Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung eines Anordnungsgrundes bei einstweiligem Rechtsschutz bezüglich der Vollstreckung in das Konto eines Architekten, auf das die sog. Corona-Soforthilfe eingezahlt wurde

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO ist auch in den Fällen notwendig, bei denen es um die Abwendung einer Vollstreckung in ein Konto geht – hier eines Architekten -, auf das die sog. Corona-Soforthilfe eingezahlt wurde.

 

Normenkette

FGO § 114

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller begehrt im Rahmen einer einstweiligen Anordnung die Beschränkung der von dem Antragsgegner ausgebrachten Pfändungen.

Der Antragsteller ist mit einem Einzelunternehmen als freiberuflicher Architekt tätig. Er unterhält ein Konto bei der Sparkasse X (im Folgenden: Sparkasse) mit der IBAN xxx. Das Konto wird als sog. P-Konto (Pfändungsschutzkonto nach § 850k der Zivilprozessordnung –ZPO–) geführt. Der monatliche Pfändungsfreibetrag des Antragstellers beträgt 1.178,59 EUR. Bezüglich des Kontos erließ der Antragsgegner folgende vier Pfändungs- und Einziehungsverfügungen:

Datum

Höhe der Forderung

Steuer/Nebenleistung

18.01.2017, mit Einschränkung vom 07.04.2017

Ursprüngliche Höhe unbekannt, eingeschränkt auf 37,61 EUR

Unbekannt

22.08.2017

1.137,61 EUR

Insb. Umsatzsteuer 2015

19.01.2018, mit Einschränkung vom 09.01.2019

1.048,50 EUR, eingeschränkt auf 48,50 EUR

Insb. Zwangsgeld, Säumniszuschlag und Kosten

28.08.2018

3.665,63 EUR

Insb. Umsatzsteuer 2016

Zudem liegt eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Stadt N-Stadt in unbekannter Höhe vor. Welche Forderung zugrunde liegt, ist ebenfalls nicht bekannt.

Am 30.03.2020 beantragte der Antragsteller bei der Bezirksregierung N-Stadt Soforthilfe für von der Corona-Krise 03/2020 besonders geschädigte Unternehmen und Angehörige Freier Berufe einschließlich Soloselbständiger aus dem Sofortprogramm des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sowie des Bundesprogramms „Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Soloselbständige” „NRW-Soforthilfe 2020”). In dem Antrag, auf welchen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, versicherte der Antragsteller unter anderem, dass seine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt sei und dass ein Liquiditätsengpass nicht bereits vor dem 01.03.2020 bestanden habe.

Mit Bescheid (Billigkeitszuschuss) der Bezirksregierung N-Stadt vom 30.03.2020 wurde dem Antragsteller gemäß § 53 Landeshaushaltsordnung (LHO) i.V.m. dem Bundesprogramm „Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Soloselbständige” eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,– EUR als einmalige Pauschale bewilligt. Auf den Bewilligungsbescheid wird – insbesondere im Hinblick auf die Zweckbindung der Corona-Soforthilfe sowie die zum Bescheid erlassenden Nebenbestimmungen – wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Der Betrag in Höhe von 9.000,– EUR wurde mit Wertstellung am 02.04.2020 auf dem Konto des Antragstellers bei der Sparkasse mit der IBAN xxx gutgeschrieben.

Ab Anfang April 2020 entwickelte sich ein Schriftverkehr zwischen dem Antragsteller und der Sparkasse über die Pfändung und die mögliche Freigabe der Corona-Soforthilfe. Hierin teilte die Sparkasse dem Antragsteller mit, dass der monatliche Pfändungsfreibetrag des Antragstellers 1.178,59 EUR betrage und dass eine weitergehende Auszahlung der Corona-Soforthilfe nur mit einem gesonderten Freigabebeschluss des zuständigen Vollstreckungsgerichts möglich sei.

Mit Schreiben vom 03.06.2020 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Vollstreckungsschutz für die Corona-Soforthilfe. Zur Begründung verwies er auf einen Beschluss des Landgerichts (LG) Köln vom 23.04.2020 (39 T 57/20) und einen Beschluss des Finanzgerichts (FG) Münster vom 13.05.20020 (1 V 1286/20 AO).

Der Antragsgegner lehnte den Antrag auf vollständige Freigabe des sich auf dem Konto derzeit und zukünftig befindlichen Guthabens mit Verfügung vom 04.06.2020 ab. Es bleibe dem Antragsteller unbenommen, unter Erbringung der erforderlichen Nachweise (Kontoauszüge, Kostenaufstellungen, etc.) einen Antrag auf Pfändungsschutz nach § 319 AO i.V.m. §§ 850 ff. ZPO für bestimmte Beträge zu stellen.

Der Antragsteller hat am 25.06.2020 (per unmittelbar in den Hausbriefkasten des Finanzgerichts eingeworfenen Brief) den vorliegenden Antrag gestellt. Zur Begründung trägt er vor: Ausweislich des im Bescheid vom 30.03.2020 mitgeteilten Leistungszwecks sei die Corona-Soforthilfe zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz gewährt worden. Die Einbehaltung von Mitteln zur Befriedigung von Forderungen aus der Zeit vor der Corona Pandemie sei vom Gesetzgeber nicht gestattet, was sich auch aus der aktuellen Rechtsprechung des LG Köln (Beschluss vom 23.04.2020, 39 T 57/20) und des FG Münster (Beschluss vom 13.05.2020, 1 V 1286/20 AO) ergebe.

In seiner Tätigkeit als freiberuflicher Architekt und Einzelunternehmer kooperiere er mit regionalen ...

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