Entscheidungsstichwort (Thema)

Weiterleitung des Kindergelds an den vorrangig berechtigten Elternteil

 

Leitsatz (redaktionell)

Wurde das Kindergeld an den nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG nachrangig kindergeldberechtigten Elternteil ausbezahlt und hebt die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung nachträglich auf, so ist die Entscheidung der Familienkasse, nicht auf die Rückforderung des Kindergeldes wegen Weiterleitung an den vorrangig kindergeldberechtigten Elternteil zu verzichten, weil dieser keine Erklärung nach Maßgabe von DA 64.4 Abs. 4 der DA-FamEStG abgegeben hat, nicht ermessensfehlerhaft.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2 S. 1; AO § 37 Abs. 2, § 174 Abs. 4-5; FGO § 60 Abs. 3

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger zur Rückzahlung des an ihn für den Zeitraum März bis Oktober 2004 ausbezahlten Kindergeldes verpflichtet ist.

Der inzwischen von seiner Ehefrau F geschiedene Kläger bezog für den gemeinsamen Sohn K seit 1994 Kindergeld. Im März 2004 zog der Kläger aus der gemeinsamen Wohnung aus. Der Sohn lebt seither im Haushalt der Mutter. Die beklagte Familienkasse (FK) zahlte an den Kläger das Kindergeld bis einschließlich Oktober 2004. Frau F stellte im Oktober 2004 einen Kindergeldantrag für K und legte der FK eine Bestätigung vor, dass der Kläger das Kindergeld für März bis Oktober 2004 nicht an sie weitergeleitet habe. Der Kläger teilte auf Anhörung der FK mit, dass er das bezogene Kindergeld im Rahmen der von ihm geleisteten Unterhaltszahlungen an seine geschiedene Ehefrau weitergeleitet habe. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2004 hob die FK die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger ab März 2004 auf. Gleichzeitig forderte sie das für März bis Oktober 2004 bezahlte Kindergeld in Höhe von 1232 EUR zurück mit der Begründung, eine eventuelle Weiterleitung des Kindergeldes sei von der geschiedenen Ehefrau nicht bestätigt worden. Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem geltend gemacht wurde, entgegen der Bestätigung seiner geschiedenen Ehefrau habe er das Kindergeld zur Hälfte an sie weitergeleitet, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. März 2005).

Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger legt eine Berechnung des Rechtsanwalts seiner geschiedenen Ehefrau über den vom Kläger zu leistenden Unterhalt vor, der nach seiner Auffassung belege, dass er die Hälfte des von ihm bezogenen Kindergelds an die vorrangig berechtigte Mutter des Kindes weitergeleitet habe.

Der Kläger beantragt,

den Rückforderungsbescheid vom 29. Oktober 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08. März 2005 insoweit zu ändern, dass nur noch die Hälfte des zurückgeforderten Betrages von ihm zurückzuzahlen ist.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung. Der Kläger sei nach § 37 Abs. 2 AO zur Erstattung des zu Unrecht bezogenen Kindergeldes verpflichtet. Die Erfüllung des Erstattungsanspruches durch Weiterleitung an die vorrangig berechtigte Mutter des Kindes sei von dieser nicht bestätigt worden und könne daher nicht anerkannt werden. Der Beklagte beantragt ferner, Frau F zum Verfahren beizuladen.

 

Entscheidungsgründe

1. Es ist unstreitig, dass ab März 2004 die Mutter des Kindes nach § 64 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) vorrangig kindergeldberechtigt ist und der Kläger das Kindergeld für den Zeitraum März bis Oktober 2004 in Höhe von 1232 EUR zu Unrecht bezogen hat. Streitgegenstand ist lediglich, ob der Kläger den Erstattungsanspruch des Beklagten nach § 37 Abs. 2 AO durch Weiterleitung ganz oder teilweise erfüllt hat. Da es sich bei der Entscheidung über diese Frage um keinen Fall einer widerstreitenden Steuerfestsetzung nach § 174 Abs. 4 und 5 Abgabenordnung (AO) handelt und auch kein Fall einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO vorliegt, ist die Beiladung der Mutter des Kindes nicht durchzuführen.

2. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat es rechtsfehlerfrei abgelehnt, auf die Rückforderung des dem Kläger zu Unrecht gezahlten Kindergeldes ganz oder teilweise zu verzichten. Die Entscheidung der beklagten Familienkasse, auf ihren Rückforderungsanspruch gegenüber dem nachrangig kindergeldberechtigten Kläger zu verzichten und den Kindergeldanspruch des vorrangig Berechtigten als erloschen zu behandeln, wenn letzterer bescheinigt, das Kindergeld durch Weiterleitung erhalten zu haben und er seinen Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes insoweit als erfüllt anerkennt (vgl. Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs – DA-FamEStG – vom 5. August 2004, DA 64.4 Abs. 4-8 stellt eine Billigkeitsmaßnahme der Verwaltung dar, die gemäß § 102 FGO nur eingeschränkt der gerichtlichen Kontrolle unterliegt (Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 22. Juli 1999 VI B 344/98, BFH/NV 2000, 36). Die ablehnende Entscheidung der Familienkasse kann grundsätzlich nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Die vom Beklagten im Streitfall getroffene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist es nicht sachwidrig, die Gewährung ...

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