Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge

 

Leitsatz (redaktionell)

1) § 240 AO ist verfassungsgemäß.

2) Die Höhe der Säumniszuschläge von 1% ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Säumniszuschläge einen Zinsanteil enthalten und gegen die Höhe der gesetzlichen Zinsen schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

 

Normenkette

AO § 240

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.05.2021; Aktenzeichen VII B 13/21 (AdV))

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides, insbesondere um die Höhe der vom Antragsgegner in Ansatz gebrachten Säumniszuschläge.

Der Antragsgegner erließ am 10.03.2020 einen (geänderten) Abrechnungsbescheid, in dem er entstandene Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer August 2018 in Höhe von insgesamt X € auswies (angefallene Säumniszuschläge vom 11.10.2018 bis zum 10.11.2018 auf Umsatzsteuer betreffend August 2018). Die im Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Forderungen sind durch Aufrechnung vollständig erloschen.

Der Antragsteller wandte sich am 17.03.2020 mittels Einspruch gegen den geänderten Abrechnungsbescheid und begehrt die Aufhebung der Vollziehung des Abrechnungsbescheides, soweit darin Säumniszuschläge höher als X € ausgewiesen sind. Zur Begründung führt er aus, dass die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Rückschlüsse darauf zuließe, dass die Erhebung von Säumniszuschlägen in Höhe von 1% auf der Grundlage von § 240 der Abgabenordnung (AO) verfassungswidrig hoch sei. Die Säumniszuschläge wiesen einen Druck- und einen Zinscharakter auf. Der Druckcharakter gehe in verschiedenen Fällen ins Leere, was zur sachlichen Unbilligkeit führe und sodann zum Erlass der Säumniszuschläge führen könne, jedoch im Hinblick auf den bestehenden Zinscharakter, der dem Säumniszuschlag ebenfalls innewohne, nur zur Hälfte. Um den Druckcharakter gehe es ihm, dem Antragsteller, insoweit nicht. Vielmehr gehe es ihm darum, dass sich aus der Rechtsprechung des BFH zur Erlasshöhe bei wegfallendem Druckcharakter Rückschlüsse auf die im Säumniszuschlag enthaltenen Zinsanteile ermitteln ließen. Der Zinsanteil werde in Höhe der Hälfte, d.h. 0,5% pro Monat, als dem Säumniszuschlag innewohnend angesehen. Diesen Umstand begründe der BFH in seiner ständigen Rechtsprechung im Wesentlichen damit, dass ein 0,5% Zinsanteil auch bei späterer Festsetzung der Steuern erhoben werde, wobei Zinsen lediglich für vollendete Monate und Säumniszuschläge für angebrochene Monate entstünden, was jedoch vom BFH nicht weiter thematisiert worden sei. Die Zinshöhe von 0,5% werde jedoch seitens des BFH als verfassungsrechtlich bedenklich hoch eingestuft und insoweit sei Aufhebung der Vollziehung seitens des BFH gewährt worden. Dies betreffe ausdrücklich auch den Zeitraum von Oktober bis November 2018. Wenn jedoch die Zinsen für 6% für herausgeschobene Steuerzahlungen verfassungswidrig hoch seien, könne für die Zinsen im Rahmen von Säumniszuschlägen grundsätzlich nichts anderes gelten. Da dieses eine generelle Frage und keine Frage der persönlichen oder sachlichen Billigkeit sei, sei ihm insoweit Aufhebung der Vollziehung zu gewähren.

Der Antragsgegner lehnte den Antrag des Antragstellers im Schreiben 24.03.2020 mit der Begründung ab, dass – entgegen der Ansicht des Antragstellers – die Rechtsprechung bestätigt habe, dass der Säumniszuschlag in Höhe von 1% je angefangenem Monat der Säumnis dem Grunde nach verfassungsgemäß sei und insbesondere keinen Zinsanteil enthalte. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe festgestellt, dass Säumniszuschläge eine Art Zwangsgeld darstellten, um die Zahlung der festgesetzten Steuerschuld zu erreichen. Sie seien weder Nebenleistungen noch verdeckte Zinszahlungen für die Steuerschuld. Aufgrund dieser Annahme der Rechtsprechung könnten auch die Grundsätze der Rechtsprechung zum hälftigen Erlass von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung auch nicht auf die allgemeine Anwendung des § 240 AO übertragen werden. Es handele sich insoweit um eng begrenzte Einzelfälle, die einer Übertragung auf die allgemeine Anwendung entgegenstünden. In Bezug auf den Primärzweck des § 240 AO als Druckmittel zur Zahlung der Steuerschuld, den der Säumniszuschlag im Falle des Antragstellers zu erfüllen habe, sei die Höhe des Säumniszuschlages sachgerecht und begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf dieses Schreiben verwiesen.

Über den Einspruch des Antragstellers hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.

Mit seinem gerichtlichen Antrag vom 24.03.2020 verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er ergänzt, dass es nicht überzeuge, dass Säumniszuschläge nur dann auch als Entgelt für hinausgeschobene Zahlungen anzusehen seien, wenn Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung vorliege. Es sei nicht zu erkennen, warum bei einem strukturell niedrigen Zinsniveau der Druckcharakter der Säumniszuschläge steigen solle. Die vom Antragsgegner angesprochenen Entscheidungen des BVerfG aus dem Jah...

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