Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1992

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens bis zum Erlaß des Änderungsbescheids vom 2. Januar 1996 haben der Kläger 85 v.H. und der Beklagte 15 v.H. zu tragen. Die übrigen Kosten des Verfahrens hat der Kläger allein zu tragen.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der am … Januar 1964 geborene Sohn des Klägers wurde von September 1983 bis August 1986 zum Finanzbeamten im gehobenen Dienst ausgebildet. In der Folgezeit leistete er den Grundwehrdienst ab und war zwei Jahre als Steuerinspektor tätig. Seit 1. Oktober 1990 studiert an der Universität Innsbruck Theologie.

Für das Streitjahr (1992) ließ der Beklagte (das Finanzamt) zunächst einen Ausbildungsfreibetrag nach § 33 a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) von 3.500 DM zum Abzug zu. Einen Unterhaltsfreibetrag und einen Kinderfreibetrag zog das Finanzamt nicht ab.

Mit der Sprungklage, der das Finanzamt zugestimmt hat, macht der Kläger einen Unterhaltsfreibetrag nach § 33 a Abs. 1 EStG von 4.104 DM geltend. Da sein Sohn den Grundwehrdienst abgeleistet habe, brauche die Zwangsläufigkeit der entstandenen Aufwendungen für den Unterhalt des Sohnes und dessen Berufsausbildung nicht geprüft zu werden. Im übrigen sei Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen zu bejahen. Da der Sohn seine erste Ausbildung zum großen Teil selbst finanziert habe, hätte es die familiären Beziehungen schwer belastet, wenn er – der Kläger – die finanzielle Unterstützung bei dem Studium verweigert hätte. In der Praxis der Finanzämter werde in vergleichbaren Fällen der Unterhaltsfreibetrag ohne weitere Prüfung gewährt. Im Streitfall könne nicht anders entschieden werden.

Dem weiteren Begehren des Klägers, den Ausbildungsfreibetrag auf 4.200 DM zu erhöhen, gab das Finanzamt mit dem Änderungsbescheid vom 2. Januar 1996 statt. Mit diesem Bescheid setzte es die Einkommensteuer für das Streitjahr nach der Grundtabelle auf 13.459 DM fest. Der Änderungsbescheid wurde auf rechtzeitig gestellten Antrag des Klägers Gegenstand des Verfahrens (§ 68 Finanzgerichtsordnung –FGO–).

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuer für 1992 auf 12.092 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Das Finanzamt hat zu Recht die geltend gemachten Aufwendungen für den Unterhalt und die Berufsausbildung des Sohnes nicht nach § 33 a Abs. 1 EStG abgezogen.

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 EStG) Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer Person, für die weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag hat, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, daß die Aufwendungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, und zwar im Kalenderjahr – bezogen auf den Streitfall – für eine Person, für die der Steuerpflichtige die Voraussetzungen für einen Ausbildungsfreibetrag nach § 33 a Abs. 2 EStG erfüllt, bis zu 4.104 DM (§ 33 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG).

Anders als die nach § 33 a Abs. 2 EStG zu berücksichtigenden Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes müssen die Aufwendungen nach § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut zwangsläufig i. S. des § 33 Abs. 2 EStG erwachsen. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

b) Der Kläger war rechtlich nicht verpflichtet, seinem Sohn für das Theologiestudium Unterhalt zu gewähren.

aa) Der Unterhalt, den Eltern nach §§ 1601 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ihren Kindern schulden, umfaßt nach § 1610 Abs. 2 BGB den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Haben Eltern ihre Pflicht, die ihrem Kinde geschuldete Ausbildung zu gewähren, in rechter Weise erfüllt und hat das Kind hiernach den Abschluß einer Ausbildung erlangt, dann sind die Eltern dieser Unterhaltspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Sie sind grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Kind danach noch eine zweite Ausbildung zu finanzieren. Insbesondere besteht eine solche Verpflichtung nicht schon deshalb, weil und wenn dem Kinde hierfür eine staatliche Ausbildungsförderung zuteil wird. Unerheblich ist, wie hoch die von den Eltern für die erste Berufsausbildung aufzuwendenden Kosten gewesen waren (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. Juni 1977 IV ZR 48/76, BGHZ 69, 190; Palandt/Diederichsen, BGB, 55. Aufl., § 1610 Rz. 57). Eine Pflicht der Eltern, eine zweite Ausbildung zu finanzieren, besteht nur ...

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