Entscheidungsstichwort (Thema)

Überschussprognose und Einkünfteerzielungsabsicht bei verbilligter Vermietung an nahe Angehörige

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei verbilligter Wohnraumüberlassung an nahe Angehörige sind zukünftig eintretende Faktoren (im Streitfall der Wegfall der Zinsbelastung durch Tilgung der Darlehensschulden und die Erhöhung der Mieteinnahmen durch Vermietung der Wohnung an Dritte) nur dann in die Überschussprognose einzubeziehen, wenn sie bei objektiver Betrachtung im Veranlagungszeitraum vorhersehbar waren. Die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums können wichtige Anhaltspunkte liefern.

2. Sofern nicht aufgrund konkreter Umstände von einer kürzeren Zeitspanne der Vermögensnutzung auszugehen ist, ist bei der Prognose zur Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht von einem Zeitraum von 30 Jahren auszugehen.

3. Bei Einnahmen zwischen 56 % und 75 % der ortsüblichen Miete und negativer Überschussprognose sind die Aufwendungen im entsprechenden Verhältnis zu kürzen und nur hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Vermietung als Werbungskosten abzugsfähig.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 9 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.10.2009; Aktenzeichen IX B 105/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob aufgrund von verbilligten Vermietungen an die Kinder der Kläger die Aufwendungen im Streitjahr 2004 in voller Höhe oder nur anteilig als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Die verheirateten Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist am … 1944 geboren. In der Einkommensteuererklärung für 2004 machten sie Verluste aus der Vermietung der im Jahr 2000 erworbenen Eigentumswohnungen Nr. 53 und Nr. 54, … in Höhe von 23.103 EUR bzw. 19.623 EUR geltend. Da die Wohnungen verbilligt an die Tochter (Nr. 53) und an den Sohn (Nr. 54) vermietet wurden, prüfte der Beklagte (das Finanzamt) das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht.

Die vereinbarte Warmmiete betrug im Streitjahr nach Berechnungen der Kläger für die Wohnung Nr. 53 7,20 EUR, und für die Wohnung Nr. 54 7,89 EUR pro Quadratmeter. Die ortsübliche Warmmiete lag bei 11,75 EUR pro Quadratmeter.

Die Wohnung Nr. 53 wurde von Anfang an verbilligt an die Tochter vermietet. Die Tochter heiratete am … August 2003 und bekam am … April 2004 eine Tochter. Sie und ihr Ehemann erwarben im November 2004 eine Doppelhaushälfte, die im August 2005 fertig gestellt und in 2005 bezogen wurde. Ab Oktober 2005 wurde die 93,7 m² große Wohnung Nr. 53 inkl. Garage für monatlich 940 EUR zuzüglich 170 EUR Betriebskostenvorauszahlung an einen Dritten vermietet.

Die Wohnung Nr. 54 wurde nach Fertigstellung ab 1. Februar 2001 zunächst marktüblich an einen Dritten vermietet und ab 1. Januar 2002 verbilligt an den Sohn. Die Miete betrug im Streitjahr 2004 inklusive Nebenkosten und Miete für den Stellplatz 625 EUR, ab 1. Januar 2005 710 EUR. Der Sohn lebte dort seit 2003 mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau sowie ab 2007 noch mit dem gemeinsamen Sohn. Zum 30. September 2008 wurde die Wohnung gekündigt. Ab Dezember 2008 wird die 74,1 m² große Wohnung inkl. Garage an einen Dritten für monatlich 980 EUR zuzüglich 160 EUR Betriebskostenvorauszahlung vermietet.

Die Wohnung Nr. 53 wurde mit einem Darlehen bei der Sparkasse … über 433.000 DM (Zinsbindungsfrist 10 Jahre bis 30. März 2010, effektiver Jahreszins 6,06 % p.a., monatliche Rate 2.489,75 DM, Tilgung 1 % jährlich) und einem Bauspardarlehen über 109.227,16 DM (effektiver Jahreszins 5,3 % p.a., monatliche Rate 946 DM) finanziert. Die Wohnung Nr. 54 wurde mit einem Darlehen bei der Bank C über 329.000 DM (Zinsbindungsfrist 10 Jahre bis 30. März 2010, effektiver Jahreszins 6,06 % p.a., monatliche Rate 1.891,75 DM, Tilgung 1 % jährlich) sowie zwei Bauspardarlehen über insgesamt 103.314,37 DM (effektiver Jahreszins 5,9 bzw. 5,3 % p.a., monatliche Rate 625 DM bzw. 400 DM) finanziert. Bei den Bauspardarlehen waren Sondertilgungen jederzeit möglich.

Im Laufe des Veranlagungsverfahrens machten die Kläger auf Anfrage des Finanzamts mit Schreiben vom 7. Oktober 2005 Angaben zu den Wohnungen Nr. 53 und 54 zum Zwecke der Überschussprognose. Hinsichtlich der voraussichtlich anfallenden Schuldzinsen gaben die Kläger an, dass ab 2011 keine Schuldzinsen mehr anfallen würden. Nach den Prognoseberechnungen des Finanzamts für das Jahr 2004 waren die Gesamtergebnisse aus der Vermietung der Wohnungen in beiden Fällen negativ, so dass es im Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 26. Oktober 2005 die geltend gemachten Werbungskosten nur zu einem Anteil von 61% (Wohnung Nr. 53) bzw. 67% (Wohnung Nr. 54) zum Abzug zuließ.

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 2006 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Dabei legte es im Rahmen der Überschussprognosen einen Zeitraum von 30 Jahren zu Grunde. Hinsichtlich der Wohnung Nr. 53 berücksichtigte das F...

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