Leitsatz (amtlich)

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.02.1998; Aktenzeichen XI R 47/97)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beklagte zu einer Änderung der bestandskräftigen Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr verpflichtet ist oder ob einer Änderung auf der Basis der maßgeblichen Tatsachen das grobe Verschulden des Klägers hinsichtlich des verspäteten Bekanntwerdens dieser Tatsachen entgegensteht.

Der Kläger war von Ende … bis Anfang … freiberuflich als Rechtsanwalt in … tätig. Im … wurde ein vorläufiges Berufsverbot gegen den Kläger verhängt. Im … verzichtete der Kläger auf seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Daraufhin wurde … Rechtsanwalt … als Kanzleiabwicklerin im Sinne des § 55 BRAO bestellt. Die vom Präsidenten des Oberlandesgerichts … ausgesprochene Bestellung war zunächst bis zum … befristet (Bl. 74 d. A.). Sie wurde auf Antrag der Abwicklerin im … bis zum … verlängert (Bl. 100 d. A.). Eine weitere Verlängerung der Bestellung zur Abwicklerin ist nicht erfolgt. Die Abrechnung der Abwicklerin gegenüber der Rechtsanwaltskammer in … fand bis … statt. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftliche Auskunft der Abwicklerin vom 06.03.1996 (Bl. 99 d. A.) Bezug genommen. Die Abwicklerin hat auf telefonische Nachfrage des Berichterstatters bestätigt, daß in dem Schreiben die Jahre … und … versehentlich verwechselt worden seien (Bl. 120 d. A., Rückseite).

Der Kläger ist nach Lage der Akten zumindest seit … nicht mehr im Bezirk des Beklagten wohnhaft. Zumindest seit … korrespondiert er mit dem Beklagten unter einer Adresse im Amtsbereich des Finanzamts … im Sommer und Herbst korrespondierte der Kläger mit der Lohnsteuerstelle des Beklagten. Im Rahmen dieses Schriftverkehrs erklärte der Kläger eindeutig, daß er seine selbständige Tätigkeit im … eingestellt habe. Im Rahmen seiner weiteren Korrespondenz mit dem Beklagten wies der Kläger die Vollstreckungsstelle darauf hin, daß bezüglich seiner Kanzlei eine Abwicklerin bestellt worden und er selbst nichtselbständig tätig sei. Wegen der Einzelheiten des Schriftverkehrs wird auf die bei den Prozeßakten befindlichen Ablichtungen Bezug genommen.

Im … versandte die Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen eine maschinell erstellte Aufforderung zur Abgabe der Einkommen- und Umsatzsteuererklärung für 1989. Die Aufforderung war an die frühere Adresse des Klägers in … gerichtet und wurde von der Abwicklerin an den Kläger weitergeleitet.

Aus dem streitbefangenem Änderungsantrag des Klägers kann ersehen werden, daß dieser in der Folgezeit mit der Erlaß- und Stundungsstelle korrespondiert hat.

Die vom Beklagten vorgelegten Steuerakten, die ausschließlich die Umsatzsteuerunterlagen für das Streitjahr 1989 umfassen, lassen nicht erkennen, daß der Beklagte vor … irgendwelche Maßnahmen im Hinblick auf die Umsatzbesteuerung des Klägers für das Streitjahr 1989 vorgenommen hat (Für die Einkommensteuer muß zumindest seit … das Finanzamt … zuständig geworden sein.).

Unter dem … erließ der Beklagte einen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 1989, mit dem die Umsatzsteuer unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen auf … DM festgesetzt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Umsatzsteuerbescheid Bezug genommen.

Mit Schreiben vom … beantragte der Kläger – nachdem er sich bereits im … irrtümlich an das Finanzamt gewandt hatte (Bl. 19 d. A.) – beim Beklagten die Änderung des streitbefangenen Umsatzsteuerbescheides für 1989 gemäß § 173 AO. Zur Begründung trug der Kläger vor, daß die Kanzleiabwicklung erst im Jahr … beendet worden sei, so daß er erst seit kurzer Zeit wieder im Besitz der Buchhaltungsunterlagen sei. Diese habe er an seinen Steuerberater weitergegeben, der die einschlägige Steuererklärung erstellen werde.

Weiterhin wies der Kläger darauf hin, daß er davon ausgegangen sei, daß die Steuererklärung durch die Kanzleiabwicklerin abgegeben worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Antragsschriftsatz Bezug genommen. Die Steuererklärung ging am … beim Beklagten ein.

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides mit Verfügung vom … ab. Zur Begründung führte er aus, daß keine neuen Tatsachen im Sinne des § 173 AO vorlägen und den Kläger ein grobes Verschulden träfe, da er sich an die Kanzleiabwicklerin hätte wenden können, um in den Besitz der Unterlagen zu gelangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfügung Bezug genommen.

Dagegen wendete sich der Kläger mit fristgerecht erhobenem Einspruch, mit dem er sich gegen die Begründung des Beklagten wandte. Er vertrat darin insbesondere die Auffassung, daß die Tatsache, daß ihm die Buchhaltungsunterlagen wegen der Kanzleiabwicklung nicht zur Verfügung gestanden hä...

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