rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchbrechung der Bestandskraft

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine sinngemäße Anwendung von § 175a AO auf Bescheide, die nicht Gegenstand des Verständigungsverfahrens waren, ist nicht möglich.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 175a

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft deren Gegenstand der Erwerb, das Halten und Verwalten sowie die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen sowie der Erwerb, die Veräußerung, die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und sonstigen Gegenständen aller Art ist.

In den Jahren 1993 bis 1996 bestand zwischen der NN GmbH (GmbH) und der Klägerin ein Organschaftsverhältnis.

Bei einer für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1996 bei der GmbH durchgeführten Außenprüfung wurden verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an ausländische Schwestergesellschaften der GmbH (Schweiz und Österreich) festgestellt. Hierbei handelte es sich um die unterlassene Verzinsung von nachträglich gegenüber den Schwestergesellschaften aktivierten Forderungen. Diese vGA führten zu einer Doppelbesteuerung.

Diese vGA wurden auch bei der Muttergesellschaft, der Klägerin, und dem Gesellschafter der Klägerin bei parallelen Außenprüfungen berücksichtigt. Die Schlussbesprechung bezüglich der Klägerin hat am 16. Dezember 1998 stattgefunden (vgl. geänderten Außenprüfungsbericht vom 19. November 1999). Die entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheide für die Klägerin vom 11. Januar 2000, nochmals geändert mit Bescheiden vom 21. November 2002 (für 1993), vom 12. Dezember 2002 (für 1994) und vom 17. Dezember 2002 (für 1995 und 1996), sind bestandskräftig.

Bezüglich der vGA bei der GmbH wurde Einspruch eingelegt und mit Schreiben vom 22. April 2002 der Antrag auf die Einleitung jeweils eines Verständigungsverfahrens mit der Schweiz bzw. mit Österreich beantragt. Vor Durchführung dieser Verständigungsverfahren änderte die Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung und verzichtete auf den Ansatz einer vGA. Daraufhin nahm die GmbH der Antrag auf Einleitung jeweils eines Verständigungsverfahrens zurück.

Ein Antrag der Klägerin auf Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1993, 1994, 1995 und 1996 sowie auf Erstellung von berichtigten Mitteilungen für den Anteilseigner wurde mit Bescheid des Beklagten (dem Finanzamt – FA –) vom 20. März 2006 abgelehnt.

Der Einspruch vom 5. April 2006 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2007 als unbegründet zurückgewiesen:

  • ○ Eine Änderung nach § 175a der Abgabenordnung (AO) sei nicht möglich, da der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens zurückgenommen wurde.
  • ○Die Festsetzungsfrist für die betroffenen Körperschaftsteuerbescheide sei zum 31. Dezember 2002 abgelaufen.
  • ○Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO komme nicht in Betracht.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 7. August 2007:

  • ○ In Kenntnis der Korrekturvorschrift des § 175a AO seien gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1993 bis 1996 der Klägerin und die Einkommensteuerbescheide des Gesellschafters der Klägerin keine Einsprüche eingelegt worden.
  • ○ Wäre es im Rahmen der Verständigungsverfahren zu einer Einigung gekommen, wäre das FA nach § 175a AO verpflichtet gewesen, die Verständigungsvereinbarung umzusetzen, in dem sie die festgesetzten Steuerbescheide ändert.
  • ○ Das FA hätte überraschend vor Durchführung des Verständigungsverfahrens seine Rechtsauffassung geändert und auf den Ansatz einer vGA verzichtet. Daraufhin hätte der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens zurückgenommen werden müssen.
  • ○ Diese Entwicklung sei für die Klägerin und ihren Anteilseigner nicht vorhersehbar gewesen und dürfe nicht zu deren Lasten gehen. Es mache vom Ergebnis keinen Unterschied, ob die Finanzverwaltung den Verzicht auf den Ansatz der vGA vor oder im Rahmen der Durchführung des Verständigungsverfahrens erkläre.
  • ○ Aus diesem Grund seien in sinngemäßer Anwendung des § 175a AO die Körperschaftsteuerbescheide 1993 bis 1996 der Klägerin zu ändern und berichtigte Mitteilungen für den Anteilseigner zu erstellen.

Die Klägerin beantragt,

dem Antrag auf Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1993, 1994, 1995 und 1996 sowie auf Erstellung von berichtigten Mitteilungen für den Anteilseigner stattzugeben.

Das FA beantragt,

die Klage als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

1.) Die Klage ist unbegründet. Eine Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1993 bis 1996 ist nicht möglich.

Die nach der Außenprüfung geänderten Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre sind bestandskräftig. Diese Bestandskraft kann nur durchbrochen werden, wenn dies das Gesetz zulässt und die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

a) Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ist nicht möglich. Der Steuerbescheid gegenüber der Organgesellschaft (hier der GmbH) entfaltet für den Steuer...

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