Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksame Eröffnung des Verfahrens über die Aussetzung der Branntweinsteuer. Entziehen aus dem Verfahren der Steueraussetzung. Branntweinsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Steueraussetzungsverfahren bei der Ausfuhr von Branntweinerzeugnissen ist eröffnet, wenn der Versender im begleitenden Verwaltungsdokument einen Empfänger im Drittland angibt.

2. Erfolgt der Transport von Alkohol von Anfang an unter Beobachtung der italienischen und deutschen Zollfahndung und wird der Alkohol beim Versuch der Ausfuhr mit gefälschten Papieren beschlagnahmt, kann nicht von einer Entziehung des im Steueraussetzungsverfahren beförderten Alkohols ausgegangen werden.

 

Normenkette

BranntwMonG § 143 Abs. 1 S. 1, § 130 Abs. 1 S. 2, § 141 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; BrStV § 43 Abs. 2, § 36 Abs. 4 S. 3; EWGRL 12/92 Art. 19 Abs. 4; Richtlinie 92/12/EWG Art. 6 Abs. 1; EWGRL 12/92 Art. 6 UAbs 2 Buchst. a

 

Tenor

1. Der Steuerbescheid vom 28. April 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin zu Recht als Schuldner von Branntweinsteuer in Anspruch genommen wurde.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Konsortium von Genossenschafts- und Privatbetrieben, die auf dem industriellen Landwirtschaftssektor tätig sind. Mit den begleitenden Verwaltungsdokumenten Nr. 1608/97 und 1648/97 vom 11. und 12. September 1997 versandte sie jeweils 25.573 Liter steuerpflichtigen Alkoholzur Ausfuhr unter Steueraussetzung aus dem Verbrauchsteuergebiet der Europäischen Gemeinschaft.

Am 10. und 11. September 1997 hatte die Klägerin, nach entsprechender Aufforderung wegen des Verdachts von Unregelmäßigkeiten, die italienische Zollfahndung über die Umstände beim Versand dieser Alkoholsendungen informiert.

Das zu den jeweiligen Sendungen gehörende begleitende Verwaltungsdokument wurde am Abend des 17. September 1997 am Grenzübergang W. von den Fahrern gegen gefälschte Ausfuhrpapiere ausgetauscht. Am nächsten Morgen wurden die Fahrer der streitgegenständlichen Transporte bei der Vorlage der gefälschten Papiere beim Zollamt W. festgenommen und die Fahrzeuge und der Alkohol beschlagnahmt. Aufgrund eines Hinweises der italienischen Zollbehörden an das Zollkriminalamt standen die beiden Alkoholtransporte von Beginn an bis zum Zugriff am Zollamt W. unter Observation. Durch rechtskräftiges Urteil des LG N. vom 8. Januar 1999 wurden die Fahrer hierfür rechtskräftig wegen Steuerhinterziehungverurteilt.

Mit Steuerbescheid vom 28. April 1999 forderte der Beklagte (das Hauptzollamt-HZA) von der Klägerin als Versender des Alkohols Branntweinsteuer i.H.v. 1.304.223,– DM an. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 1999 Klage, mit der sie im Wesentlichen Folgendes geltend macht: Der Alkohol sei nicht dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden, da aufgrund ihrer Mitwirkung die Kontrolle der streitgegenständlichen Waren während der gesamten Zeit der Beförderung gewährleistet gewesen sei. Die Alkoholsendungen seien ausschließlich durch ihre Mitwirkung sichergestellt worden. Sie habe die streitgegenständliche Ware überhaupt nicht mehr ausliefern wollen. Erst auf Zureden des zuständigen Beamten vom Zollamt in P. seien die Waren abgesandt worden, weil das Zollamt P. gehofft habe, durch die streitgegenständlichen Lieferungen die Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Dies hätte vom HZA berücksichtigt werden müssen. Außerdem sei das HZA Weiden nicht zuständig.

Die Klägerin beantragt

den Steuerbescheid vom 28. April 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das HZA beantragt

Klageabweisung

und bringt vor, dass der Alkohol durch den Austausch der begleitenden Verwaltungsdokumente in Deutschland dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden sei. Ob und in welcher Weise die Klägerin bei der Aufklärung des Sachverhalts mit den Behörden zusammengearbeitet habe sowie die Tatsache, dass sie die begleitenden Verwaltungsdokumente nicht selbst ausgetauscht habe, sei für die Beurteilung des steuerrechtlichen Tatbestandes unbeachtlich. Dies könne allenfalls im Rahmen eines Erlassverfahrens berücksichtigt werden.

Mit Beschluss des FG München vom 10. Februar 2000 3 V 3135/99 wurde die Vollziehung des streitgegenständlichen Steuerbescheids ausgesetzt, weil zweifelhaft war, ob der bloße Austausch der Begleitpapiere die Steuerschuld zum Entstehen bringt, wenn feststeht, dass der Alkohol tatsächlich ausgeführt wurde. Mit Urteil vom 29. Oktober 2002 VII R 48/01, BFH/NV 2003, 279 hat der Bundesfinanzhof -BFH- jedoch entschieden, dass die Branntweinsteuer auch dann entsteht, wenn bei der Ausgangszollstelle eine andere als die in das Verfahren der Steueraussetzung...

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