Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterung einer Prüfungsanordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Frage, ob eine Prüfungsanordnung erweitert werden darf, bedarf es weder seitens des FA noch seitens des Finanzgerichts einer abschließenden Prüfung der sich aus den Feststellungen der beabsichtigten Außenprüfung ergebenden materiell-rechtlichen Fragen.

2. Im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung vom 20. August 2014 als der maßgeblichen letzten Verwaltungsentscheidung war der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit gegeben. Das Strafverfahren war bereits eingeleitet.

Die Ausdehnung einer Betriebsprüfung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen (§ 4 Abs. 2 BpO) setzt bei einem Mittelbetrieb – wie dem der Antragstellerin (Tabakbörse) – voraus, dass mit Mehrsteuern von mindestens 3.000 DM (d.h. 1.533,87 Euro) für das Kalenderjahr zu rechnen ist.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3 S. 1 Hs. 2, Abs. 2 S. 2, § 102; AO §§ 5, 193 Abs. 1, § 194 Abs. 1, § 196; BpO 2000 § 4 Abs. 3, §§ 13, 19

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Hauptsacheverfahren (2 K 2529/14) der Erlass von erweiterten Prüfungsanordnungen für die Jahre 2001 bis 2008.

Mit Prüfungsanordnungen vom 20. März 2013 ordnete der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) eine steuerliche Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) bei der Antragstellerin an, die sich auf die Einkommensteuer (einschließl. ges. Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum Schluss des Veranlagungszeitraums), die Umsatzsteuer sowie die Gewerbesteuer hinsichtlich der Betriebe der Antragstellerin – Einzelhandel mit Tabakwaren, Lotto und Zeitschriften – Tabakbörse – sowie Transporte (einschließl. ges. Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes 31. Dezember) – jeweils für die Jahre 2009 bis 2011 erstreckte. Der Betrieb Tabakbörse befand sich in X, der Betrieb Transporte in Y (vgl. GuV für 2009 bis 2011).

Die Nachkalkulation der im Tabakhandel erklärten Umsätze auf Basis der Wareneinkäufe durch den Prüfer ergab, dass Umsätze i.H.v. ca. 30.000 EUR 2009, ca. 42.000 EUR 2010 und ca. 38.000 EUR 2011 nicht erklärt worden sind (vgl. Bl. 358 ff. der Handakte des Prüfers). Der Neuberechnung der Umsätze lag die Feststellung des Prüfers zugrunde, dass auf den Einkaufsrechnungen für Tabak und Zeitschriften überwiegend der Verkaufspreis angegeben war. Die Höhe dieser Umsätze ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit Verfügung vom 3. Juli 2013 der Bußgeld- und Strafsachenstelle des FA … wurde ein Strafverfahren gegen die Antragstellerin eingeleitet (vgl. Bl. 86 Handakte des Prüfers).

Mit Bescheiden vom 22. Juli 2013 erweiterte das FA die Prüfungsanordnungen vom 20. März 2013 auf die Jahre 2001 bis 2008. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums begründete das FA damit, dass mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei und der Verdacht der Steuerhinterziehung bestehe. Gleichzeitig verwies es auf die Einleitung des Steuerstrafverfahrens.

Mit Verfügung vom 16. Oktober 2013 lehnte das FA die beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Bescheide über die Erweiterung der Prüfungsanordnungen ab. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 der Betriebsprüfungsordnung 2000 (BpO 2000) könne ein Prüfungszeitraum über die üblichen drei Jahre hinausgehen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei oder der Verdacht einer Straftat bestehe. Aufgrund der Nachberechnung der Einnahmen für die Jahre 2009 bis 2011 habe sich gezeigt, dass nicht alle Einnahmen in der Buchführung erfasst worden seien. Es müsse davon ausgegangen werden, dass auch die Einnahmen in früheren Jahren nicht vollständig seien.

Unter teilweiser Berücksichtigung der Einwände der Antragstellerin in den Schreiben vom 10. Januar 2014 und vom 20. Mai 2014 ergab die Neuberechnung der Umsätze für 2011 durch den Prüfer immer noch eine verbleibende Differenz zwischen den kalkulierten und erklärten Erlösen netto von 21.712,33 EUR (vgl. Bl. 443 der Handakte des Prüfers; Antwortschreiben des Prüfers vom 27. Februar 2014 und vom 4. Juni 2014, Bl. 424 ff. und Bl. 441 ff. der Handakte des Prüfers). Die verbleibende Differenz bei den Erlösen betrug im Verhältnis zum erklärten Umsatz 3,15 %. Dementsprechend ergaben sich für 2009 Mehrerlöse von 19.149 EUR und für 2010 von 20.702 EUR (vgl. Bl. 442 der Handakte des Prüfers).

Darüber hinaus stellte der Prüfer fest, dass der Betrieb Transporte seit 2008 wegen eines Bandscheibenvorfalls des Ehemanns der Antragstellerin, der der einzige Fahrer des einzigen Lkw gewesen sei, eingestellt worden sei. Die Zugmaschine des Lkw sei 2008 verkauft worden. Es seien aber weiterhin Aufwendungen geltend gemacht worden, u.a. für die ab 2007 für 11.400 EUR netto/Jahr angemietete 300 qm große Halle in Y. Die Mietkosten für die Halle in Y stellten keine Betriebsausgaben der Betriebe der Antragstellerin dar. Bei der Ortsbesichtigung seien keine Waren und Gerätschafte...

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