Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass von Nachzahlungszinsen bei freiwilliger Zahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift in Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO ist nicht zu beanstanden, soweit danach ein Erlass von Nachzahlungszinsen bei einer vorzeitigen Zahlung nur für jeweils volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung in Betracht kommt.

 

Normenkette

AO §§ 233a, 5; FGO § 102; AO § 227

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.11.2013; Aktenzeichen X R 22/11)

BFH (Urteil vom 07.11.2013; Aktenzeichen X R 22/11)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, gegenüber dem Kläger festgesetzte Nachzahlungszinsen für den Monat Januar 2010 in Höhe von 2.731,25 EUR wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen.

Der Kläger erhielt im Dezember 2009 Mitteilung darüber, dass ihm aus einer Beteiligungsgesellschaft aufgrund einer dort durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2003 nachträgliche Einkommenserhöhungen zugerechnet werden und es daher zu Nachzahlungen zur Einkommensteuer und den entsprechenden Folgesteuern kommen werde.

Um die weitere Entstehung von Nachzahlungszinsen zu begrenzen, zahlte der Kläger nach Hochrechnung der voraussichtlichen Nachzahlungsbeträge am 21.01.2010, beim Beklagten am 25.01.2010 eingegangen, freiwillige Vorauszahlungen auf die Einkommensteuernachzahlung für die Jahre 2001 bis 2003, und zwar für 2001 in Höhe von 365.950 EUR, für das Jahr 2002 in Höhe von 129.650 EUR und für das Jahr 2003 in Höhe von 44.640 EUR, mithin in Höhe von insgesamt 520.240 EUR.

Mit Datum vom 29.01.2010 änderte der Beklagte die Bescheide zur Einkommensteuer 2001 bis 2003 gemäß § 164 Abs. 2 AO.

Dabei wurden zur Einkommensteuer 2001 Zinsen in Höhe von 151.884,50 EUR festgesetzt, und zwar von einem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 370.450 EUR für die Zeitdauer vom 01.04.2003 bis zum 01.02.2010, mithin für 82 volle Monate zu 0,5 % = insgesamt 41 %.

Für die Einkommensteuer 2002 wurden Zinsen in Höhe von 48.815 EUR festgesetzt, und zwar von einem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 130.900 EUR für die Zeitdauer vom 01.04.2004 bis zum 01.02.2010, mithin für 70 Monate zu 0,5 % = 35 %.

Für die Einkommensteuer 2003 wurden Zinsen in Höhe von 13.021 EUR festgesetzt, und zwar von einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 44.900 EUR für die Zeitdauer vom 01.04.2005 bis zum 01.02.2010, mithin für 58 volle Monate zu 0,5 % = 29 %.

Am 05.02.2010 beantragte der Kläger die Herabsetzung der Nachzahlungszinsen für die Jahre 2001 bis 2003. Dabei machte er geltend, dass aufgrund seiner freiwilligen Zahlung nach Nr. 70.1.2 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 233 a AO ein Erlass der festgesetzten Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit zu erfolgen habe.

Nach Nr. 70.1.2 AEAO zu § 233 a AO seien Nachzahlungszinsen nur für den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben. Der Eingang der freiwilligen Leistung sei zum 25.01.2010 erfolgt, die Nachzahlungszinsen seien ausweislich der vorgenannten Bescheide bis zum 01.02.2010 berechnet worden.

Hieraus ergebe sich für die Zinsen zur Einkommensteuer 2001 ein Erlassbetrag in Höhe von 1.852,25 EUR, für die Zinsen zur Einkommensteuer 2002 ein Erlassbetrag in Höhe von 654,50 EUR und für die Zinsen zur Einkommensteuer 2003 ein Erlassbetrag in Höhe von 224,05 EUR. Diese Beträge sind zwischen den Beteiligten rechnerisch unstreitig.

Dieser Erlassantrag des Klägers wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 04.03.2010, der ohne Rechtsbehelfsbelehrung erging, abgelehnt. Dabei stellte der Beklagte darauf ab, dass nach Nr. 70.1.2 AEAO zu § 233 a AO ein Erlass bei einer vorzeitigen Zahlung nur für jeweils volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung in Betracht komme. Die Beträge in Höhe von 540.240 EUR sei seitens des Klägers am 25.01.2010 gezahlt worden. Die Steuerfestsetzungen zur Einkommensteuer 2001 bis 2003 im Rahmen der Änderungsbescheide seien am 01.02.1010 wirksam geworden. Damit sei der für einen Erlass relevante Zeitraum kürzer als ein Monat.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, der vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 29.04.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass zwar ausnahmsweise im Falle einer vorzeitig erfolgten und vom Finanzamt angenommenen und behaltenen Zahlung ein Erlass von Nachzahlungszinsen geboten sei. Dies setze allerdings nach den Regelungen in Nr. 70.1.2 AEAO zu § 233 a AO voraus, dass bei einer erst nach Beginn des Zinslaufs erbrachten Leistung ein voller Monat bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung erreicht worden sei. Diese Voraussetzung sei aber im Streitfall aus dem im angefochtenen Verwaltungsakt zutreffend erläuterten Gründen nicht erfüllt.

Im Rahmen seiner hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass die Finanzverwaltung sich nicht allein auf die Regelungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung stützen könne, sondern den ihr eingeräumten Ermessensspielraum unter vollständiger Aufk...

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