rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (USt) gem § 162 AO. Umsatzsteuer 1996

 

Tatbestand

I.

Aus der Aufzucht von Tieren, überwiegend von Schweinen, und deren Verkauf sowie Vermarktung erzielt der Kläger Umsätze, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Umsatzsteuer (USt) unterliegen.

Aufgrund der USt-Erklärung 1995 wurde die USt 1995 auf 262 DM festgesetzt (Umsätze: 39.338 DM; Vorsteuern: 2.631 DM).

Wegen Nichtabgabe der USt-Erklärung 1996 schätzte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) die Besteuerungsgrundlagen. Mit Bescheid vom 04.08.1996 setzte das FA die Steuer auf 350 DM fest (Umsätze mit 15 %: 9.000 DM; Vorsteuern: 1.000 DM). Dieser Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 06.08.1998 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, daß er die ausstehende Steuererklärung bis auf weiteres nicht erbringen könnte, weil die Staatsanwaltschaft Augsburg im Jahre 1996 seine gesamte Buchhaltung von 1991– 1995 und 5 Monate von 1996 beschlagnahmt habe und er als Beschuldigter keinen Zugang zu den Akten habe. Ohne die 5 Monate könne er keine USt-Erklärung 1996 abgeben.

Bezüglich der Besteuerungsgrundlagen teilte er lediglich mit, daß er im Spätsommer 1996 aufgrund eines Herzinfarkts längere Zeit im Krankenhaus gewesen sei und seine Frau den Tierbestand stark reduziert habe.

Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung –EE– vom 22.10.1998). Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht aufgehoben. Das FA berechnete die USt 1996 nunmehr wie folgt:

steuerpflichtige Lieferungen und Leistungen

7.000 DM

Eigenverbrauch

2.000 DM

9.000 DM

7 % USt

630 DM

abziehbare Vorsteuerbeträge

280 DM

USt

350 DM.

Mit Klageschriftsatz vom 09.11.1998 hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen im wesentlichen wiederholt (s. ferner Schriftsatz vom 25.01.1999).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der EE vom 20.10.1998 den USt-Bescheid 1996 vom 04.08.1998 dahingehend zu ändern, daß die USt 1996 auf 0 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Das FA hat zwar die Umsätze nach Aktenlage zutreffend geschätzt, jedoch die abziehbaren Vorsteuern zu stark gekürzt.

a) Das FA war zur Schätzung befugt (§ 162 AO).

Gem. § 162 Abs. 2 Satz 1 AO ist zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärungen zu geben vermag. Dies gilt insbesondere dann, wenn er seiner Steuererklärungspflicht nicht nachkommt. Gleiches gilt gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 AO, wenn der Steuerpflichtige Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann.

Gem. § 18 Abs. 3 UStG war und ist der Kläger verpflichtet, seine Umsätze und Vorsteuern gewissenhaft zu erklären. Dies hat er bisher nicht getan. Er war nicht gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG als Kleinunternehmer anzusehen und daher von dieser Pflicht befreit, da seine Umsätze 1995 DM die Netto-Grenze von 32.500 DM eindeutig überstiegen.

Ferner war und ist der Kläger gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 UStG verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 UStG Aufzeichnungen zu machen. Auch dies hat er offensichtlich nicht getan.

Ob ihn ein Verschulden an diesen Unterlassungen trifft, ist unerheblich. Der Kläger kann jedenfalls seine Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten nicht auf das FA abwälzen. Insbesondere kann er nicht verlangen, daß das FA seine bei der Staatsanwaltschaft liegenden Unterlagen einsieht (einmal unterstellt, daß es überhaupt Akteneinsicht bekommt), zumal diese Unterlagen unstreitig unvollständig sind (sie umfassen nur die Monate Januar – Mai 1996). Ferner ist das FA keineswegs verpflichtet, in einem Bagatellfall wie demjenigen des Klägers eine Betriebsführung durchzuführen.

Es war daher zulässig, Umsätze und Vorsteuern nach Aktenlage in Anlehnung an die Ergebnisse des Vorjahres zu schätzen.

b) Die sehr maßvolle Schätzung der Umsätze ist nicht zu beanstanden. Dem unsubstantiierten, durch Zahlenmaterial in keiner Weise belegten Einwand des Klägers, seine Frau habe nach seiner Erkrankung im Spätsommer 1996 den Tierbestand „stark reduziert” und er habe aufgrund dieser Erkrankung seine „Hobby-Landwirtschaft” faßt vollständig aufgegeben, hat das FA ausreichend dadurch Rechnung getragen, daß es die Umsätze des Klägers aus Lieferungen und Leistungen 1995 drastisch auf weniger als 1/5 vermindert hat: von 39.338 DM auf 7.000 DM (= 17,8 %). Es widerspricht auch nicht der Wahrscheinlichkeit, daß der Eigenverbrauch 1996 gleich hoch war wie im Vorjahr.

c) Jedoch hat es die abziehbaren Vorsteuern zu stark reduziert: Nämlich von 2.631 DM 1995 (bzw. 1.000 DM lt. Bescheid vom 04.08.1998). auf nur 280 DM. Den wirklichen Verhältnissen wird es eher entsprechen, daß sich die Vorsteuern entsprechend den geschätzten Umsätzen vermindert haben, d.h. auf 17,8 % von 2.631 DM = 468 DM.

3. Die USt 1996 berechnet sic...

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