Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbindlichkeiten aus unechtem Provisions-Factoring als gewerbesteuerliche Dauerschulden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verkauft ein Versicherungsvermittler seine Provisionsforderungen gegenüber der Versicherung im Rahmen unechter Factoringverträge mit einer Laufzeit von 36 Monaten, sind die erlangten Kreditmittel, die in keinem Zusammenhang mit einem konkreten laufenden Geschäftsvorfall und damit zur freien Verfügung stehen, als Dauerschulden gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG 1991 dem Gewerbekapital hinzuzurechnen. Eine Verknüpfung zwischen Factoring und finanziertem Grundgeschäft lässt sich weder daraus ableiten, dass sich die erlangte Factoringausschüttung aus der Höhe und der Summe der angekauften Provisionsansprüche berechnet, noch daraus, dass die künftigen Provisionforderungen zur Sicherung der Factoringschulden und erfüllungshalber abgetreten werden.

2. Das gilt ebenso für den Stornorückbehalt des Versicherungsvermittlers gegenüber den für das Unternehmen tätigen Vermittlern, der nach 36 Monaten fällig wird und bis dahin uneingeschränkt der Verstärkung des Betriebskapitals dient.

 

Normenkette

GewStG 1991 § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 8 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.05.2011; Aktenzeichen I R 104/10)

BFH (Urteil vom 24.05.2011; Aktenzeichen I R 104/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Kreditmittel aus unechten Provisions-Factoringverträgen und ein Stornorückbehalt gegenüber Mitarbeitern als Dauerschulden zu behandeln sind.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr die Vermittlung von Versicherungen aller Art. Sie arbeitete im Streitjahr mit der X GmbH (nachfolgend: X) und der Y Provisions-Factoring-GmbH (nachfolgend: P) zusammen. Grundlage dieser Zusammenarbeit war insbesondere die Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen X, P und der Klägerin.

Die Klägerin bot als Vertriebsgesellschaft über ihre Vermittler ihren Versicherungskunden Versicherungsprodukte der X an. Für die erfolgreiche Vermittlung stand der Klägerin eine Vergütung zu, die in der Regel auf die Beitragsraten der ersten drei Versicherungsjahre (in 36 Monatsraten) von der X zahlbar war. Diese Vergütungen wurden von der Klägerin zum Teil als Provisionen an die Vermittler weitergegeben.

Zur Vorfinanzierung ihrer Vergütung verkaufte die Klägerin ihre Provisionsforderung an P. Dabei wurden die gesamten Provisionen – sowohl der den Vermittlern zustehende Teil sowie der der Klägerin verbleibende Teil – vorfinanziert. Deshalb schlossen auch die Vermittler der Klägerin und P Provisions-Factoring-Rahmenverträge ab. Auf der Basis dieser Rahmenverträge wurden dann sog. Einzelkaufverträge über konkrete Vergütungsansprüche, die nach bestimmten Kriterien (z. B. Vertragsbeginn, Versicherungsprodukt, Land) zusammengefasst waren, zwischen P und der Klägerin und Sammelkaufverträge, die mehrere Vermittler mit sämtlichen Provisionsansprüchen betreffen, zwischen den Vermittlern und P abgeschlossen. Dabei wurde für jeden Vergütungsanspruch das zugrunde liegende Vermittlungsgeschäft mit dem Kunden dokumentiert. Den Kaufpreis berechnete P nach einem von ihr erstellten sog. Ausschüttungstableau. Unter Einbehalt eines Sicherheitsabschlags von max. 30 % (im Streitjahr 24,5 %) wurde dann der Kaufpreis – auch soweit die Provisionen der Vermittler vorfinanziert wurden – an die Klägerin weitergeleitet. Die Klägerin trat demgegenüber alle künftigen Provisionsansprüche aus den dem Factoringvertrag zugrunde liegenden Vermittlungsgeschäften an die P ab. Ebenso übertrugen die Vermittler ihre Provisionsansprüche gegenüber der Klägerin auf P. Vertragsgemäß trug die Klägerin das Bonitätsrisiko. Die Klägerin haftete zusätzlich für den rechtlichen Bestand der Provisionsforderungen und für den fristgerechten Zahlungseingang der Provisionen bei P. Bis zur vollständigen Tilgung der Darlehen wurden von P monatliche Factoringabrechnungen erstellt, die auch die zugrundeliegenden Grundgeschäfte erkennen lassen. In der Bilanz zum 31.12.1996 passivierte die Klägerin aufgrund von Factoringverträgen betreffend eigene Provisionsansprüche Verbindlichkeiten in Höhe von 400.914 DM.

Die auf die Vermittler entfallenden und durch das vorgenannte Factoringverfahren vorfinanzierten Provisionen unterlagen entsprechend den Provisionsbestimmungen der Klägerin einer sog. Stornohaftung, deren regelmäßige Dauer im streitgegenständlichen Jahr im Lebensversicherungsbereich bei 36 Monaten lag. Um diese Stornohaftung abzusichern, wurde den Vermittlern deren Anteil an der Abschlussprovision nicht in voller Höhe ausbezahlt, sondern durchschnittlich 20 % des Provisionsanspruchs als nicht zu verzinsende sog. Stornoreserve einbehalten. Bei einer Stornoreserve von insgesamt 10.000 DM und einer Stornoquote von weniger als 10 % wurde die Stornoreserve solange ausgesetzt, wie die vorgenannten Bedingungen weiterhin erfüllt waren. Die so gebildetete Stornoreserve hatte das Ziel, dass die Provis...

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