Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung der Verjährung gegenüber Gesellschaftern bei der Grunderwerbsteuer; Verwirkung eines Haftungsanpruchs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird der gegenüber einer sich in Liquidation befindlichen GbR ergangene Grunderwerbsteuerbescheid von der Vollziehung ausgesetzt, wirkt die nach § 231 AO 1977 eintretende Unterbrechung der Zahlungsverjährung des Grunderwerbsteueranspruchs nach § 159 Abs. 4 HGB i.d.F. v. 25.3.1994 (§ 160 HGB a.F.) auch gegenüber den nach § 191 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. §§ 421, 427 BGB haftenden GbR-Gesellschaftern.

2. Zur Verwirkung eines Haftungsanspruchs.

 

Normenkette

HGB § 159 Abs. 4; AO 1977 § 231; HGB § 160; AO 1977 § 191 Abs. 1, 4; BGB §§ 421, 427, 242

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt -FA-) zu Recht die Klägerin als nach zivilrechtlichen Grundsätzen für die Grunderwerbsteuer einer GbR Haftende in Anspruch genommen hat. Streitig ist insbesondere, ob der Haftungsanspruch verjährt war. Im Jahr 1981 erwarben die Klägerin und ihr am 18.12.1982 verstorbener Ehemann sämtliche Anteile einer nur grundstücksbesitzenden GbR. Das FA erfuhr von diesem Vorgang durch einen Betriebsprüfungsbericht vom 28.10.1986 (Bl. 14 FA-Akte), den es im Jahr 1988 erhalten hat. Gleichfalls im Jahr 1988 erhielt das FA Kenntnis von einem an die Bewertungsstelle gerichteten Schreiben des Klägervertreters vom 19.12.1983 (Bl. 39 FA-Akte), wonach der Grundstücksanteil des Ehemanns an der GbR auf seine drei Töchter übergegangen sei. Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 21.06.1989 (Bl. 1 FA-Akte) setzt das FA gegen die „Gesellschaft bürgerlichen Rechts x, y … als Gesamtrechtsnachfolger des A. nach § 1 Abs. 1 Nr. GrEStG i.V.m. § 42 AO GrESt fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg Auf das Senatsurteil vom 15.03.1995 4 K 3856/91 (Bl. 250 FA-Akte) wird ebenso wie auf die Einspruchsentscheidung vom 15.10.1991 (Bl. 104 FA-Akte) Bezug genommen. Die von der Klägerin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH mit Beschluss vom 14.12.1995 als unbegründet zurückgewiesen. Die Vollziehung der gegen GbR festgesetzten Grunderwerbsteuer war am 19.12.1989, 09.12.1991 und 25.09.1992 bis 12.07.1995 ausgesetzt worden.

Nach dem die GbR am 29.01.1996 mitgeteilt hatte, dass sie vermögenslos sei, erließ das FA gegen die Klägerin am 27.06.1996 einen Haftungsbescheid (Bl. 365 FA-Akte) über 380.100 DM GrESt sowie 147.000 DM Aussetzungszinsen. Die Haftung wurde auf § 191 AO i.V.m. §§ 421, 427 BGB gestützt, wonach ein BGB-Gesellschafter zivilrechtlich auch für Steuerschulden der GbR hafte. Zugleich erging am gleichen Tag ein Haftungsbescheid gegen Herrn B. A., der vor dem Anteilserwerb durch die Klägerin und ihren Ehemann an der GbR beteiligt war und der sich privatschriftlich verpflichtet hatte, 2/3 der GrESt zu tragen.

Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, der Haftungsanspruch sei bei Erlass des Haftungsbescheids in entsprechender Anwendung von §§ 159, 160 HGB verjährt. Durch den Tod des Ehemanns der Klägerin sei die Gesellschaft aufgelöst gewesen. Hiervon habe das FA am 28.10.1986 (Datum des Betriebsprüfungsberichts), spätestens aber am 21.06.1989 (Datum des GrESt-Bescheids) Kenntnis erhalten, so dass die 5-jährige Verjährungsfrist bei Erlass des Haftungsbescheids schon abgelaufen sei. Zudem sei die volle Inanspruchnahme der Klägerin ermessensfehlerhaft, wie sich Herr B. zur Tragung von 2/3 und ihr verstorbener Ehemann zu 1/3 der GrESt verpflichtet habe. Hieran ändere nichts, dass inzwischen der Schlusstermin im Konkursverfahren des Herrn B. verstrichen sei.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Auf die Einspruchsentscheidung vom 16.06.1997 (Bl. 425 FA-Akte) wird vorab Bezug genommen. Das FA vertrat die Auffassung, dass die Verjährungsfrist nach dem Urteil des FG Münster vom 28.06.1990 XIII 1363/89 U, EFG 1991, S. 1790 30 Jahre betrage. Aber auch wenn man § 159 HGB entsprechend anwende, sei keine Verjährung eingetreten. Die Gesellschaft sei zwar mit dem Tod des Ehemanns der Klägerin nach § 727 Abs. 1 BGB aufgelöst, jedoch habe sie während der Liquidation weiter bestanden. Die Verjährung beginne erst mit der Voltbeendigung der Gesellschaft. Diese sei erst mit der Zustellung des BFH-Beschlusses über die Nichtzulassungsbeschwerde eingetreten. Zudem sei die Verjährung nach §§ 159 Abs. 3 und 160 HGB, § 15 GrESt und § 231 AO unterbrochen worden. Die streitbefangene GrESt-Forderung sei erst einen Monat nach Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 21.06.1989 fällig geworden. In entsprechender Anwendung von § 160 HGB gelte die gemäß § 231 AO gegenüber der GbR durch Aussetzung der Vollziehung eingetretene Unterbrechung der Verjährung auch für den Gesellschafter.

Die Inanspruchnahme sei auch ermessensgerecht. Der privatschriftlichen Vereinbarung über die Tagung der GrESt komme nur im Innenverhältnis Bedeutung zu. Eine frühere Inanspruchnahme der Klägerin oder des Herrn B. sei nicht angezeigt gewesen, zumal im 1985 gegen Herrn B. eröffneten Konk...

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