Entscheidungsstichwort (Thema)

Falsch in den Computer eingegebenes Vorzeichen als offenbare Unrichtigkeit. Zinsen zur Einkommensteuer 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vorzeichen sind „Kommunikationshilfen” zum Umgang mit dem Computerprogramm.

2. Selbst wenn der Sachbearbeiter den Bedeutungsgehalt der Eingabe verkannt hat, ist ein falsch in den Computer eingegebenes Vorzeichen jedenfalls dann als mechanisches Versehen im Sinne von § 129 AO anzusehen, wenn ausgeschlossen werden kann, dass er mit der Eingabe eine – falsche – Rechtsentscheidung umsetzen wollte.

 

Normenkette

AO 1977 § 129

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.07.2007; Aktenzeichen XI R 17/05)

BFH (Urteil vom 11.07.2007; Aktenzeichen XI R 17/05)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte – das Finanzamt (FA) – zur Änderung eines Zinsbescheides wegen offenbarer Unrichtigkeit berechtigt war.

Der Kläger wurde für das Streitjahr 1998 beim FA mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt und erzielte Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten, darunter solche aus selbständiger Arbeit als xxxx in Höhe von xxxxxx und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von – 184.788,–DM.

Im Jahr 1999 erzielten die Kläger einen Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 780.404,–DM. Von diesem Betrag war ein Teilbetrag von 396.981,–DM nicht mit den positiven Einkünften des Verlustjahres verrechenbar, weshalb das FA diesen Verlust auf das Jahr 1998 zurücktrug. Das FA setzte die ESt für das Verlustjahr 1999 mit Bescheid vom 25. August 2000 auf 42.506,–DM fest.

Mit Bescheid vom 31. August 2000 setzte das FA unter Berücksichtigung des Verlustrücktrages aus dem Folgejahr die ESt 1998 auf 285.052,–DM fest. Die nachzuzahlende ESt – nach Abzug von Steuerabzugsbeträgen und vorab geleisteten Vorauszahlungen – hätte im Streitjahr ohne den Verlustrücktrag 318.804,–DM betragen. Durch den Verlustrücktrag aus dem Folgejahr ermäßigte sie sich auf eine Nachforderung von 108.390,–DM.

Bei der Eingabe der Daten für die Berechnung der Nachzahlungszinsen gem. § 233a Abgabenordnung (AO) unterlief der zuständigen Bearbeiterin des FA ein Fehler. Sie gab den betragsmäßig richtigen Teilunterschiedsbetrag für die abweichende Zinsberechnung nach § 233a Abs. 2a, 7 AO statt mit einem negativen Vorzeichen ohne ein Vorzeichen in die hierfür vorgesehene Kennziffer (Kz. 120) im Sachbereich 96 des Rechenprogramms ein. Der Computer berechnete somit die Zinsen unter Zugrundelegung falscher Teilunterschiedsbeträge und errechnete Erstattungszinsen zu Gunsten des Klägers in Höhe von 2.550,–DM (= 1.304,–EUR). Die Zinsfestsetzung wurde mit dem ESt-Bescheid verbunden. Hätte die Bearbeiterin dem Betrag unter Kz. 120 richtigerweise ein negatives Vorzeichen vorangestellt, hätte der Computer Nachzahlungszinsen – zu Lasten des Klägers – in Höhe von 7.970,–DM (= 4.075,–EUR) berechnet.

Im Rahmen einer internen Prüfung der Finanzverwaltung stellte die Kassenprüferin der Oberfinanzdirektion München (OFD), die in der mündlichen Verhandlung als sachverständige Zeugin vernommen wurde, diesen Fehler fest. Zum Prüfungsverfahren machte sie folgende Angaben: Ihr habe zu Beginn der Prüfung eine Liste des Technischen Finanzamtes vorgelegen, die Steuerfälle mit abweichender Zinsberechnung auflistete, also solche, in denen Eingaben im Sachbereich 96 des Programms gemacht worden waren. Sie habe sich nacheinander die Steuerbescheide der Liste auf ihren Bildschirm geholt. Im Streitfall habe sie sofort sehen können, dass die Eingabe in Kz.120 ein falsches Vorzeichen hatte, weil ein Verlustrücktrag vorgenommen worden war (Eintrag in Sachbereich 32, Kz. 20). Um zu überprüfen, ob neben dem falschen Vorzeichen auch der Betrag in Kz. 120 falsch ist, habe sie anhand der Computerdaten – ohne Einblick in die Steuerakten zu nehmen – die Rechenschritte zur Ermittlung dieses Betrages nachvollzogen. Dabei habe sie festgestellt, dass der Betrag in der Höhe richtig berechnet war, er jedoch statt mit negativem Vorzeichen ohne ein solches eingegeben war. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Bei Auswertung der Prüfungsfeststellungen erließ das FA unter dem 18. März 2002 einen geänderten Zinsbescheid, in dem es die Zinsen auf 4.075 EUR (= 7.970,–DM) festsetzte und den Kläger zur Zahlung dieses Betrages zuzüglich des zuvor fälschlich erstatteten Betrages aufforderte. Zum Erlass des Änderungsbescheides hielt sich das FA aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit gem. § 129 AO für berechtigt. Es teilte dem Kläger diesen Berichtigungsgrund im Laufe des Einspruchsverfahrens mit.

Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb in der Einspruchsentscheidung vom 16. Juli 2004 erfolglos. Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter, die Aufhebung des Änderungsbescheids zu erreichen.

Der Kläger trägt vor, die ursprüngliche Zinsfestsetzung sei bestandskräftig. Die Vo...

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