Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Abzug des für den Erblasser festgestellten Verlustabzugs aus einer vom Erblasser bereits verkauften Kommanditbeteiligung nach der vor 12.3.2008 gültigen Rechtslage bei Tilgung sämtlicher Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung durch den Erblasser noch vor dem Anteilsverkauf

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bis zur Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04 am 12.3.2008 (im Streitfall: Tod des Erblassers im Jahr 2004) konnte der Erbe vom Erblasser nicht verbrauchte Verluste mit eigenen positiven Einkünften aus den Folgejahren gem. § 10d Abs. 2 EStG verrechnen, wenn er durch die Verluste auch tatsächlich wirtschaftlich belastet war und die Verluste wirklich getragen hat. Wirtschaftlich belastet ist der Erbe dann, wenn er wirtschaftlich in seiner Eigentums- oder Vermögenssphäre beeinträchtigt ist. Eine solche Belastung ist dann nicht gegeben, wenn der Erbe zwar kraft Gesetzes für Verbindlichkeiten haftet, die auf Verpflichtungen des Erblassers zurückgehen, tatsächlich aber eine Inanspruchnahme des Erben ausgeschlossen ist.

2. An einer solchen wirtschaftlichen Belastung fehlt es, wenn die Tochter Alleinerbin ihres verstorbenen Vaters geworden ist, bei ihrem Vater als Erblasser zum Zeitpunkt des Todes noch nicht ausgeglichene Verluste aus einer 100%igen Beteiligung an einer KG vorhanden waren, der Vater diese Beteiligung noch kurz vor seinem Tod an den Ehemann seiner Tochter und Erbin verkauft und sämtliche Verbindlichkeiten, die den auf die Kommanditbeteiligung zurückzuführende Verlustvorträgen zugrundeliegen, bereits vor der Übertragung der Kommanditbeteiligung an den Schwiegersohn und Ehemann der Erbin getilgt hat.

3. Nach Eintritt des Erbfalls von der Tochter zugunsten der KG (dem nunmehrigen Unternehmen des Ehemanns) vorgenommene Zahlungen bzw. ein der KG nach dem Erbfall gewährtes Darlehen sind ebenfalls keine wirtschaftlichen Belastungen, die durch die Verluste des Erblassers begründet wurden, wenn diese Verpflichtungen unstreitig nicht mehr mit den den Verlustvortrag begründenden Beteiligungsverlusten des Erblassers im Zusammenhang stehen, sondern aufgrund eigener rechtlicher Verpflichtungen bzw. Interessen der Erbin übernommen worden sind.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 1-2; BGB § 1922; AO § 45

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.06.2016; Aktenzeichen IX R 30/15)

BFH (Urteil vom 14.06.2016; Aktenzeichen IX R 30/15)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Kläger sind im Streitjahr 2004 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagte Ehegatten. Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 26. September 2004 verstorbenen Vaters, Herrn … (B). Ausweislich des Erbschaftssteuerbescheids vom 2. November 2011, auf den gemäß § 105 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen wird, betrug der Wert des Nachlasses … EUR. B war angabegemäß bis 16. April 2003 alleiniger Kommanditist der Firma B-KG (KG) mit einer Einlage von 2.500.000 DM sowie alleiniger Gesellschafter der Komplementär GmbH. Am 16. April 2003 hatte B – nach Angabe zu einem Kaufpreis von 2.000.000 EUR – die Beteiligung an der KG auf seinen Schwiegersohn, den Kläger zu 1), übertragen. Zuletzt mit Bescheid vom 22. November 2011 ist für B aufgrund gewerblicher Verluste nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) aus seiner Beteiligung an der KG ein verbleibender Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG zur ESt zum 31. Dezember 2004 in Höhe von … EUR festgestellt worden.

Unter dem Datum vom 12. August 2009 erließ der Beklagte (das Finanzamt München, Abteilung I – Finanzamt –) gegenüber den Klägern einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ESt-Bescheid für 2004, der einen Gesamtbetrag der Einkünfte von … EUR auswies. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein mit dem Antrag, u. a. einen Verlustvortrag in Höhe von … EUR zu berücksichtigen und die ESt 2004 auf 0 EUR festzusetzen. Zur Begründung verwiesen sie darauf, dass die Klägerin von ihrem verstorbenen Vater einen entsprechenden Verlustvortrag, der bei diesem nicht mehr habe ausgeglichen werden können, geerbt habe. Die Klägerin sei durch die festgestellten Verluste ihres Vaters auch wirtschaftlich belastet, da sich der ökonomische Wert der Verluste in einem entsprechend geringeren Nachlass niederschlage. Außerdem hafte sie uneingeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten ihres Vaters.

Jeweils unter dem Datum vom 21. September 2009, 1. Februar 2011 sowie 29. März 2011 ergingen wegen eines hier nicht strittigen Punktes und wegen von den Klägern nachgemeldeten Einkünften nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte ESt-Bescheide, in denen die ESt 2004 zuletzt bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von …. EUR auf … EUR festgesetzt wurde. Wegen des Ansatzes eines Verlustvortrags hatte der Einspruch keinen Erfolg (vgl. Einspruchsentscheidung vom 12. März 2012).

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger weiterhin den Ansatz eines Verlustvortrags sowie die Klägerin erstma...

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