Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerfreiheit privater Krankenhäuser

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Umsätze aus dem Betrieb eines Krankenhauses, das nicht nach § 108 SGB V zugelassen ist, sind nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei.

2. Krankenhausbehandlungen im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL sind gegeben, wenn Krankenhausleistungen mit der erforderlichen therapeutischen Zielsetzung erfolgen und medizinisch notwendig sind, der Aufenthalt in der Einrichtung jeweils nach einem entsprechenden ärztlichen Befund erfolgt und die Leistungserbringung abhängig von einem medizinisch diagnostizierten Krankheitsbild ist.

3. Die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Kosten der Dienstleistungen von den Einrichtungen der sozialen Sicherheit nicht erstattet werden. Sie setzt jedoch voraus, dass die Leistungen unter Bedingungen erbracht werden, die mit den Bedingungen für Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht vergleichbar sind.

4. Prüfungsmaßstab im Rahmen der Prüfung der sozialen Vergleichbarkeit sind primär die Regelungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und des Krankenhausentgeltgesetzes.

5. Angesichts der Abrechnungspraxis der Klägerin sowie Umstands, dass die Kosten der Leistungen der Klägerin nicht zu einem großen Teil von Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen wurden, und der fehlenden Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung verneinte das Gericht im Streitfall mit umfangreichen Erwägungen die soziale Vergleichbarkeit.

 

Normenkette

RL 2006/112/EG Art. 132 Abs. 1 Buchst. b; UStG § 4 Nr. 14 Buchst. b; SGB V § 108

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Strittig ist, ob die Voraussetzungen der Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSystRL –) hinsichtlich der von der Klägerin im Streitjahr (2014) erbrachten stationären Krankenhausleistungen vorliegen.

Die Klägerin betreibt … ein Krankenhaus. Sie ist kein nach § 108 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zugelassenes Krankenhaus (Universitätsklink, Plankrankenhaus, Vertragskrankenhaus), sodass gesetzlich Krankenversicherte gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V keinen Anspruch haben, dort behandelt zu werden. Sie ist jedoch im Besitz einer Genehmigung nach § 30 der Gewerbeordnung (GewO) für den Betrieb einer privaten Krankenanstalt.

Der Tätigkeitsschwerpunkt der Klägerin lag im Streitjahr in der Behandlung und Operation von … Sie führte im Jahr 2014 xy Behandlungen durch. 4,51% der Leistungen entfiel auf Schönheitsoperationen. Die Klägerin hatte in 2014 eine durchschnittliche Auslastung von 39,36%.

Die Klägerin verfügte im Streitjahr in ihrer Klinik über xy Betten, aufgeteilt xy verschieden ausgestatte Ein- und ein Zweibettzimmer. Unabhängig von Art und Größe sind der Wahlleistungsvereinbarung der Klägerin zufolge alle Zimmer standardmäßig u.a. mit Schreibtisch, Safe, Kühlschrank und einer Klimaanlage ausgestattet. Die Einbettzimmer verfügen über eine eigene Nasszelle. Zusätzlich ergänzt ein modernes Multimediasystem mit kostenlosem Internet, Telefon und TV-Gerät den Komfort der Krankenhauszimmer. Zu den weiteren Räumen zählen Räume für das Personal sowie Operationssäle, ein Aufwachraum und Überwachungszimmer für die postoperative Patientenüberwachung. Als Betriebszeit für die OP-Säle war die Zeit von Montag bis Freitag 7:00 bis 17:00 Uhr vorgesehen.

Zur medizinischen Versorgung der Patienten war im Streitjahr bis einschließlich März 2014 ein Arzt fest angestellt. Ab April 2014 wurde die fachärztliche Versorgung durch sog. Belegärzte sichergestellt. Hierzu schloss die Klägerin mit verschiedenen Ärzten Kooperationsverträge. Nach Tz. V Nr. 1 dieser Verträge ist die Klägerin bestrebt, „über den Facharztstandard hinaus … die Patienten mit dem Chefarztstandard eines Plankrankenhauses zu versorgen”. Daher zahlt sie den Belegärzten nach Tz. V Nr. 6 des jeweiligen Kooperationsvertrages „ein Entgelt entsprechend einem Chefarzt” für die von ihm erbrachten Leistungen (Rufbereitschaft, Vertretung anderer Kooperationsärzte, Fortbildungsleistungen usw.). Um die stationären Behandlungen durch diese Ärzte zu ermöglichen, stellte die Klägerin die erforderliche Infrastruktur zur Verfügung; neben den Räumlichkeiten – wie Patientenzimmern und Operationsräumen und der Verpflegung der Patienten – handelte es sich dabei um medizinische Gerätschaften, Pflege, Assistenz, nicht-ärztliches sowie administratives Personal und benötigte Sachmittel. Hierfür verlangte die Klägerin von den Belegärzten eine monatliche Nutzungspauschale i.H.v. 25% der gemäß der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erstellten Rechnung (ohne Materialkosten; siehe Anlage 2 zum Muster-Kooperationsvertrag).

Die Betreuung der Patienten erfolgte während deren Aufenthalts in der Klinik dur...

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