Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorweggenommene Werbungskosten bei § 19 EStG bei vergeblichen Aufwendungen für den Erwerb einer Kapitalbeteiligung

 

Leitsatz (redaktionell)

Vergebliche Aufwendungen für den Erwerb einer Kapitalbeteiligung stellen vorweggenommene Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit dar, wenn ein enger Zusammenhang mit einer angestrebten Anstellung als Vorstand in der - noch zu gründenden - Kapitalgesellschaft bestand und die geplante Beteiligung lediglich 10% betragen sollte.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Sätze 2, 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.05.2017; Aktenzeichen VI R 1/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Betrag von 75.000 EUR, den der Kläger im Hinblick auf die Übernahme einer Vorstandsposition und gleichzeitig im Hinblick auf die Beteiligung an einer noch zu gründenden Kapitalgesellschaft aufgewandt hat, im Streitjahr (2002) als vergebliche vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen ist.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Jahr 2002 erhebliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als kaufmännischer Angestellter. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete zum 31. Dezember 2002. Im Jahr 2003 erzielte der Kläger Betriebseinnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit als Rechtsanwalt in Höhe von insgesamt 9.240,94 EUR netto, die mit 4.577,59 EUR auf „A-xy” und mit 4.663,35 EUR auf „A z” entfielen.

Im Zusammenhang mit der A Unternehmensgruppe kam es am 13. Dezember 2002 zu folgenden Absichtserklärungen:

„Hiermit erkläre ich, …, geb. am …, verbindlich, dass ich spätestens zum 1. April 2003 als Angestellter in die A-…gruppe eintreten werde. Meine Tätigkeit als Angestellter wird die Übernahme einer Vorstandsposition in der noch zu gründenden A HOLDING AG sein. Die Gründung ist bis spätestens 31. März 2003 vorgesehen, sollte dies nicht der Fall sein, habe ich die Möglichkeit aufgrund noch zu vereinbarenden vertraglichen Regelungen aus dem noch zu schließenden Anstellungsvertrag regressfrei auszusteigen.

Voraussetzung für den Abschluss eines dem Vorstehenden entsprechenden Anstellungsvertrag ist die Hinterlegung einer Summe in Höhe von € 70.000,00 (i.W. Euro siebzigtausend) durch mich auf eines mir noch zu benennendes Konto der A …gruppe. Erst mit der Hinterlegung werden die unterzeichnenden Mehrheitsgesellschafter der A …gruppe verpflichtet, einen dem Vorstehenden entsprechenden Arbeitsvertrag mit mir zu paraphieren. Spätester Termin für die Hinterlegung ist der 31. Dezember 2002.

Die zu hinterlegende Summe von € 70.000 … dient dem Erwerb von Stück 7.000 Aktien zum Kaufpreis von € 10,00 pro € 1,00-Aktie aus einer nach Gründung der A HOLDING AG zu erfolgenden Kapitalerhöhung. Die A HOLDING AG wird bei Gründung mit einem Grundkapital von € 50.000,00, aufgeteilt in 50.000 Aktien á € 1,00 ausgestattet. Nach Gründung erfolgt eine Kapitalerhöhung um € 25.000,00 auf € 75.000,00, wobei die Kapitalerhöhung insgesamt 25.000 Aktien á € 1,00 umfasst. Eine weitere Kapitalerhöhung wird ohne mein Zutun nicht erfolgen, so dass ich mit den vorgenannten 7.000 Aktien einen Anteil am Gesamtvermögen der A HOLDING AG in Höhe von 9,3333 % erwerbe.

H, den 13/12/02

___________________________________

Hiermit erklären die unterzeichenden Mehrheitsgesellschafter der A …gruppe verbindlich, die vorstehende Absichtserklärung des Herrn … anzunehmen und mit Herrn … nach Hinterlegung der vereinbarten € 70.000 einen Anstellungsvertrag mit den vorgenannten Grundbedingungen abzuschließen. Voraussetzung ist, dass der Anstellungsvertrag beinhaltet, dass mit Herrn … eine jährliche Bruttovergütung in Höhe von € 90.000 … vereinbart wird und die jährliche Bruttovergütung in 12 monatlichen Raten zur Auszahlung gelangt.

Die Unterzeichnenden erklären weiterhin verbindlich, bis zum 31. März 2003 die A HOLDING AG zu gründen und die einzelnen Gesellschaften der A …gruppe mit den von ihnen vertretenen Gesellschaftsanteilen in die A HOLDING AG einzubringen. Weiter erklären die Unterzeichner verbindlich, dass sie aufgrund ihrer Mehrheiten dafür Sorge tragen werden, dass Herr … als Vorstand der noch zu gründenden A HOLDING AG durch den noch einzusetzenden Aufsichtsrat der A HOLDING AG bestellt wird. Der Bestellungszeitraum wird 5 Jahre umfassen.

H, d. 13. November 2002

___________________________________

___________________________________”

Am 12. Dezember 2002 wurde Einigkeit zwischen dem Kläger und der A Unternehmensgruppe dahingehend erzielt, dass anstelle der in der Absichtserklärung genannten 70.000 EUR eine Summe von insgesamt 75.000 EUR zu hinterlegen war. Dadurch sollte die Beteiligungshöhe, an der damals noch zu gründenden A Holding AG, von zunächst 9,3333 % auf 10 % angehoben werden.

Der Kläger zahlte den Betrag von 75.000 EUR am 18. Dezember 2002.

Am 27. März 2003 wurde dem Kläger bekannt, dass die von ihm erbrachte Kapitalanlage abredewidrig als „Darlehen” zu Gunsten der A z GmbH verwend...

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