Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Beschränkung des Ausschlusses der Strafbefreiung gemäß § 7 S. 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG auf die strafrechtlich noch nicht verjährten Veranlagungszeiträume

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat vor Abgabe einer strafbefreienden Erklärung die Steuerfahndung gegen den Steuerpflichtigen ein Straf- und Ermittlungsverfahren eröffnet, so ist der Ausschluss der Straf- oder Bußgeldbefreiung nach § 7 S. 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG aus Gründen der Rechtssicherheit sachlich zu begrenzen und richtet sich der Umfang der Begrenzung nach dem ermittlungsauslösenden Verdachtsmoment bzw. dem zugehörigen Sachverhalt.

2. Soweit für den Steuerpflichtigen keine anderen Anhaltspunkte ersichtlich sind, ergibt sich der maßgebende Sachverhalt in der Regel aus den im strafrechtlichen Durchsuchungsbeschluss genannten und für den Steuerpflichtigen daraus erkennbaren Gründen.

3. In zeitlicher Hinsicht beschränkt sich die Sperrwirkung nach § 7 S. 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG nicht nur auf die im strafrechtlichen Durchsuchungsbeschluss genannten, innerhalb der strafrechtlichen Verjährungsfrist von fünf Jahren liegenden Veranlagungszeiträume, sondern sie umfasst auch die früheren Steuerjahre, die innnerhalb der bei Steuerhinterziehung geltenden steuerlichen Festsetzungsfrist von zehn Jahren (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO) liegen.

 

Normenkette

StraBEG § 7 S. 1 Nr. 1 Buchst. a, b, §§ 1, 3; AO § 169 Abs. 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen X R 31/06)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die mit der Abgabe einer Erklärung nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) bewirkte Steuerfestsetzung zu Recht aufgehoben wurde.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war bis 22. August 1999 alleiniger Inhaber des … Restaurants „…” in … (Landkreis …). Zu diesem Zeitpunkt veräußerte er das Restaurant an Herrn … (ehemaliger Angestellter des Klägers). In der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2002 führten Herr … und der Kläger das Restaurant in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemeinsam, im Anschluss daran der Kläger wiederum alleine. Vom 22. August 1999 bis Anfang 2002 hielt sich der Kläger in Italien auf.

Die Veranlagungen für die Jahre 1993 bis 1997 erfolgten erklärungsgemäß. Die entsprechenden, endgültig veranlagten Einkommensteuerbescheide wurden bestandkräftig.

Im November 2003 erhielt die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts … Informationen über einen italienischen Lebensmittelgroßhändler (Fa. …) in … (Landkreis …) und die Abwicklung der Geschäftsbeziehungen zu dessen Kunden (ca. …), zu denen auch der Kläger gehörte. Danach soll die Fa. … über Jahre hinweg ihren Kunden gegenüber lediglich jeweils die Hälfte der gelieferten Waren (… Lebensmittel) in Rechnung gestellt haben. Hieraus ergab sich der Verdacht des Vorliegens unversteuerter Betriebeinnahmen auf Seiten des Klägers in den Jahren ab 1999. Außerdem lagen der Steuerfahndungsstelle Unterlagen (Debitorenkonten) vor, aus denen sich ergab, dass der Kläger seit 1997 zu zwei Tochterunternehmen der … GmbH, der Fa. … und der Fa. …, Geschäftsbeziehungen unterhielt. Daraufhin begann die Steuerfahndungsstelle mit der Durchführung einer Steuerfahndungsprüfung gegenüber dem Kläger.

Mit Verfügung vom 6. Mai 2004 (sog. Einleitungsvermerk, FG-Akte Bl 61-64) leitete die Steuerfahndungsstelle gegen den Kläger ein Steuerstrafverfahren wegen Verdachts der Hinterziehung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuern für die Jahre 1998, 1999 und 2002 sowie Umsatz- und Lohnsteuern 1/1998 bis 8/1999 und 7/2002 bis 12/2003 zum eigenen Vorteil sowie von Gewerbe- und Umsatzsteuern 2002 und Umsatz- und Lohnsteuern 1 bis 6/2002 zugunsten der … GbR ein (siehe auch Schreiben der Bußgeld- und Strafsachenstelle vom 8. Juni 2004, Rechtsbehelfsakte Bl 1, und den Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle vom 5. Mai 2004, FG-Akte Bl 49).

Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts … vom 10. Mai 2004 (FG-Akte Bl 51 ff), auf den gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) Bezug genommen wird, durchsuchte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts … die Wohn- und Geschäftsräume des Klägers am 13. Mai 2004 und beschlagnahmte Unterlagen (vgl. die Niederschrift über die Durchsuchung vom 13. Mai 2004, FG-Akte Bl 57 ff). Außerdem wurde dem Kläger bei dieser Gelegenheit gem. § 397 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) die Einleitung eines Strafverfahrens bekannt gegeben (vgl. die schriftliche Bestätigung des Klägers vom 13. Mai 2004, FG-Akte Bl 56). Angesprochen vom Fahndungsleiter (Herr …), dass die Steuerfahndungsstelle über den Einkauf nicht verbuchter Ware informiert sei, sagte der Kläger: „Alles nur wegen dem (…) …”. Es habe sich inzwischen bis … herumgesprochen, dass die Steuerfahndung bei der Fa. … gewesen sei. Er selbst kaufe deshalb seit Beginn des Jahres 2004 nur noch per Banküberweisung bei ihm ein. … sei irgendwann auf ihn zugekomme...

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