Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Künstlerabzugssteuer auf Vergütungen für technische Produktionsleistungen durch Dritte

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zurverfügungstellung der bei Konzerten einer ausländischen Musikgruppe erforderlichen technischen Hilfsmittel (insbesondere Licht und Ton) sowie die Tätigkeiten ausländischer Bühnentechniker stellen keine mit der künstlerischen Leistung der Musiker „zusammenhängenden Leistungen” i. S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG dar, so dass die dafür gezahlten Vergütungen nicht dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG unterliegen, wenn diese Nebenleistungen zu den Konzerten nicht auf der Grundlage von Verträgen zwischen dem inländischen Veranstalter und den Musikern bzw. der Musikgruppe erbracht werden, sondern wenn der inländische Veranstalter dazu eigens Verträge mit Dritten geschlossen hat (im Streitfall: mit einer GmbH über die Zurverfügungstellung sämtlicher Musikanlagen und Transportfahrzeuge; mit den einzelnen Bühnentechnikern über deren jeweilige Aufgabe).

 

Normenkette

EStG 1997 § 50a Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Abs. 5 Sätze 2-3, 5, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.07.2010; Aktenzeichen I R 93/09)

BFH (Urteil vom 28.07.2010; Aktenzeichen I R 93/09)

 

Tenor

1. Der Haftungsbescheid über im Steuerabzug zu erhebende Einkommensteuer gemäß § 50a Abs. 4 EStG für 1997 bis 2001 vom 5. März 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2005 wird dahin geändert, dass die Haftungsbeträge für Steuer um 80.780,03 EUR in 1997, 84.299,25 EUR in 1998, 75.611,89 EUR in 1999, 76.181,47 EUR in 2000 und 23.466,25 EUR in 2001 und für Solidaritätszuschlag um 6.058,50 EUR in 1997, 4.636,46 EUR in 1998, 4.158,65 EUR in 1999, 4.189,98 EUR in 2000 und 1.290,64 EUR in 2001 herabgesetzt werden.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der M GmbH (M-GMBH). Streitig ist, ob die M-GMBH zutreffend für Steuerabzugsbeträge gemäß § 50a Abs. 4 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Haftung genommen wurde.

Die M-GMBH wurde am 24. Februar 1997 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Vermarktung, Vermittlung und Förderung von Musik- und Unterhaltungsgruppen, insbesondere der Gruppe „G”, der Erwerb und die Vermietung von Musikanlagen aller Art, der Verkauf von Tonträgern, Fanartikeln und Fanzeitungen im In- und Ausland, die Produktion von Ton und Bild und die Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen aller Art. Das Stammkapital betrug 50.000 DM und wurde zu jeweils 50% von den Musikern X und Y gehalten. X und Y wurden zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der M-GMBH bestellt. Beide sind weiterhin Mitglieder der Volksmusikgruppe „G”, die in den Streitjahren aus … in Österreich ansässigen Musikern bestand. Die Gruppe bestreitet circa 80 bis 85% ihrer Auftritte in Deutschland.

Bis einschließlich 1996 wurden die Verträge für die inländischen Konzerte der Gruppe „G” unmittelbar zwischen den Mitgliedern der Gruppe und den jeweiligen örtlichen Veranstaltern der Konzerte abgeschlossen. Die Honorare für die inländischen Konzerte wurden dabei von den inländischen Veranstaltern dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG unterworfen.

Nach Gründung der M-GMBH wurden die Verträge mit den inländischen Veranstaltern der Konzerte der Gruppe „G” von der M-GMBH, vertreten durch die T-GmbH geschlossen. Die T-GMBH fungierte dabei als Musikagentin im Namen und für Rechnung der M-GMBH und erhielt für ihre Leistungen von der M-GMBH Provisionen. Den Vertragsabschlüssen lagen gleich lautende standardisierte Vertragstexte zu Grunde (sog. Künstler-Engagement-Vertrag). Hinsichtlich des Inhalts der Verträge wird beispielhaft auf den dem beklagten Finanzamt (dem Finanzamt) vorgelegten Vertrag zwischen der M-GMBH und dem … vom … Bezug genommen. Die Verträge verweisen jeweils auf die Bühnenanweisung als wesentlichen Bestandteil der Vereinbarung. Auf den Inhalt der Bühnenanweisung 2001 wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen. Die für die Live-Auftritte der Gruppe „G” vereinbarten Honorare wurden nach Rechnungsstellung durch die T-GMBH von den inländischen Veranstaltern an die M-GMBH ohne Steuerabzug nach § 50a EStG gezahlt.

Die M-GMBH schloss zur Durchführung der inländischen Konzerte folgende Verträge ab:

  • Mit den Mitgliedern der Gruppe „G” wurden – für jeden Musiker einzeln – sog. Werkverträge abgeschlossen. Darin erklärten sich die jeweiligen Musiker bereit, der M-GMBH für Musikdarbietungen und sonstige, den Geschäftszweig des Unternehmens umfassenden Tätigkeiten, im Einzelfall zur Verfügung zu stehen. Des weiteren verpflichteten sie sich, für die Dauer des Vertrags alle Tourneen, Einzelauftritte, Promotionen und Werbetermine im Bereich des Untern...

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