rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur beruflichen Veranlassung des Besuchs sog. Rigpa-Seminare

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Teilnahme einer Kinderärztin und Psychotherapeutin an buddhistisch geprägten sog. Rigpa-Seminaren ist nicht unerheblich durch private Gründe mit veranlasst, da es sich beim Buddhismus um eine religiös-philosophische Lehre handelt. Auch die durch die Seminare verbesserte Bewältigung der aus dem Beruf herrührenden persönlichen Betroffenheit (mentale Selbsthygiene) hat eine private Komponente, da die Gesundheit grundsätzlich dem Privatbereich zuzuordnen ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob als Fortbildungskosten geltend gemachte Aufwendungen als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Die Klägerin (Klin) ist von Beruf Kinderärztin und Psychotherapeutin. Sie ist nichtselbständig und auch selbständig tätig. Im Kinderzentrum in A arbeitet sie seit 1992 halbtags als Kinderärztin. Zuvor war sie in der dortigen Ambulanz als Oberärztin tätig. Daneben unterhält sie seit 1992 eine Privatpraxis mit Nebentätigkeitsgenehmigung ihres Arbeitgebers, in der sie ca. 10 Stunden pro Woche psychisch gestörte Patienten betreut.

Im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit machte sie in ihren Einkommensteuererklärungen u.a. Fortbildungskosten in Höhe von 6.983,84 DM (1999), 9.461,01 DM (2000) und 5.327,44 DM (2001) als Betriebsausgaben geltend, die sie an den Verein „Rigpa, Verein für tibetischen Buddhismus e. V.” (im Folgenden: Rigpa) gezahlt hatte. An diesen Verein hatte die Klin auch jeweils Spenden geleistet, die steuerlich berücksichtigt wurden (1999: 2.340 DM, 2000: 5.789 DM, 2001: 2.965,– DM).

Bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen 1999-2001 ließ das FA die Fortbildungsaufwendungen mit der Begründung außer Ansatz, dass es sich um nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung handele. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide datieren vom 12. Juli 2001 (1999), 21. Januar 2003 (2000) und 9. Juli 2003 (2001).

Im Einspruchsverfahren trug die Klin vor, dass die an den Verein Rigpa gezahlten Aufwendungen notwendig seien, um überhaupt ihren Beruf ausüben zu können. Hierzu reichte sie ein Gutachten einer Psychotherapeutin (Frau Dr. …) vom 7. August 2001 ein, in der Folgendes ausführt ist:

Die Klin sei als Psychoanalytikerin und Psychotherapeutin auf dem Gebiet der Behandlung und Prävention frühgestörter Kinder und früher Störungen der Mutter-Kind-Beziehungen tätig. Als solche sei sie in ihrer täglichen Arbeit mit einem kaum vorstellbaren menschlichen Elend konfrontiert, dessen Beseitigung und Behebung jedoch zur Voraussetzung habe, dass der entsprechende Therapeut imstande sei, sich in die Lage der betroffenen Kinder und Mütter hinein zu versetzen. Dieses Hineinversetzen stelle für den Therapeuten eine erhebliche Belastung dar, weswegen dieser seinerseits eine Art von Therapie benötige. Die Klin habe eine Methode gefunden, ihre seelische Gesundheit angesichts der schweren Belastungen zu bewahren, nämlich die Teilnahme an „Meditations-Retreats” von Rigpa Deutschland oder Rigpa Europa. Die damit verbundenen Ausgaben dienten damit der Erhaltung ihrer Berufs- und Arbeitsfähigkeit, aber auch dem Wohl ihrer schwer gestörten Patienten, die andernfalls zu Sozialfällen werden könnten.

Im Schreiben vom 11. März 2002 führte die steuerliche Vertreterin aus, dass Gegenstand der Seminare, die ihre Mandantin besuche, Themen aus der buddhistischen Philosophie – vor allem Meditationsformen für den Umgang mit Patienten und deren Angehörigen – seien. Hier lerne die Klin, ihre persönliche Betroffenheit bei der Patientenbetreuung durch Meditationstechniken zu bewältigen, um zwischen den einzelnen Sitzungen den Kopf frei zu bekommen und sich dann wieder mit voller Konzentration dem neuen Patienten widmen zu können. Für Fortbildungsveranstaltungen werde die Klin von ihrem Arbeitgeber jährlich 5 Tage freigestellt. Die Fortbildungen dienten nicht der Befriedigung privater Interessen. Dass die Klin an Rigpa gespendet habe, liege daran, dass sie dort die Verwendung genau überprüfen könne.

Der Tagesablauf der Rigpa-Seminare habe folgendermaßen ausgesehen:

„Meditation in der früh dann Belehrungen Mittags Gruppentreffen zur Diskussion von Anwendungen im Berufsalltag Nachmittags Videobelehrungen mit Anwendungen Abends Meditation”.

Die Klin halte auch Vorträge und Seminare zu diesem Thema. Sie sei aber auch – ohne Honorar – als kollegiale Supervisorin tätig, da zu diesen Veranstaltungen sehr viele in therapeutischen Berufen Tätige kämen. Das Studium der buddhistischen Philosophie, wie sie bei Rigpa gelehrt und gelebt werde, stelle mit den Einweisungen in Meditationsund Imaginationstechniken die wirksamste Methode der Selbsthygiene dar. Für die Klin seien die Meditation und das Studium der buddhistischen Philosophie die einzige Möglichkeit, ihre geistige Gesundheit als Therapeutin und Sozialpädiaterin aufrechtz...

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