Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorwurf der Amtspflichtverletzung bei § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO unzulässig

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Kenntnis des für die Festsetzung der GrESt zuständigen FA über die Höhe des Verkehrswerts des erworbenen Grundstücks ist für die GrESt-Festsetzung nicht rechtserheblich. Der Verkehrswert eines Grundstücks ist keine die GrESt mindernde Tatsache.

2) Hat das FA Kenntnis davon, dass das veräußerte Grundstück ein Tankstellengrundstück mit seinen wesentlichen Bestandteilen ist, dann ist dem FA dem Grunde nach auch bekannt, dass mit dem Grundstück auch Betriebsvorrichtungen mitveräußert wurden. Die fehlende Kenntnis des Anteils der Betriebsvorrichtungen am Gesamtkaufpreis rechtfertigt die Anwendung von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO für die GrESt-Festsetzung nicht.

3) Für die Anwendung von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist es ohne Belang, ob das FA seine Amtsermittlungspflicht verletzt hat.

 

Normenkette

GrEStG § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; BewG § 68 Abs. 2 Nr. 2; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.11.2008; Aktenzeichen II R 10/08)

BFH (Urteil vom 19.11.2008; Aktenzeichen II R 10/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Grunderwerbsteuerbescheide vom 12.03.2001 ändern muss bzw. ob die Ablehnung der Änderung durch Verfügung vom 29.03.2005 rechtswidrig ist.

Grundlage für die Grunderwerbsteuerfestsetzungen vom 12.03.2001 war der notarielle Vertrag vom 22.01.2001, durch den die Kläger von den Eheleuten L den im Grundbuch des Amtsgerichts H, Gemarkung N, Bl. xxxx, Flur y, eingetragenen, mit einer Tankstelle und einer Wohnung bebauten Grundbesitz nebst Aufbauten erwarben (§ 1 Nr.2 und § 2 Nr. 1 a des Vertrages). Zum Kaufgegenstand gehörten darüber hinaus alle wesentlichen Bestandteile und etwa vorhandenes gesetzliches Grundstückszubehör (§ 2 Nr. 1 b des Vertrages), die in der Anlage zum Vertrag aufgeführten, zum Betrieb der Tankstelle und Werkstatt zählenden Gegenstände (§ 2 Nr. 1 c des Vertrages), sowie der im Zeitpunkt des Besitzübergangs vorhandene und noch verkäufliche Warenbestand (§ 2 Nr. 1 d des Vertrages). Ausdrücklich nicht mit verkauft wurden alle übrigen zum Tankstellen- und Werkstattbereich der Verkäufer zählenden Gegenstände einschließlich der im Eigentum der B AG befindlichen Tanktechnik (Lagerkessel, Rohrleitungen und … Tanksäulen) und der bis zum Besitzübergang eingegangenen Forderungen und Verbindlichkeiten etc. (§ 2 Nr. 2 des Vertrages).

Als Kaufpreis für die unter § 2 Nr. 1 a und b des Vertrages aufgeführten Gegenstände wurde ein Betrag i.H.v. 1.250.000,00 DM vereinbart (§ 7 Nr. 1). Ein Betrag i.H.v. 30.000,00 DM sollte laut § 2 Nr. 1 c für die sich aus der Anlage zum Vertrag ergebenden verkauften Gegenstände gezahlt werden (§ 7 Nr. 2). In der Anlage waren unter anderem genannt „Hebebühne, Auswuchtmaschine, Reifenmontiergerät, Reifenwagen, Rangierheber, Luftschrauber, Werkzeugschrank, Reifenwandregale, Ölabsauger, Ölauffanggerät, Einstempelhebebühne, Hochdruckreiniger, Hochdruckschläuche, Fensterleder, Kompressor, Batterieladegerät, Batterietestgerät, Kehrmaschine, Werkzeugwagen mit Werkzeug und Schiebetürschrank”. Im Übrigen sollte für das nach § 2 Nr. 1 d des Vertrages verkaufte Inventar der Einkaufspreis noch ermittelt werden (§ 7 Nr. 3). In § 15 des Vertrages wurde darüber hinaus vereinbart, dass der jeweilige Eigentümer der erworbenen, im Grundbuch N Bl. xxxx eingetragenen, Grundstücke Flur y Nr. 123 und 456 dem jeweiligen Eigentümer des Grundbesitzes der Flurstücke Nr. 789 und 101112 das Recht einräumt, den in der Örtlichkeit bereits vorhandenen Schmutz- und Regenwasserkanal auf dem dienenden Grundstück zu nutzen, zu belassen, zu warten, instandzuhalten und zu erneuern, sowie zu diesem Zweck den dienenden Grundbesitz zu betreten bzw. durch Dritte betreten zu lassen. Es wurde weiter vereinbart, dass dieses Nutzungsrecht durch eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch abzusichern sei. Der Wert der Dienstbarkeit wurde mit 5.000,00 DM angegeben.

Der Kaufvertrag ging am 26.01.2001 beim Beklagten ein und veranlasste diesen, die am 12.03.2001 gegen die Kläger gerichteten, an diese bekannt gegebenen Grunderwerbsteuerbescheide zu erlassen. Hierbei legte der Beklagte als Bemessungsgrundlage einen Betrag von je 627.500 DM (1/2 von 1.255.000,00 DM /1.280.000,00 DM + 5.000,00 DM – 30.000,00 DM) zugrunde. Die Grunderwerbsteuer wurde dementsprechend auf jeweils 21.962,00 DM festgesetzt. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Am 09.12.2004 ging beim Beklagten ein Antrag der Kläger auf Änderung dieser Steuerfestsetzungen ein. Als steuerpflichtige Gegenleistung sei nicht der Betrag von 1.255.000,00 DM maßgeblich, sondern ein Wert von nur 501.000,00 DM (496.000 + 5.000). Nach der im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2001 durchgeführten Verkehrswertermittlung stehe fest, dass der Verkehrswert des erworbenen Grundstückes nur 496.000,00 DM betragen habe. Dies sei eine neue Tatsache, die nunmehr nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu berücksichtigen sei.

Der Bekl...

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