Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskosten zur Anpassung der Unterhaltsverpflichtung nach § 323 ZPO können als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein

 

Leitsatz (amtlich)

Die Prozesskosten einer aktiv geführten Klage auf Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung können in der notwendigen Höhe als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein, wenn dem Steuerpflichtigen keine andere Möglichkeit zur Verfügung gestanden hat, die Verpflichtung auf ein nach seinen geänderten Einkommensverhältnissen tragbares Maß herabzusetzen. Wieviel Zeit zwischen Scheidung und Prozess vergangen ist, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2 S. 1; ZPO § 91 Abs. 2 S. 3, §§ 91a, 323

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob die Kosten einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO außergewöhnliche Belastungen darstellen.

Der Kläger bezog vor dem Streitjahr als Vertriebsdirektor auf internationaler Ebene Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben betätigte er sich ab 1982 – zunächst mit Verlusten – als freiberuflicher Wirtschaftsberater. Die nichtselbständige Arbeit endete mit Ablauf des Monats März 1983 aufgrund vorgezogener Firmenpensionierung. Entsprechend bezieht er seitdem eine Pension.

Die Ehe des Klägers wurde bereits im September 1970 geschieden. Seinerzeit verpflichtete sich der Kläger zur Unterhaltszahlung an seine geschiedene Ehefrau in Höhe von 1.100,– DM monatlich. Diesen Betrag bezahlte er während des gesamten aktiven Berufslebens.

Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte er „Scheidungsfolgekosten” in Höhe von 6.884,– DM als außergewöhnliche Belastung geltend. Nach seiner Aufstellung betrugen die Anwaltskosten 6.466,– DM und die Reisekosten (104,– + 236,– + 78,– =) 418,– DM. Als außergewöhnliche Belastungen erkannte der Beklagte jedoch nur verschiedene nachgewiesene Krankheitskosten in Höhe von 1.117,– DM an, die sich aufgrund der zumutbaren Eigenbelastung nur mit 194,– DM auswirkten.

Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, er habe durch einen Prozeß den bestehenden Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau abgewehrt. Nach der Pensionierung habe er nicht mehr den gleichen Unterhalt zahlen können; daher sei der Prozeß zwangsläufig gewesen. Er fügte 3 Kostennoten von Rechtsanwälten bei (vorprozessuale Anwaltskosten der Prozeßbevollmächtigten i.H.v. 2.518,– DM; für das Verfahren am Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen 2.055,42 DM; sodann eine Kostennote der Prozeßbevollmächtigten betreffend „Rechtsstreit von …/von … Dienstverhältnis” Gegenstandswert 100.000,– DM, Honorar 1.892,40 DM). Zu der auf 2 Personen lautenden Zugfahrkarte in Höhe von 299,– DM (Fahrtziel: Garmisch-Partenkirchen) machte er geltend, die Fahrtkosten für 1 Person betrügen 199,– DM. Auf die Hotel – und Taxiquittungen (104,– DM und 37,– DM) wird ebenfalls verwiesen. In rechtlicher Hinsicht führte er aus, es habe sich um eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO gehandelt. Daß diese berechtigt gewesen sei, zeige sich schon daran, daß der Unterhaltsanspruch im Wege des Vergleichs auf 350,– DM monatlich herabgesetzt worden sei. Er habe den Prozeß zwar aktiv geführt, jedoch keineswegs freiwillig. Vielmehr habe er diesen Schritt aus wirtschaftlichen Gründen tun müssen, da er nach der Pensionierung zur Zahlung des hohen Unterhalts nicht mehr in der Lage gewesen sei. Die für ihn ungünstige Kostenregelung beruhe auf § 91 a ZPO, wonach Richter in Familienprozessen grundsätzlich darauf drängten, bei Vergleichen die Kosten möglichst gegeneinander aufzuheben. Da die geschiedene Ehefrau sich zuvor geweigert habe, den Minderungsanspruch anzuerkennen, sei eine gerichtliche Herabsetzung unausweichlich gewesen. Einen Entscheidungsspielraum habe der Kläger nicht gehabt.

Mit seiner im Streitpunkt abweisenden Einspruchsentscheidung stellte sich der Beklagte jedoch auf den Standpunkt, für die mit der Ehescheidung zusammenhängenden Folgesachen habe kein richterlicher Entscheidungszwang bestanden. Die Grundsätze des BFH-Urteils IV R 87/74 vom 10.02.1977, BStBl 1977 II Seite 462 müßten auf alle nach altem Recht abgeschlossenen Scheidungsverfahren Anwendung finden.

Nur die Kosten des Ehescheidungsverfahrens selbst seien danach unvermeidbar. Für Folgeprozesse bestehe keine objektive Zwangslage, wie sie § 33 Abs. 2 EStG erfordere.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger das Ziel der Anerkennung der Scheidungsfolgekosten als außergewöhnliche Belastungen weiter. Die Kosten des Zivilprozesses vor dem Familiengericht Garmisch-Partenkirchen seien deshalb als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, weil der Prozeß zwar nicht absolut unvermeidbar, jedoch aus einer objektiven Zwangslage heraus geführt worden sei. Schon das Finanzgericht Kassel (EFG 1962, Seite 112) habe insbesondere darauf abgestellt, ob die richterliche Autorität als solche benötigt werde, um den im Einzelfall gefährdeten Rechtsfrieden wiederherzustellen. Insofern seien über die zitierte BFH-Rechtsprechung hinaus materiell-rechtliche Notwendigkeiten zu berücksichtigen. In diesem Sin...

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