Entscheidungsstichwort (Thema)

Zufluss einer Tantieme durch Verbuchung auf Verrechnungskonto. Zur Änderungsbefugnis des Finanzamts nach Antrag des Steuerpflichtigen auf schlichte Änderung zu seinen Ungunsten. Ergehen eines dem Begehren nur teilweise entsprechenden Änderungsbescheids und Einlegung eines unzulässigen Einspruchs. Keine Änderungsbefugnis des Finanzamts nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO im Rahmen eines unzulässigen Einspruchs. Keine erneute Änderungsbefugnis des Finanzamts nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO, wenn nach Antrag des Steuerpflichtigen auf schlichte Änderung eines bestandskräftigen Bescheids zu seinen Ungunsten das Finanzamt zunächst einen Änderungsbescheid erlässt, in dem es dem Änderungsantrag nur teilweise stattgibt und zum Ausdruck bringt, dass es den Änderungsantrag als erledigt ansieht. Einkommensteuer 1997

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dem beherrschenden Gesellschafter einer GmbH fließt eine Tantieme bereits bei Verbuchung auf dem Verrechnungskonto der GmbH und nicht erst im Zeitpunkt der tatsächlichen späteren Auszahlung zu.

2. Erlässt das Finanzamt nach einem Antrag des Steuerpflichtigen auf schlichte Änderung eines bestandskräftigen Bescheids zu seinen Ungunsten zunächst einen Änderungsbescheid, in dem es dem Änderungsantrag nur teilweise stattgibt und in dem es zum Ausdruck bringt, dass es den Änderungsantrag als erledigt ansieht, so ist ein vom Steuerpflichtigen dagegen eingelegter Einspruch mangels Beschwer unzulässig, mit der Folge, dass der angefochtene Bescheid in Bestandskraft erwächst und weder eine Rechtmäßigkeitsprüfung nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO in vollem Umfang noch eine (weitere) Abhilfe nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO möglich ist.

 

Normenkette

AO § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 367 Abs. 2 Sätze 1, 3, § 350; EStG § 11 Abs. 1, § 20

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.11.2006; Aktenzeichen VI R 14/05)

 

Tenor

1. In Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 15. April 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2004 wird die Einkommensteuer 1997 auf 129.795,53 EUR herabgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger ist zu 50 v. H. an der …V GmbH beteiligt und erzielt als Geschäftsführer der Gesellschaft Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Lt. Anstellungsvertrag waren dem Kläger zu zahlende Tantiemen jeweils einen Monat nach Feststellung des jeweiligen Jahresabschlusses fällig. In ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr 1997 gaben die Ehegatten nichtselbständige Einkünfte des Klägers in Höhe von 860.465 DM an, die der Beklagte (= das Finanzamt – FA –) im bestandskräftigen ESt-Bescheid 1997 vom 15. Februar 1999 entsprechend berücksichtigte. Mit Schreiben vom 16. März 2000 teilte die nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Kläger dem FA mit, dass die dem Kläger in den Jahren 1994 bis 1997 von der V GmbH gezahlten Tantiemen vom früheren Bevollmächtigten entgegen der bestehenden Rechtslage für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer teilweise nicht im Jahr der Feststellung des jeweiligen Jahresabschlusses, sondern fälschlich erst im Jahr des tatsächlichen Zuflusses steuerlich erfasst worden seien, und beantragte, u. a. im Jahr 1997 die bisher nur in Höhe von 249.990 DM in den nichtselbständigen Einkünften des Klägers enthaltene Tantieme für 1996 zutreffend mit 707.300 DM zu erfassen und die nichtselbständigen Einkünfte entsprechend um 457.310 DM zu erhöhen. Gleichzeitig wies die Prozessbevollmächtigte darauf hin, dass durch Verrechnung der Tantiemeansprüche des Klägers für 1996 mit Forderungen der V GmbH ein Betrag von 295.037 DM auch nach der vom früheren Bevollmächtigten angewandten Systematik im Jahr 1997 zu erfassen gewesen wäre, dies aber nach den vorliegenden Unterlagen offensichtlich unterblieben sei.

Der Beklagte erließ zunächst für 1997 unter dem Datum vom 8. Mai 2000 einen nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid, in dem die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entsprechend eines geänderten Grundlagenbescheides geändert wurden, der Antrag der Kläger vom 16. März 2000 hinsichtlich der nichtselbständigen Einkünfte des Klägers jedoch unberücksichtigt blieb. Gegen den Änderungsbescheid legten die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 10. Mai 2000 „Einspruch” ein und machten geltend, dass die beantragte Korrektur der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit aufgrund der Zuordnung von Tantiemezahlungen zu den richtigen Besteuerungszeiträumen nicht erfolgt sei. Im nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten ESt-Bescheid 1997 vom 18. Juli 2000 erhöhte das FA die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers um 162.273 DM und führte in den Erläuterungen zur Festsetzung u. a. aus: „Ihrem Antrag vom 16.03.2000 wurde in vollem Umfang entsp...

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