiner Tätigkeit in M hat der Kläger das Dachgeschoss im Hause seiner Mutter als seinen Wohnraum beibehalten.

Das nur vom Kläger und seiner Mutter bewohnte Haus verfügt über eine Küche im Erdgeschoss sowie eine weitere Küche im Kellergeschoss. Neben einem großen Badezimmer mit Dusche befindet sich im Erdgeschoss auch eine Gästetoilette mit Waschbecken. Im Dachgeschoss ist eine kleine Theke mit Kühlschrank eingebaut. Ferner stehen dem Kläger dort – ausweislich der vorgelegten Bilder – ein Wasserkocher, eine Mikrowelle sowie Geschirr zur Verfügung. Eine Spüle ist nicht vorhanden. Des Weiteren befinden sich im Dachgeschoss ein kleiner Arbeitsbereich mit zwei Computern, ein Schlafbereich mit Bett sowie ein Wohnbereich mit zwei Sesseln, einer Couch und einem Fernseher. Auf die eingereichten Fotos wird verwiesen.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2009 machte der Kläger Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 135,00 EUR (225 Tage × 2 km × 0,30 EUR), für Arbeitsmittel in Höhe von 126,00 EUR sowie für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung in Höhe von insgesamt 12.042,00 EUR geltend. Die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Mit Bescheid vom 02.08.2010 führte der Beklagte die Einkommensteuerveranlagung 2009 durch, wobei er die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung – unter Hinweis auf das Fehlen eines eigenen Hausstandes am Lebensmittelpunkt des Klägers – unberücksichtigt ließ und lediglich den Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 920,00 EUR anerkannte. Einwendungen gegen das Bestehen der Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie für die Arbeitsmittel erhob der Beklagte nicht.

Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 04.08.2011).

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, die ihm im Zusammenhang mit seiner Wohnung in M entstandenen Aufwendungen seien als Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzuerkennen.

Sein Lebensmittelpunkt befinde sich weiterhin in H. Dies zeige sich unter anderem daran, dass sich sein gesamtes soziales Umfeld – insbesondere Freunde und Verwandte – in H befinde, er ehrenamtlich für den Eissportverein H tätig und zudem aktives Mitglied der … partei H sei. Darüber hinaus lebe seine langjährige Lebenspartnerin ebenfalls in H.

Der Kläger trägt vor, er fahre freitags nach der Arbeit nach H und besuche freitags abends oft Eishockeyspiele. Erst am Sonntagabend fahre er nach M zurück. In der Woche verabrede er sich abends häufig mit Freunden aus H zu Online-Computerspielen. Dies praktiziere er bereits seit 20 Jahren so. Privaten Kontakt zu Arbeitskollegen oder in Vereinen habe er in M nicht. Auch seine Arztbesuche erledige er weiterhin in H.

Seine Wohnung in M sei nur geringfügig größer als der Raum im Dachgeschoss des Hauses seiner Mutter. Hinsichtlich der angegebenen Wohnungsgröße für die Wohnung in M sei zu berücksichtigen, dass darin 50 % der Balkonfläche sowie das Badezimmer eingerechnet seien. Als qualitativ hochwertiger könne die Wohnung in M nicht eingestuft werden. Aus der Wohnungsgröße lasse sich jedenfalls nicht ableiten, dass er seinen Lebensmittelpunkt nach M verlagert habe. Vielmehr sprächen die niedrigen Nebenkosten der Wohnung in M dafür, dass er diese Wohnung tatsächlich nur berufsbedingt und nicht für den dauerhaften Aufenthalt nutze. Während de...

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