Entscheidungsstichwort (Thema)

vGA. Zuflusszeitpunkt einer Vergütung an den beherrschenden Gesellschafter. keine wirtschaftliche Verfügungsmacht des beherrschenden Gesellschafters bei Zahlungsunfähigkeit der GmbH. Leistungsverweigerungsrecht der GmbH

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine vGA ist dem beherrschenden Gesellschafter bereits mit der Fälligkeit der gegen die zahlungsfähige Kapitalgesellschaft gerichteten eindeutigen und unbestrittenen Forderung zugeflossen; denn ein beherrschender Gesellschafter kann über die von der Gesellschaft geschuldete Vergütung mit deren Fälligkeit verfügen, da er es ab diesem Zeitpunkt in der Hand hat, sich die fälligen Beträge auszahlen zu lassen.

2. Bei Zahlungsunfähigkeit der GmbH kann von einer solchen wirtschaftlichen Verfügungsmacht des beherrschenden Gesellschafters nicht mehr gesprochen werden. Dies ist vor dem „Zusammenbruch” der GmbH im Regelfall zu verneinen, so lange ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gestellt wurde.

3. Eine unbestrittene Leistungsverpflichtung der GmbH besteht nur, wenn dieser kein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Ein solches Leistungsverweigerungsrecht besteht bei einer Rangrücktrittsvereinbarung, hinsichtlich des die vGA begründenden Tantiemeanspruchs.

Ein Leistungsverweigerungsrecht steht der GmbH auch dann zu, wenn die Tantiemezahlung nur unter Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot des § 30 Abs. 1 GmbH erfolgen kann.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 11 Abs. 1 S. 1; GmbHG §§ 32a, 30 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.12.2011; Aktenzeichen VIII B 46/11)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids für 2000 vom 29. Juli 2008 wird die Einkommensteuer auf 189.695,42 EUR herabgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 46/100 und der Beklagte zu 54/100.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Streitjahr eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zugeflossen ist.

I.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Klägerin ist die Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der […] (GmbH), die einen Großhandel mit pharmazeutischen Erzeugnissen betreibt. Im Dienstvertrag der Klägerin ist vereinbart, dass sie einen Jahresbonus erhält, der abhängig vom Unternehmensgewinn vor Steuern gemäß der Handelsbilanz ist. Die Tantieme wird am 30. Juni des folgenden Jahres, frühestens mit der Feststellung des Jahresabschlusses, zur Zahlung fällig. Der Kläger ist bei der GmbH angestellt.

In der […] 2002 abgegebenen Einkommensteuererklärung für 2000 war bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ein Bruttoarbeitslohn für die Klägerin in Höhe von 263.894 DM und für den Kläger in Höhe von 215.916 DM erklärt. Mit Einkommensteuerbescheid 2000 vom 13. Februar 2003 folgte der Beklagte – das Finanzamt (FA) – den Angaben in der Einkommensteuererklärung.

Bei der GmbH fand in der Zeit von Mai 2004 bis November 2005 eine steuerliche Außenprüfung statt. Die Betriebsprüferin fertigte am 25. Oktober 2005 aufgrund der bei der GmbH durchgeführten steuerlichen Außenprüfung eine Kontrollmitteilung an das FA. Die Betriebsprüferin war der Auffassung, dass der Klägerin als beherrschender Gesellschafterin der GmbH im November 2000 eine Tantieme für das Jahr 1999 in Höhe von 750.000 DM zugeflossen sei und dass die Tantieme als vGA zu behandeln sei. Die Bilanz der GmbH für 1999 sei im November 2000 festgestellt worden und darin sei aufgrund des guten Geschäftsergebnisses eine Tantiemeverbindlichkeit für die Klägerin in Höhe von 750.000 DM und für den Kläger in Höhe von 200.000 DM eingestellt gewesen. Am 31. März 2000 und am 14. Juli 2000 seien auf die Tantieme der Klägerin aconto-Zahlungen in Höhe von 80.000 DM und 50.000 DM geleistet worden. Zu weiteren Auszahlungen sei es wegen der schlechten Geschäftsentwicklung nicht mehr gekommen. Mit einer Zinsvereinbarung vom 10. Januar 2001 sei von der Klägerin über den Tantiemeanspruch wirtschaftlich verfügt worden; es sei die Auszahlung des Tantiemeanspruchs gestundet worden und eine Verzinsung ab dem 1. Januar 2001 in Höhe von 2% per anno (p.a.) vereinbart worden. Hinsichtlich der Zahlung an die Klägerin über den Betrag von 130.000 DM sei am 10. Januar 2001 ein mit 5,5% p.a. verzinsliches Darlehen der GmbH an die Klägerin vereinbart worden. Um eine Überschuldung der GmbH zu vermeiden, sei gegenüber der Hausbank der GmbH bezüglich der Tantiemeforderung für 1999 für beide Kläger am 18. September 2002 ein Rangrücktritt erklärt worden.

Das FA folgte der in der Kontrollmitteilung geäußerten Rechtsauffassung der Betriebsprüferin und änderte mit Einkommensteuerbescheid vom 10. November 2005 die Einkommensteuerfestsetzung für 2000 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) un...

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