Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzzahlung, Veranlassungszusammenhang, Bindungswirkung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Schadensersatzzahlungen eines Steuerpflichtigen können auch bei schuldhaften, vorsätzlich begangenen Straftaten und auch bei einer Verurteilung ausnahmsweise als Erwerbsaufwendungen anzusehen und damit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sein.

2) Hat der Steuerpflichtige die die Ersatzpflicht auslösende Tat zwar in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangen, sich in diesem Zuge jedoch auch persönlich bereichert, liegen dem Handeln auch erhebliche private Gründe zu Grunde. In diesem Fall ist keine ausschließliche berufliche Veranlassung der Ersatzleistung gegeben und ein Abzug der Zahlungen als Werbungskosten ausgeschlossen.

3) Eine Bindung der Finanzbehörde durch verbindliche Zusage, tatsächliche Verständigung oder nach Treu und Glauben erfordert die Beteiligung eines für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträgers (Vorsteher oder Sachgebietsleiter). Äußerungen des Betriebsprüfers, Berichte oder Mitteilungen der Außenprüfung begründen grundsätzlich keine Bindung.

 

Normenkette

EStG § 12 Nrn. 1, 4; AO §§ 40, 89 Abs. 2, § 204; EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.10.2016; Aktenzeichen VI R 27/15)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit erklärten Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind. Der Kläger erzielte im Streitjahr als Geschäftsführer der A lnvest. und Beteiligungs mbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die von ihm erklärten Werbungskosten stehen allerdings im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit als Vorstand der B AG. Der Kläger war vom ….1995 bis zum ….1998 Vorstandsmitglied der B AG. Über die 1994 gegründete B AG sollte die Einrichtung von Seniorenheimen finanziert werden.

Der Kläger hatte zunächst am ….1995 50 % der Aktien der B AG zu einem Preis von 189.266,67 DM erworben. An einer Kapitalerhöhung der B AG auf 30.000.000 DM nahm der Kläger nicht teil. Der Kläger besaß zunächst 1.000.000 Aktien der B AG. Im Jahre 1998 war der Kläger lediglich noch im Besitz von 200.000 Aktien, die er am ….1998 zum Preis von 30 DM je Aktie verkaufte, wobei die Dividende vereinbarungsgemäß noch dem Kläger zustehen sollte. Aus dieser Aktienbeteiligung floss dem Kläger eine Dividendenzahlung für das Geschäftsjahr 1997 in Höhe von 120.000 DM (60 Pfennig je Aktie) zu. Mit Ablauf des ….1998 schied der Kläger aus dem Vorstand der B AG aus. Der Kläger war für die B AG aber noch vom ….1998 bis zum ….1998 aufgrund eines Beratervertrages tätig. Der neue Vorstand erstattete am ….1999 Strafanzeige gegen Mitglieder des alten Vorstands. Der Kläger wurde mit Urteil des Landgerichts (LG) H vom ….2003, Az. 1, wegen Kapitalanlagebetruges, unrichtiger Darstellung der Vermögensverhältnisse der B AG und Untreue zum Nachteil der B AG zu 18 Monaten Gesamtfreiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Am ….2001 hatte der damalige Vorstandsvorsitzende der B AG wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag gestellt. Der Insolvenzverwalter der B AG klagte gegen den Kläger, zwei weitere frühere Vorstandsmitglieder (Herr D. und Herr N.) sowie gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen des vierten früheren Vorstandsmitglieds K. auf Schadensersatz. Zur Begründung verwies der Insolvenzverwalter darauf, dass die Beklagten zum 31.12.1997 eine falsche Bilanz für die B AG erstellt hätten und als Folge auch zum 31.12.1998 eine falsche Bilanz erstellt worden sei. Die unzutreffenden Bilanzen hätten zu einer Dividendenausschüttung der B AG für die Jahre 1997 und 1998 geführt, obwohl in diesen Jahren tatsächlich kein Gewinn erzielt worden sei. Mit Urteil vom ….2007, Az. 2, entschied das LG H, dass der Rechtsstreit vergleichsweise durch Einigung mit dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des vierten Vorstandsmitglieds erledigt sei und die drei anderen ehemaligen Vorstandsmitglieder, u.a. auch der Kläger, als Gesamtschuldner einen Schadensersatz von 5.766.401 € an den Insolvenzverwalter über das Vermögen der B AG zu zahlen hätten. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der von der B AG für 1997 ausgeschütteten Dividende in Höhe von 4.200.000 DM, der für 1998 ausgeschütteten Dividende von 7.000.000 DM und den Kosten für die Feststellung der Nichtigkeit der Jahresabschlüsse 1997 und 1998 sowie die Nachtragsprüfung dieser Jahresabschlüsse. Im Strafurteil 1 war hierzu ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass der Kläger bei der Erstellung des unzutreffenden Jahresabschlusses 1997 vorsätzlich gehandelt habe.

Gegen das Urteil des LG H 2 legten der Kläger und das weitere frühere Vorstandsmitglied Herr N. Berufung vor dem Oberlandesgericht E ein. Der Kläger strebte einen Vergleich mit dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der B AG an. Dieser kam aber nur gemeinsam mit Herrn N. in Betracht. Herr N. erklärte sich mit dem Abschluss des Vergleiches nur einverstanden, wenn der Kläger al...

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