Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliches Vertragswerk bei der Grunderwerbssteuer. Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein einheitliches Vertragswerk liegt vor, wenn neben dem Grundstück auch ein bestimmtes Gebäude zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten wurde und letztlich dieses Angebot angenommen wurde. Ein Zusammenwirken der auf der Veräußererseite auftretenden Personen ist entbehrlich, wenn ein bis ins Detail vorgeplantes Gebäude zu einem Festpreis zusammen mit dem Grundstück angeboten wurde.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (Finanzamt = FA) zu Recht Bauleistungen in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einbezogen hat.

Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben mit notariellem Vertrag vom 29. Juni 1998 das Grundstück L. B-Str. 18 (Teilfläche aus FlNr. XY) je zur Hälfte für insgesamt 41.600 DM. Veräußerer des Grundstücks war die Stadt L.

Für diesen Erwerbsvorgang setzte das FA die Grunderwerbsteuer zunächst mit 728 DM fest. Dabei wurde lediglich der Kaufpreis für das unbebaute Grundstück als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt.

Durch weitere Ermittlungen erfuhr das FA, dass die Klägerin in zeitlichem Zusammenhang, nämlich am 11. Juli 1998, mit der Firma S. GmbH einen Vertrag über die Errichtung eines Reihenhauses auf dem erworbenen Grundstück abgeschlossen hatte. Die Nachforschungen des FA ergaben außerdem, dass die Stadt L mit der Firma S. eine Vereinbarung dahingehend getroffen hatte, dass die Firma mit den der Stadt gehörenden Grundstücken im Baugebiet „K. „ für ihre Reihenhäuser werben durfte. In Anzeigen und Flugblättern hatte die Firma S. bzw. die Vorgängerfirma V. GmbH (gleicher Alleingesellschafter) bereits geraume Zeit vor Abschluss des Kaufvertrages mit den Reihenhäusern zu einem Festpreis inkl. Grundstück geworben.

Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse ging das FA nunmehr von einem sog. „einheitlichen Vertragswerk” aus und änderte den ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheid, indem es die Kosten für das Reihenhaus in Höhe von 278.955 DM in die Bemessungsgrundlage mit einbezog. Das FA setzte mit gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 23. November 1999 die Grunderwerbsteuer auf 5.609 DM fest.

Im Einspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, dass der Grundstücksverkauf durch die Gemeinde und der von der S. GmbH angebotene Werkliefervertrag zur Errichtung des Hauses keine einheitliche Leistung darstelle, weil es sich hierbei um getrennte und unabhängige Vertragspartner handle, die weder wirtschaftlich noch personell miteinander verflochten seien. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 14. September 2001 wird Bezug genommen.

Mit der Klage beantragt die Klägerin, den Grunderwerbsteuer-Änderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Sie ist weiterhin der Auffassung, dass ein sog. einheitliches Vertragswerk nicht vorliege.

Sie verweist darauf, dass sie und ihr Ehemann wenige Tage nach Abschluss des Vertrags vom 29. Juni 1998, nämlich am 2. Juli 1998, von der Stadt L. die benachbarte Parzelle für 28.640 DM erworben hätten. Erst am 22. Juli 1998 hätten sie sich entschlossen, ein Reihenhaus der Firma S. zu erwerben und den entsprechenden Bauerrichtungsvertrag abgeschlossen. Bei dem vom FA vorgelegten Bauerrichtungsvertrag habe es sich gemäß mündlicher Absprache nur um eine unverbindliche Reservierung gehandelt. Der eigentliche Vertrag sei erst am 22. Juli 1998 abgeschlossen worden. Baubeginn sei am 12. August 1998 gewesen. Die BFH-Rechtsprechung, auf die sich das FA berufe, sei in der Streitsache nicht anwendbar, weil sie nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch die völlige Freiheit gehabt hätten, welche Art von Gebäude sie errichten wollten. Dass sie sich nach Abwägung verschiedener Alternativen zum Bau des schon zuvor angebotenen Reihenhauses entschlossen hätten, könne keinen einheitlichen Leistungsgegenstand begründen.

Zwischen der Gemeinde und dem Werkunternehmer habe keine personelle Verflechtung bestanden. Die Gemeinde habe dem Unternehmer lediglich die Werbung gestattet. Zudem hätten sie durch den Erwerb des Nachbargrundstücks auch die Möglichkeit gehabt, ein freistehendes Haus zu errichten.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

Am 16. Juni 2004 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Das FA hat zu Recht unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 23. November 1994, BStBI II 1995 S. 331 ein einheitliches, auf den Erwerb eines bebauten Grundstücks gerichtetes Vertragswerk angenommen. Hiernach ist ein einheitliches, auf den Erwerb einer fertigen Einheit gerichtetes Vertragswerk dann anzunehmen, wenn dem Erwerber ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen festst...

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