Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltskosten, materielle Existenzgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Abzug von Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit der Beurkundung des Nachnamens eines minderjährigen Kindes sowie mit dem Umgangsrecht für dieses Kind entstehen, als außergewöhnliche Belastungen steht § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG entgegen.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2 S. 4

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigungsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin ist die Mutter des am xx.xx.2010 in den Niederlanden geborenen Kindes U.

Unter dem 11.02.2016 erließ der Beklagte für den Veranlagungszeitraum 2014 einen Schätzungsbescheid, indem er die Klägerin und ihren Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagte. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 19.02.2016 Einspruch ein und reichte zur Begründung ihre Steuererklärung ein. Mit ihrer Steuererklärung beantragte sie die Einzelveranlagung. Mit Schreiben vom 14.03.2016 übersandte die Klägerin einen geänderten Mantelbogen, in dem sie Anwaltskosten in Höhe von 3.799,00 € als außergewöhnliche Belastung geltend machte. Dem Schreiben waren fünf Rechnungen der niederländischen Kanzlei M in Höhe von insgesamt 2.296,04 € (1.281,96 €, 148,78 €, 570,12 €, 165,00 €, 130,18 €) sowie eine Rechnung der Kanzlei N (502,78 €) beigefügt. Zudem reichte die Klägerin die Kontoauszüge ein, aus denen die Bezahlung dieser Rechnungen hervorgeht. Darüber hinaus fügte die Klägerin ihrem Schreiben vom 14.03.2016 eine Bestätigung des Rechtsanwalts L bei, aus dem hervorgeht, dass dieser am 14.08.2014 von ihr einen Vorschusskostenbetrag in Höhe von 1.000,00 € erhalten habe. Die Klägerin erklärte, die Anwaltsrechnungen stünden im Zusammenhang mit ihrem Sohn.

Der Beklagte half dem Einspruch teilweise ab und erließ am 24.03.2016 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2014. Dieser Bescheid war hinsichtlich der Sonderausgaben, der außergewöhnlichen Belastungen sowie der Steuerermäßigung nach § 35a EStG aufgrund der Einzelveranlagung vorläufig. Die Anwaltskosten berücksichtigte er nicht, da das Schreiben vom 14.03.2016 bei Bearbeitung der eingereichten Steuererklärung am 09.03.2016 noch nicht vorlag.

Mit Änderungsbescheid vom 30.03.2016 erfasste der Beklagte die zwischenzeitlich eingegangenen Angaben des Ehegatten und hob die Vorläufigkeit hinsichtlich der Sonderausgaben, der außergewöhnlichen Belastungen sowie der Steuerermäßigung nach § 35a EStG auf.

Mit Schreiben vom 01.04.2016 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 24.03.2016 Einspruch ein und bat um Berücksichtigung der Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastung.

Mit Schreiben vom 10.04.2016 übersandte die Klägerin weitere Unterlagen. Ihrer Ansicht nach ergäbe sich aus diesen Dokumenten, dass die geleisteten Zahlungen an diverse Rechtsanwälte als außergewöhnliche Ausgaben anerkannt werden sollten. Seit 2011 sei der Einsatz von Rechtsanwälten unumgänglich gewesen. Ihr Sohn U, der fünf Jahre in Ihrem Haushalt in C gewohnt und die deutsche Sprache gut beherrscht habe, sei im Juni 2015 in die Niederlande verbracht worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm bearbeite dies.

Mit weiterem Schreiben vom 06.06.2016 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass diese im Zeitpunkt der Geburt ihres Sohnes ihren Hauptwohnsitz in Deutschland gehabt habe, der Kindesvater die niederländische Staatsangehörigkeit besessen habe und seinen Hauptwohnsitz in den Niederlanden gehabt habe. Die Klägerin sei mit dem Vater ihres Sohnes nie verheiratet gewesen. Ohne ihr Wissen habe der Kindesvater die Geburtsurkunde so ausstellen lassen, dass er als Vater vermerkt worden und sein Nachname als der Familienname von U eingetragen worden sei. Angeblich habe die Klägerin dies durch Ihre Unterschrift bestätigt. Ein Nachweis hierüber hätten die niederländischen Behörden aber nie erbringen können. In den Niederlanden sei etwas beurkundet worden, was nicht nur ohne die Zustimmung der Mutter geschehen sei, sondern auch nach deutschem Recht keine Wirkung hätte entfalten dürfen. Diese Rechtsfrage sei bis heute nicht entschieden und es seien bereits die nächsthöheren Gerichte angerufen worden. Die Klägerin habe sich gezwungen gesehen, einen Anwalt zu Ihrer und zu Us Unterstützung einzuschalten. Die Auseinandersetzung der Eltern habe anschließend eine noch weitaus schlimmere Ebene erreicht. Inzwischen stehe auch der Vorwurf des sexuellen Übergriffs des Kindesvaters gegenüber U im Raum. Die Klägerin sei zunächst allein sorgeberechtigt gewesen. Später sei es dann durch eine Gesetzesänderung zu einem geteilten Sorgerecht gekommen. Dem Kindesvater habe ein zeitlich begrenzter Umgang zugestanden, den die Klägerin diesem auch immer gewährt habe. Von einem dieser Besuche in den Niederlanden sei U sichtlich verstört zurückgekommen. Er habe gegenüber der Klägerin und anderen Personen Andeutungen gemacht, die auf einen Missbrauch schließen ließen. Das Jugendamt sei ei...

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