rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedeutung von Ermittlungspflichtverletzung des Finanzamtes bei Anwendung des § 173 Abs. 2 AO. Anwendbarkeit des Grundsatzes von Treu und Glauben. Steuerhinterziehung. Treu und Glauben. Einkommensteuer 1992, 1993 und 1994

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung ist erfüllt, wenn ein Ehepaar zwar die Steuererklärungen von einem Steuerberater erstellen hat lassen, sich aber die Zusendung und damit die Überprüfung der Steuerbescheide selber vorbehalten, Zinsen aus einer Festgeldanlage von bis zu 47000 DM in den Streitjahren deutlich zu niedrig bzw. überhaupt nicht erklärt hat und die Steuerbescheide wegen Nichterfüllung der Berichtigungspflicht nach § 153 AO bestandskräftig geworden sind.

2. Wurde in diesem Fall der zu niedrige Ansatz der Zinseinkünfte im Rahmen einer Außenprüfung nicht aufgedeckt, so ist das FA bei einem nachträglichen Bekanntwerden der Zinseinkünfte gleichwohl nicht nach Treu und Glauben an einer Änderung der Steuerbescheide nach § 173 AO gehindert. Im Anwendungsbereich von § 173 Abs. 2 AO kommt es nicht darauf an, ob das Finanzamt eventuell seine Ermittlungspflicht verletzt hat, indem es sich aufdrängende Ermittlungen unterlassen hat (hier: keine Überprüfung der vergleichsweise niedrig erklärten Kapitaleinkünfte bei der Außenprüfung trotz des Vorliegens von Anhaltspunkten für ein hohes Kapitalvermögen).

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 169 Abs. 2 S. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 1, § 369 Abs. 2, § 153; StGB § 15

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 01.02.2005; Aktenzeichen VIII B 170/04)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten darüber, ob für die Einkommensteuerbescheide 1992, 1993 und 1994 noch eine Änderungsmöglichkeit bestand.

In ihren Einkommensteuererklärungen der Streitjahre hatten die Kläger zu ihren Kapitaleinkünften folgende Angaben gemacht:

Jahr

Erklärung (Eingang beim Finanzamt) vom

Klägerin

Kläger

1992

23. Dezember 1993

Keine Angabe

1.675 DM

1993

8. Juni 1995 (Frühleerung)

Keine Angabe

Keine Angabe

1994

18. April 2000

Keine Angabe

14.716 DM, davon

11.200 DM ausländische Kapitalerträge

Mit Prüfungsanordnung gegenüber dem Kläger vom 6. März 1996 ordnete die Beklagte eine Außenprüfung (BP) – neben anderem – für die Einkommensteuer 1991 bis 1993, einschließlich der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs ab 1990 an. Erkenntnisse über höhere Kapitaleinkünfte wurden während dieser BP nicht gewonnen, so dass die von den Klägern erfolgten Angaben der Jahre 1992 und 1993 in die Einkommensteuerfestsetzungen übernommen worden waren.

Mit Prüfungsanordnung vom 13. April 2000 – wiederum gegenüber dem Kläger – wurde eine die Jahre 1995 bis 1998 betreffende Prüfungsanordnung vom 23. März 2000 erweitert, und damit eine Außenprüfung der Einkommensteuer des Jahres 1994 angeordnet. Im Prüfungsbericht vom 24. April 2001 sind hinsichtlich der Kapitaleinkünfte für das Jahr 1994 die Zinsen für die Anlage „Ausland” mit 11.200 DM – wie auch von den Klägern angegeben – vermerkt, sowie 3.616 DM „lt. Bescheinigung Sparkasse” im Gegensatz zu 3.516 DM, welche die Kläger in ihrer Erklärung angegeben hatten. Im Jahr 1994 wurden mit Bescheid vom 15. Mai 2001 dann 14.816 DM berücksichtigt, also 100 DM mehr als die erklärten 14.716 DM.

Einem Hinweis der Steuerfahndung folgend, bat das beklagte Finanzamt mit Schreiben vom 30. Juli 2001 die Kläger um Aufgliederung der Einnahmen aus Kapitalanlagen ab dem Jahr 1992 und um Aufgliederung des gesamten Kapitalvermögens.

Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 11. April 2002 legten die Kläger „Aufteilungsbögen” vor, die Aufschluss über folgende Kapitaleinkünfte gaben:

Jahr

Klägerin Kapital

Klägerin Zins

Kläger Kapital

Kläger Zins

Zum jeweils 1.1.

Zum jeweils 1.1.

1992

308.064,90 DM

28.144,89 DM

276.000 DM

19.261,83 DM

1993

336.064,90 DM

25.568,54 DM

295.263,83 DM

22.389,65 DM

1994

361.778,30 DM

10.435,10 DM

317.653,48 DM

16.316,83 DM

750.000 DM

5.625,78 DM

In dem Schreiben wiesen die Kläger darauf hin, dass für 1994 mit 14.816 DM nur ein Schätzbetrag erklärt worden sei. Die Schätzung lehnte sich an die für 1995 bekannten Beträge an, wie in der mündlichen Verhandlung erklärt wurde. Die Erklärung für 1994 enthielt keinen Hinweis, dass es sich insoweit um eine Schätzung handele.

Mit Bescheid vom jeweils 21. Mai 2002 änderte das Finanzamt daraufhin die Einkommensteuerfestsetzung für 1994 vom 15. Mai 2001, für 1993 vom 2. Januar 1997 und für 1992 vom 18. Januar 2000 unter Berücksichtigung der angegebenen Kapitalerträge. In ihrem Einspruch vom 18. Juni 2002 wandten sich die Kläger gegen diese Änderungen. Das Finanzamt bestätigte sie gleichwohl mit Einspruchsentscheidung vom 13. November 2002.

Die streitgegenständliche Klage, die am 12. Dezember 2002 bei Gericht eingegangen ist, begehrt weiterhin die Aufhebung der Änderungsbescheide.

Die Kläger argumentieren, dass den Prüfern im Rahmen der BP die Einkünfte...

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