rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtzeitigkeit der Klageerhebung, Zuschätzungen bei Abweichungen der Steuerbilanz von der Handelsbilanz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Klage ist fristgerecht erhoben worden, da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin durch die Vorlage des geführten Posteingangsbuchs den Eingang der Einspruchsentscheidung dargelegt hat. Somit wurden substantiiert Tatsachen vorgetragen, die schlüssig auf den verspäteten Zugang der Einspruchsentscheidung hindeuten und damit Zweifel an der Zugangsvermutung begründen (BFH v. 13.10.2005, IV B 21/05, BFH/NV 2006, 328 und v. 25.2.2010, IX B 149/09, BFH/NV 2010, 1115, m. w. N.).

2. Im Hinblick auf den näher erläuterten Grundsatz der materiellen Maßgeblichkeit der Handelsbilanz sind die vom FA durchgeführten Zuschätzungen in Höhe der Abweichungen zwischen den Steuerbilanzen und den Handelsbilanzen nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

FGO § 47 Abs. 1 S. 1; AO § 122 Abs. 2 Nr. 1, § 162 Abs. 2 S. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Steuerfestsetzung nach Durchführung einer Außenprüfung.

Die Klägerin ist eine GmbH, Gegenstand ihres Unternehmens ist Heizungsbau und Sanitärtechnik. Für die Streitjahre 2007, 2008 und 2009 wurde die Klägerin nach vorheriger Festsetzung der Steuern im Schätzungswege entsprechend der eingereichten Steuererklärungen und Bilanzen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Das Finanzamt stellte jedoch fest, dass die beim Handelsregister eingereichten Bilanzen zum 31. 12. 2007, 31. 12. 2008 und 31. 12. 2009 erheblich von den Ansätzen in den Steuerbilanzen abwichen. Im Einzelnen stellen sich die Abweichungen wie folgt dar:

Handelsbilanz

Steuerbilanz

Abweichung

31. 12. 2007

Sachanlagen

163.806,00 EUR

63.806,00 EUR

100.000,00 EUR

Verlustvortag

73.299,77 EUR

26.700,23 EUR

46.599,54 EUR

31. 12. 2008

Sachanlagen

156.102,00 EUR

56.101,00 EUR

100.001,00 EUR

31. 12. 2009

Forderungen

215.689,49 EUR

82.793,91 EUR

132.895,55 EUR

Verbindlichkeiten

323.263,80 EUR

280.002,00 EUR

./.43.261.80 EUR

89.634,00 EUR

Das Finanzamt ordnete daraufhin mit Verfügung vom 15. November 2011 die Durchführung einer Betriebsprüfung für die Streitjahre an. Trotz mehrfacher Aufforderung legte die Klägerin jedoch insbesondere keine Sachkonten und Bankunterlagen, sondern lediglich Buchhaltungsbelege vor. Die Außenprüfung wurde daher unter Vornahme von Hinzuschätzungen in der Höhe der Abweichungen zwischen den beim Finanzamt und beim Handelsregister eingereichten Bilanzen abgeschlossen (vgl. Schreiben der Betriebsprüfung vom 16. April 2012):

2007

2008

2009

Jahresüberschuss laut

Steuererklärung

8.957 EUR

17.985 EUR

23.567 EUR

Differenz

100.000 EUR

./. GewSt-Rückstellung

15.462 EUR

84.538 EUR

100.000 EUR

89.634 EUR

Jahresüberschuss laut

BP

93.495 EUR

117.985 EUR

113.201 EUR

Das Finanzamt führte daraufhin eine entsprechende Steuerfestsetzung (vgl. Änderungsbescheide vom 5. Juni 2012) unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung durch.

Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren wurden trotz Ankündigungen keine weiteren Begründungen eingereicht. Das Finanzamt wies die Einsprüche daher mit Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2014 als unbegründet zurück.

Mit der dagegen eingelegten Klage, die am 11. März 2014 bei Gericht eingegangen ist, wendet sich die Klägerin gegen die Festsetzung der Steuern im Schätzungswege. Bei der Durchführung der Außenprüfung seien sowohl die Buchführung als auch die Bankauszüge vorgelegt worden. Die zwischen den handelsrechtlichen Werten und den steuerlichen Jahresabschlüssen bestehenden Abweichungen berechtigten nicht automatisch zu einer Schätzung. Insbesondere fehle es an dem erforderlichen Nachweis, dass das steuerliche Buchführungsergebnis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unrichtig sei. Unabhängig davon seien die benannten Richtsätze und Reingewinnsätze nicht einschlägig, da im Streitfall kein Einzelunternehmer, sondern eine Kapitalgesellschaft vorliege, bei der der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils ein Geschäftsführergehalt bezogen habe.

Die Differenzen zwischen den handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Abschlüssen seien entgegen der Darstellung des Finanzamts erläutert worden. Bei den offengelegten handelsrechtlichen Jahresabschlüssen sei ein bisher aus handelsrechtlich möglichen Bewertungsvorschriften gebildeter Festwert aus den Jahren vor 2007 enthalten. Da dieser Ansatz nicht korrekt gewesen sei, sei dieser wieder rückgängig gemacht worden. Im Prüfungszeitraum 2007 bis 2009 hätten jedoch bis auf diese aus den Vorjahren herrührende Abweichung keine Abweichungen zwischen dem handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Ergebnis bestanden. Dies ergebe sich aus den Akten des Finanzamts, insbesondere aus dem Schreiben an die Betriebsprüfungsstelle vom 2. April 2012.

Im Übrigen werde bestritten, dass die mit Datum vom 7. Februar 2014 versehene Einspruchsentscheidung noch an diesem Tag einem Postdienstleister übergeben worden sei....

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