Entscheidungsstichwort (Thema)

Milchreferenzmenge. Zurechnung der in gepachteten Produktionseinheiten erzeugten Milch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einem Landwirt, der Milch in gepachteten Anlagen erzeugt, ist die Milchproduktion nur dann auf seine eigene Referenzmenge anzurechnen, wenn er die Produktionseinheiten, zu deren Bewirtschaftung er bestimmte Anlagen gepachtet hat, selbständig betreibt und eine klare Trennung der vom Pächter und vom Verpächter – falls dieser gleichfalls Erzeuger ist – jeweils ermolkenen Milchmengen gewährleistet ist.

2. Gepachtete Stellplätze und Milchkühe sind dem Pächter als Erzeugereinheit zuzurechnen, wenn er die Milcherzeugung eigenverantwortlich und auf eigene Rechnung betreibt. Die Eigenverantwortlichkeit des Pächters wird weder durch eine nur kurze Pachtzeit (hier sechs Tage) noch durch eine einmalige Anwesenheit des Verpächters zum Probemelken im Rahmen einer Milchleistungsprüfung in Frage gestellt.

 

Normenkette

EWGV 3950/92 Art. 1-2, 9 Buchst. c; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.12.2006; Aktenzeichen VII B 316/05)

 

Tenor

1. Unter Änderung der Abgabeanmeldung des Käufers vom 18. Juli 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des HZA vom 23. Mai 2003 wird die Zusatzabgabe auf 1.612,97 EUR herabgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob dem Kläger gegenüber zu Recht eine Milch-Zusatzabgabe festgesetzt wurde.

Der Kläger ist Milcherzeuger und liefert unter der Erzeugernummer 41083 Milch an die A & B OHG, C (Käufer). Am 22. März 2002 schloss er mit dem Landwirt D E (E), der unter der Erzeugernummer 12625 Milch an denselben Käufer liefert, jeweils einen Nutzungsvertrag für Milchkühe und für Stallgebäude. Darin wurde für den Zeitraum vom 26. bis 31. März 2002 die Verpachtung der im Stall des Klägers stehenden 36 Milchkühe zu 2 EUR pro Tag und Kuh und der Kuhplätze zu 0,5 EUR/Tag vereinbart. Nach Nr. 1 des Nutzungsvertrags für das Stallgebäude konnte E das Stallgebäude des Klägers mit den technischen Einrichtungen und Anlagen nutzen. Die gepachtete Produktionseinheit sollte vollständig, eigenverantwortlich und mit der Arbeitserledigung auf E übergehen. Der Käufer vergab deshalb für diesen Zeitraum an E die Liefernummer 696 und erfasste die herauf angelieferte Milch separat.

Bei einer am 28. März 2002 von 5.50 bis 6.05 Uhr auf dem Hof des Klägers im Rahmen der Steueraufsicht durchgeführten Kontrolle wurde der Kläger mit seiner Frau im Stall beim Probemelken angetroffen. Der Kläger gab an, dass E dies nicht durchführen könne, ansonsten das Vieh aber von der Frau des E versorgt und gemolken werden. E stelle auch das Futter. Um 6.00 Uhr erschien Frau E zum Melken im Stall.

Der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA –) teilte daraufhin dem Kläger und E sowie dem Käufer mit, dass der Kläger auch für die in der Zeit der Verpachtung erzeugte Milch als Erzeuger anzusehen sei, da die tatsächliche Sachherrschaft und die Dispositionsbefugnis nicht auf E übergegangen sei. Der Käufer meldete deshalb mit Abgabeanmeldung vom 18. Juli 2002 für das Milchwirtschaftsjahr 2001/2002 beim HZA für den Kläger, dem eine Anlieferungs-Referenzmenge – ARM – i.H.v. 322.609 kg zustand und die er unter Berücksichtigung der im Pachtzeitraum unter der Liefernummer 696 angelieferten Milchmenge von 5.520 kg und nach Fettkorrektur um 24.405 kg überliefert hatte, nach Abzug von 5.895 kg aus zugeteilter Unterlieferung aus der Molkereisaldierung und von 11.938 kg aus zugeteilter Unterlieferung aus der Bundessaldierung, eine zu zahlende Milch-Zusatzabgabe i.H.v. 2.341,60 EUR aus einer noch verbleibenden Überlieferung i.H.v. 6.572 kg an. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Mit der dagegen erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend: Die streitgegenständliche Milchmenge sei dem Pächter zuzuordnen, da die tatsächliche Sachherrschaft und Dispositionsbefugnis im Pachtzeitraum auf diesen übergegangen sei. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass das Probemelken in seinem Beisein stattgefunden habe, da dieses nur seinen Zuchtbetrieb betreffe und den zwischen E und ihm geschlossenen Nutzungsvertrag nicht tangiere. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass, wie auch bei der Kontrolle festgestellt worden sei, Frau E die gepachteten Kühe versorgt und gemolken habe. Schließlich könne ihm auch nicht die kurze Pachtdauer zur Last gelegt werden, denn das HZA, dem er den Pachtvertrag vorab zur Prüfung vorgelegt habe und von dem der Vertragsentwurf stamme, habe diesem ausdrücklich zugestimmt. Im Hinblick auf die kurze Laufdauer des Vertrages seien Änderungen an Versicherungen bzw. die Tierseuchenkasse nicht erforderlich g...

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