Entscheidungsstichwort (Thema)

Zivilprozesskosten, Scheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zivilprozesskosten, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit dem geschiedenen Ehepartner entstehen, können als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn die zugrundeliegenden Rechtsfragen erhebliche finanzielle Bedeutung haben, existenzielle Fragen betreffen und die Prozessführung nicht mutwillig oder leichtfertig war.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist der Abzug von Aufwendungen für einen Zivilprozess als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Kläger wurde im Streitjahr 2010 mit seiner neuen Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.

Die Ehe des Klägers mit Frau C. (C.) wurde durch das Urteil des Amtsgerichts I vom ….11.2000 rechtskräftig geschieden. Der Kläger und C. waren gemeinsame Eigentümer eines Zweifamilienhauses.

Das Amtsgericht I verurteilte C., an den Kläger bestimmte Kosten der Immobilie, die nach Auszug der gemeinsamen Kinder entstanden sind, zu zahlen. Gegen dieses Urteil legte C. Berufung vor dem Oberlandesgericht J ein (Az. … UF …/09). In der mündlichen Verhandlung vom 02.09.2010 schlossen der Kläger und C. einen Vergleich insbesondere hinsichtlich der Nutzungsentschädigung, der Übernahme des Miteigentumsanteils des Klägers durch C. und hinsichtlich der Darlehensverbindlichkeiten. Es wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht J Bezug genommen (ESt-Akte Bl. 62).

Dem Kläger wurden mit Rechnung vom 27.9.2010 Anwaltsgebühren für das o.g. Verfahren i. H. v. 6.251,56 Euro berechnet, die er im Streitjahr bezahlt hat.

Mit seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr machte er die Anwaltsgebühren zunächst nicht geltend. Gegen den ESt-Bescheid vom 25.11.2011 legte er fristgemäß Einspruch ein, mit dem der u. a. die Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastung geltend machte. Der Beklagte änderte die ESt-Festsetzung für 2010 mit Bescheid vom 12.12.2011, indem er antragsgemäß Unterhaltsleistungen des Klägers an C., nicht jedoch die geltend gemachten Anwaltskosten berücksichtigte. In diesem Bescheid sind der Gesamtbetrag der Einkünfte des Klägers und seiner mit ihm zusammen zur ESt veranlagten neuen Ehefrau i. H. v. … Euro und ein Kinderfreibetrag i. H. v. 3.504 Euro berücksichtigt worden.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16.3.2012 als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Klage.

Der Kläger beruft sich auf die BFH-Rechtsprechung vom 12.5.2011 VI R 42/10. Da der Prozess zwischen ihm und C. vor dem Oberlandesgericht durch einen Vergleich beendet worden sei, habe die beabsichtigte Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt und sei nicht mutwillig gewesen.

Der Kläger stimmt einem Ruhen des Verfahrens nicht zu und sieht für eine Aussetzung keinen Grund.

Er beantragt sinngemäß,

den ESt-Bescheid 2010 vom 12.12.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.3.2012 dahingehend zu ändern, dass Zivilprozesskosten in Höhe von 6.252 EUR als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Er beantragt das Ruhen des Verfahrens, um klarstellende Entscheidungen des BFH zu der streitigen Rechtsfrage in den dort anhängigen Verfahren IX R 5/12 und X R 34/12 abzuwarten, insbesondere auch im Hinblick auf die Vielzahl der bei den Finanzgerichten zur Frage der Abziehbarkeit von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung anhängigen Klageverfahren.

Zur Begründung in der Sache führt der Bekl. aus, dass die vorliegend streitigen Aufwendungen auch im Hinblick auf die Entscheidung des BFH vom 12.05.2011 VI R 42/10 nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien. Denn diese Entscheidung habe nicht zur Folge, dass sämtliche Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien. Die hier streitigen Aufwendungen würden vielleicht aus rechtlichen Gründen zwangsläufig sein, sie seien jedoch nicht außergewöhnlich im Sinne des § 33 EStG. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach Scheidung einer Ehe oder Beendigung des Zusammenlebens von Menschen, wozu auch die Auseinandersetzung über die weitere Nutzung einer beiden Partnern gehörenden Wohnung und/oder die Veräußerung und der Erwerb von Grundvermögen gehöre, sei grundsätzlich nicht außergewöhnlich im Sinne des § 33 EStG. Nach den heutigen Lebensumständen sei nicht nur eine Minderheit der Bevölkerung betroffen. Für die Frage der Zwangsläufigkeit komme es zwar nicht auf die Unausweichlichkeit des dem strittigen Zahlungsanspruch zu Grunde liegenden Ereignisses an, weil Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig seien. Hieraus könne aber nicht abgeleitet werden, dass es auch für die Frage der Außergewöhnlichkeit von Aufwendungen nicht auf das kostenverursachende Ereignis ankomme. Aufwendungen seien nur dann außergewöhnlich,...

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