Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Teilwertabschreibung von Aufgeldern börsennotierter festverzinslicher Wertpapiere. Rückstellung für zukünftige Kosten der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen durch Bilanzänderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Marktübliche Kursschwankungen von Aktien und Anleihen innerhalb einer gewissen Bandbreite lassen nicht den Schluss auf eine zur Vornahme einer Teilwertabschreibung berechtigende dauerhafte Wertminderung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 zu (Anschluss an FG Münster v. 31.8.2010. 9 K 3466/09; Az des Revisionsverfahrens: I R 89/10).

2. Ohne Emittentenrisiko über-Pari erworbene börsennotierte festverzinsliche Wertpapiere mit einem Rückzahlungstermin in neun oder mehr Jahren berechtigen nicht bereits bei der erste Börsenkursbewegung nach unten, mit der das bezahltes Aufgeld (Agio) aufgezehrt wird, zur Teilwertminderung in Höhe des Aufgeldes.

3. Ob der Kursrückgang eines Wertpapiers nur als übliche Schwankung oder als dauerhafte Wertminderung anzusehen ist, kann nur anhand der Verhältnisse des Einzelfalls beurteilt werden.

4. Eine Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen kann nicht gebildet werden, wenn eine Bilanzberichtigung gem. § 4 Abs. 2 S. 1 EStG wegen zulässiger Bilanzansätze ebenso ausscheidet wie eine Bilanzänderung, weil ein enger zeitlicher Zusammenhang nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG bei einer mehrere Jahre zurückliegenden Bilanzberichtigung ausscheidet.

 

Normenkette

EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2; EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 4 Abs. 2 S. 2; EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 5 Abs. 1; EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 52 Abs. 16; HGB § 249 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin im Veranlagungszeitraum … (Streitjahr) eine Teilwertabschreibung auf börsennotierte fest verzinsliche Wertpapiere des Anlagevermögens vornehmen kann.

Die Klägerin ist eine …Bank … und als Kreditinstitut tätig.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung … stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin zum … bei einer Reihe von festverzinslichen Wertpapieren des Anlagevermögens mit Restlaufzeiten von … Jahren erstmalige Teilwertabschreibungen auf den jeweiligen Börsenkurs vorgenommen hatte. Soweit dadurch der handelsbilanzielle Buchwert unter 100 % des Nennwertes sank, wurde steuerbilanziell eine Zuschreibung auf 100 % vorgenommen. Die Anschaffungskosten der Wertpapiere des Anlagevermögens, auf die eine Teilwertabschreibung vorgenommen wurde, betrugen … DM, die Teilwertabschreibung für … betrug … DM, so dass sich zum … ein Buchwert in der Steuerbilanz für diese Wertpapiere des Anlagevermögens von … DM … ergab. Im Ergebnis hat die Klägerin somit die beim Erwerb der festverzinslichen Wertpapiere über den Rückzahlungsbetrag hinaus gezahlten Aufgelder bei × Wertpapieren in voller Höhe und bei einem Wertpapier teilweise wertberichtigt.

Der Jahresabschluss der Klägerin wurde am … aufgestellt, am … wurde das Testat … und am … wurde der Jahresabschluss festgestellt. Weiter stellte die Betriebsprüfung fest, dass die Klägerin im Veranlagungszeitraum … auf diesen Wertpapierbestand eine Wertaufholung in Höhe von … vorgenommen hatte und sich somit zum … in der Steuerbilanz ein Buchwert in Höhe von … DM ergab.

Die Betriebsprüfung erkannte die Teilwertabschreibung auf die festverzinslichen Wertpapiere des Anlagevermögens zum … in Höhe von … DM nicht an, da bei festverzinslichen Wertpapieren des Anlagevermögens eine Teilwertabschreibung nur dann möglich sei, wenn der Börsenkurs aufgrund einer nachhaltigen Änderung des Zinsniveaus unter den maßgeblichen Buchwert gesunken sei. Kursschwankungen dagegen seien nur eine vorübergehende Wertminderung und könnten nicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts führen.

Aufgrund der Prüfungsfeststellungen erließ das Finanzamt (FA) am … einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für …, wobei der Vorbehalt der Nachprüfung im vorgehenden Bescheid vom …aufgehoben wurde. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom … Einspruch ein, der sich nur gegen die Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung richtete. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wurde auch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen zur Auslegung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen zur „Neuregelung der Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002; voraussichtlich dauernde Mehrminderung; Wertaufholungsgebot; steuerliche Rücklage nach § 52 Abs. 16 EStG” eingeschaltet. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass in den Fällen des „Über-Pari-Kaufs” eine Teilwertabschreibung bis auf den Einlösebetrag zulässig ist, wenn das Absinken des Kurses (ggf. unter den Einlösebetrag) auf einer nachhaltigen Änderung des Zinsniveaus basiert. Die Frage, ob eine solche nachhaltige Änderung des Zinsniveaus gegeben ist, könne nur aus der Sicht am Bilanzstichtag un...

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