Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftliches Eigentum bei § 10e EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die zu § 39 AO entwickelten Grundsätze zum Begriff des wirtschaftlichen Eigentums gelten uneingeschränkt im Rahmen des § 10e EStG.

2) Substanz und Ertrag eines Gebäudes sind dem Nutzungsberechtigten zuzurechnen, wenn der Nutzungsberechtigte, der die Kosten des Gebäudes getragen hat, für den Fall der Nutzungsbeendigung einen Anspruch, insbesondere aus Bereicherungsrecht nach §§ 951, 812 BGB, auf Ersatz des vollen Verkehrswerts des Gebäudes gegen den Eigentümer hat.

3) Baumaßnahmen, die das Gebäude auf einen höheren Standard bringen, machen es betriebsbereit und führen zu Anschaffungskosten.

 

Normenkette

AO 1977 § 39 Abs. 2, 2 Nr. 1; BGB §§ 812, 951; HGB § 255 Abs. 1; EStG § 10e

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2004; Aktenzeichen X R 30/03)

BFH (Urteil vom 07.07.2004; Aktenzeichen X R 30/03)

 

Tatbestand

Es ist strittig, in welcher Höhe für die Kläger Aufwendungen für das Einfamilienhaus … Str. … in … im Rahmen des § 10 e des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Das im Jahre 1938 erbaute Einfamilienhaus gehörte bis zum Abschluss des notariellen Übertragungsvertrages im Juli 1993 dem Vater des Klägers, der das Objekt fremdvermietet hatte. Beginnend mit dem Jahr 1991 bis zum Einzug der Kläger im Sommer 1993 wurde das Haus mit einem Aufwand von 131.561,06 DM auf Kosten der Kläger umgebaut und renoviert. Zu den Einzelheiten der Baumaßnahmen wird auf die Baubeschreibung, übersandt mit Schreiben der Kläger vom 16. September 2002, verwiesen. Mit notariellem Übertragungsvertrag vom 23.07.1993 übertrug der Vater das bebaute Grundstück an den Kläger. Als Gegenleistung wurde die Zahlung eines Geldbetrages von 30.000,– DM innerhalb von 5 Jahren nach Vertragsabschluss sowie die Übernahme von Eigentümergrundschulden in Höhe von 130.000,– DM vereinbart. Hierbei handelte es sich um die Absicherung eines Darlehens, für das der Kläger bereits bei Aufnahme als Darlehensnehmer neben seinem Vater mitgewirkt hatte und das der Finanzierung der von ihm getragenen Umbaukosten diente. Im notariellen Vertrag heißt es hierzu:

„Zur Klarstellung sei vermerkt, dass Herr … bereits bei der Bestellung der Grundschuld über 100.000,– DM als persönlicher Schuldner mitgewirkt und sich dieserhalb der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterworfen hat. Unter den Beteiligten besteht Einvernehmen darüber, dass die beträchtlichen Um- und Ausbauarbeiten an dem übertragenen Hausgrundbesitz von dem Erwerber… auf eigene Kosten und Rechnung durchgeführt worden sind. Aufgrund der hier vorgenommenen Übertragung verzichtet er seinen Eltern gegenüber auf den ihm zustehenden Aufwendungsersatzanspruch bezüglich der von ihm getragenen Umbaukosten…

Der Verkehrswert des übertragenen Grundbesitz beträgt 180.000,– DM.”

1994 zahlte der Kläger den ausstehenden Kaufpreis i.H.v. 30.000,– DM

In den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerfestsetzungen 1993 bis 1995 berücksichtigte der Beklagte als Anschaffungskosten lediglich 30.000,– DM und Zinsen für die Jahre 1993 bis 1995. Für das Jahr 1992 lies er keinen Zinsabzug zu.

Die deshalb erhobenen Einsprüche beschied der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22.01.1998 und setzte die Einkommensteuer 1992 bis 1995 unter Berücksichtigung von abgezinsten Anschaffungskosten in Höhe von 22.950,– DM, ausgehend von den 30.000,– DM, fest. Der Beklagte sah einen Anschaffungsvorgang lediglich in Höhe von 1/6 des Verkehrswertes, nämlich 30.000,– zu 180.000,– DM, als gegeben an. Wegen der Berechnung wird auf Seite 5 der Einspruchsentscheidung Bezug genommen. Den gewährten Schuldzinsenabzug für die Jahre 1993 bis 1995 machte er rückgängig.

Die Kläger vertreten mit ihrer am 10.02.1998 erhobenen Klage weiter die Ansicht, dass ihnen Anschaffungskosten in Höhe des Verzichts auf den Aufwendungsersatzanspruch, also insgesamt in Höhe von 131.561,– DM zuzüglich des abgezinsten Barkaufpreises von 28.440,– DM entstanden seien.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22.01.1998 werden die Einkommensteuerfestsetzungen 1992 bis 1995 mit der Maßgabe geändert, dass im Jahre 1992 Zinsen in Höhe von 11.053,– DM, im Jahr 1993 in Höhe von 11.105,– DM, im Jahr 1994 in Höhe von 10.873,– DM und im Jahr 1995 in Höhe von 10.544,– DM berücksichtigt werden, sowie im Jahre 1993 Anschaffungskosten in Höhe von 160.001,– DM und in den Jahren 1994 und 1995 Anschaffungskosten in Höhe von 165.011,– DM, bei der § 10 e EStG der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage insoweit abzuweisen, als die Bemessungsgrundlage nach § 10 e EStG im Jahre 1993 50.366,– DM und in den Jahren 1994 und 1995 52.502,– DM übersteigt.

Er ist nach wie vor der Ansicht, dass der Kläger das Objekt nur teilentgeltlich erworben habe. Wegen der Zahlung des Kaufpreises im Jahre 1994 betrage der abgezinste Kaufpreis jedoch 28.440,– DM.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht als wirtschaftli...

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