rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustverrechnung bis Null ist kein Verstoß gegen Gleichheitssatz oder Freiheit des Existenzminimums

 

Leitsatz (redaktionell)

Die gesetzliche Regelung, nach der ein Verlust aus den Vorjahren im Gewinnjahr bis auf ein Einkommen von Null zu verrechnen ist, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz oder den Grundsatz, dass dem Steuerpflichtigen das Existenzminimum verbleiben muss.

 

Normenkette

EStG § 10d; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Verlustverrechnung durch Vortrag bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 0,–DM erfolgen durfte oder nur bis zur Höhe des freizustellenden Existenzminimums.

Die Klägerin wird beim Beklagten -dem Finanzamt (FA) -zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Auf den 31. Dezember 1998 hatte das FA einen verbleibenden Verlust von 38.623,–DM festgestellt. Für das Jahr 1999 setzte das FA mit Bescheid vom 16. Januar 2002 eine ESt von 0,–EUR fest. Dabei ging es nach Einigung über streitige Posten im Einspruchsverfahren zuletzt von einem zu versteuernden Einkommen vor Verlustausgleich von 14.332,–DM aus. In dieser Höhe verrechnete es den verbleibenden Verlust zum Ende des Vorjahres, so dass sich nach Verlustverrechnung ein zu versteuerndes Einkommen von 0,–DM ergab. Folgerichtig stellte das FA den verbleibenden Verlustvortrag zur ESt zum 31. Dezember 1999 mit Bescheid vom 21. März 2002 (letzter Änderungsbescheid) wie folgt gesondert fest (in DM):

verbleibender Verlust zum Ende 1998:

38.623,–

abzüglich in 1999 verrechneter Verlust:

-14.332,–

ergibt verbleibenden Verlust zum Ende 1999:

24.291,–.

Die Klägerin will mit Ihrer Klage erreichen, dass der verbleibende Verlustvortrag zum 31. Dezember 1999 um 13.000,–DM höher festgestellt wird. Sie begründet ihren Antrag damit, dass von dem zu versteuernden Einkommen 1999 vor der Verlustverrechnung (14.332,–DM) ein Betrag von 13.000,–DM für das freizustellende Existenzminimum abzuziehen sei. Verluste aus dem Vorjahr könnten somit nur noch in Höhe von 1.332,–DM (14.332,–DM abzüglich 13.000,–DM) verrechnet werden. Entsprechend dem niedrigeren Verlustverbrauch sei der verbleibende Verlust zum Ende 1999 höher festzustellen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 21. März 2002 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur ESt zum 31. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. März 2002 den verbleibenden Verlustabzug auf 37.291,–DM festzustellen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung und verweist auf den aus seiner Sicht eindeutigen Wortlaut des § 10d Abs. 2 EStG und den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet. Das FA hat zutreffend eine Verlustverrechnung bis auf 0,–DM vorgenommen.

1. Auf den am Schluss des Veranlagungszeitraumes 1998 festgestellten verbleibenden Verlustabzug ist § 10d EStG in der Fassung des Gesetzes vom 16. April 1997 (Bundesgesetzblatt Teil I 1997, 821) anzuwenden (§ 52 Abs. 25 EStG 1999). Danach sind nicht zurückgetragene Verluste in den folgenden Veranlagungszeiträumen wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Anders als beim Verlustrücktrag (vgl. § 10d Abs. 1 Satz 4 EStG) sieht das Gesetz beim Verlustvortrag kein Wahlrecht des Steuerpflichtigen vor, das diesem erlaubte, die Höhe der Verrechnung zu bestimmen. Diese gesetzliche Regelung stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar (ebenso Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 18.12.1990 VIII R 7/87, BFH/NV 1991, 520, m.w.N.).

2. Der Verlustvortrag ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut auch in Veranlagungszeiträumen zwingend vorzunehmen, in denen der Steuerpflichtige ein Einkommen unterhalb des Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hat. Die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Entscheidung vom 25.09.1992 2 BvL 5/91, 8/91 und 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413 zur Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages entwickelt hat, bedingen nicht eine vom Wortlaut abweichende Auslegung. Nach diesen Grundsätzen muss dem der ESt unterworfenen Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen so viel verbleiben, als er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts bedarf. Die Höhe des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums hängt von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf ab. Der Steuergesetzgeber muss dem Einkommensbezieher von seinen Erwerbsbezügen zumindest das belassen, was er dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt.

Im Fall des Verlustvortrages greift der Steuerfiskus nicht nach dem zu verschonenden Existenzminimum. Der Klägerin bleibt im Vortragsjahr 1999 ein Betrag von 14.332,–DM und damit ein über dem Existenzminimum liegender Betrag vor ...

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