Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Entgelten für Auslandsversicherungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Entgelt, das der Arbeitgeber für die Gewährung von Unfallversicherungsschutz für in das Ausland entsandte Mitarbeiter des Arbeitgebers an eine Berufsgenossenschaft zahlt, die den Auslandsunfallversicherungsschutz (Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) ihren Mitgliedern gemäß § 140 Abs. 3 Satz 3 SGB VII gewährt, unterliegt der Versicherungsteuer.

 

Normenkette

SGB VII § 140; SGB IV §§ 3-4; VersStG §§ 4, 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.06.2020; Aktenzeichen V R 48/19)

BFH (Aktenzeichen II B 92/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die von der Klägerin erhaltenen Entgelte für die von ihr angebotenen Auslandsunfallversicherungen der Versicherungsteuerpflicht unterliegen.

Die Klägerin ist die in der Rechtsform einer Körperschaft öffentlichen Rechts organisierte Berufsgenossenschaft der Branchen …. Die Klägerin bietet aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Vertreterversammlung und auf Grundlage der Befugnis gemäß § 140 Abs. 3 Satz 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ihren Mitgliedern den Abschluss einer Auslandsunfallversicherung (AUV) gemäß § 140 Abs. 2 SGB VII für deren Arbeitnehmer an. Gemäß § 3 Abs. 1 der von der Klägerin als Versicherungsbedingungen verwendeten „Richtlinien für die Auslandsunfallversicherung” (Stand 1. Januar 2016, nachfolgend Richtlinien AUV; vgl. Bl. 35 der Gerichtsakte –GA–) wird „auf Antrag des Unternehmers für ins Ausland entsandte Personen Versicherungsschutz gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (Versicherungsfälle) im Ausland gewährt, wenn diese Personen nicht bereits aufgrund des Sozialgesetzbuches (Ausstrahlung) oder des zwischen- oder überstaatlichen Rechts versichert sind.” Die AUV tritt hiernach immer dann ein, wenn aufgrund des Auslandssachverhalts und des geltenden Territorialitätsprinzips (vgl. § 3 SGB IV) deutsches Sozialrecht nicht eingreift und dem entsprechend die gesetzliche Unfallversicherung – auch im Wege der sog. sozialversicherungsrechtlichen Ausstrahlung (vgl. § 4 SGB IV) – keine Leistungen erbringt.

Gemäß § 4 Abs. 1 der Richtlinien AUV ist Voraussetzung für die Gewährung des Versicherungsschutzes, dass eine Auslandstätigkeit im Zusammenhang mit einer Beschäftigung oder ehrenamtlichen Tätigkeit bei einem inländischen Unternehmen ausgeübt wird. Der Versicherungsschutz der AUV umfasst gemäß § 5 der Richtlinien AUV „Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches VII und den ergänzenden Vorschriften.” Der durch die AUV gewährte Versicherungsschutz entspricht den der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem SGB VII (vgl. §§ 5 ff. Richtlinien AUV). Die Aufbringung der Mittel für die AUV erfolgt im Umlageverfahren, an dem die Unternehmen, die eine AUV abgeschlossen haben, beteiligt sind. Im Unterschied zur gesetzlichen Unfallversicherung handelt es sich bei der AUV um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers; eine gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers auf Abschluss einer AUV besteht nicht. Die AUV muss für den jeweiligen Abnehmer gesondert abgeschlossen werden.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2013 (Bl. 33 der vom Beklagten für den Anmeldungszeitraum Dezember 2005 geführten Rechtsbehelfsakte) teilte das Bundesversicherungsamt der Klägerin auf deren Anfrage hin, ob Auslandsversicherungen nach § 140 Abs. 2 SGB VII in den Anwendungsbereich des Versicherungsaufsichtsgesetzes fallen, u.a. mit, dass die Auslandsunfallversicherung – in Abgrenzung zur Haftpflichtversicherung nach § 140 Abs. 1 SGB VII – Teil der öffentlich-rechtlichen Sozialversicherung und somit nicht von der Fachaufsicht betroffen ist.

Die Klägerin gab für die von ihr vereinnahmten Entgelte für die von ihren Mitgliedern abgeschlossenen Auslandsunfallversicherungen betreffend verschiedene monatliche Anmeldungszeiträume zunächst keine entsprechenden Versicherungsteueranmeldungen ab. Sie wurde seitens des Beklagten wegen verschiedener Erhebungszeiträume als Versicherungsteuerschuldner im Zusammenhang mit der AUV in Anspruch genommen. In der Folge hatten die Beteiligten zunächst für den Anmeldungszeitraum Dezember 2005 unter dem Aktenzeichen 2 K 735/15 bereits ein finanzgerichtliches Streitverfahren geführt, in dem jedoch aufgrund eingetretener Festsetzungsverjährung die streitigen materiell-rechtlichen Fragen zur Versicherungsteuerpflicht der AUV nicht geklärt werden konnten.

Auf der Grundlage der seitens der Klägerin im November 2017 vereinnahmten Versicherungsentgelte in Höhe von insgesamt 3.530 € für abgeschlossene Auslandsunfallversicherungen (für Personen bezüglich deren Tätigkeiten in den USA, in China, Indien, Südkorea, Thailand, Mexiko, Israel und Südafrika) gab die Klägerin für den Voranmeldungszeitraum November 2017 eine entsprechende Versicherungsteueranmeldung vom 7. Dezember 2017 (Bl. 31 der GA) mit einem Versicherungsteuerbetrag von 563,61 € ab.

Mit der hiergegen fristgerecht erhobenen Sprungklage, der der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Januar 2...

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