Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiederaufleben des Freibetrags und Ausgleich einer Überprogression

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Erstreckt sich eine Kette von Schenkungen über einen Zehnjahreszeitraum hinaus (wobei die äußeren Glieder der Kette mit mittleren in einem Zehnjahreszeitraum verbunden sind), lebt der Freibetrag wieder auf. Bei der Berechnung der Steuer für die erste Schenkung nach Ablauf eines Zehnjahreszeitraums ist zu der Berechnungsgrundlage der "Steuer, welche für die früheren Erwerbe zur Zeit der letzten zu erheben gewesen wäre," der Freibetrag maximal in der Höhe des neuen Erwerbs, im übrigen aber in der Höhe zuzurechnen, in der er durch eine jetzt nicht mehr innerhalb des Zehnjahreszeitraums liegende Schenkung verbraucht worden war. Sofern dabei der Freibetrag nicht voll ausgeschöpft wird, lebt der Rest bei der folgenden Schenkung unter den gleichen Voraussetzungen auf.

2) Wie beim wieder auflebenden Freibetrag ist auch eine Überprogression grundsätzlich bei der ersten Schenkung nach Ablauf des Zehnjahreszeitraums auszugleichen. Die Korrektur der Überprogression kann allenfalls zu einer Steuer von 0 DM auf die letzte Schenkung führen; eine Erstattung findet nicht statt. Eine etwaige weitere Korrektur ist auf die nächste Schenkung vorzutragen.

 

Normenkette

ErbStG 1974 § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 1

 

Beteiligte

Sabine Spies

Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater Dr. Raupach, Dr. Käuffer & Partner

Finanzamt Aachen-Innenstadt – vertreten durch den Vorsteher –

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.01.2002; Aktenzeichen II R 79/99)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung von Vorschenkungen bei der Besteuerung einer freigebigen Zuwendung vom …1994 im Steuerwert von … DM. Zuvor hatte der Vater der Klägerin (Klin.) seiner Tochter bereits folgende Schenkungen (jeweils in Steuerwerten) gemacht:

1. 1982

(Vorschenkung I)

… DM

2. 1990

(Vorschenkung II)

… DM

3. 1993

(Vorschenkung III)

… DM.

Mit Bescheid vom …1995 zog der Beklagte (Bekl.) die Klin. nach Maßgabe folgender Berechnung zur Schenkungsteuer heran:

Erwerb

… DM

+ Vorschenkungen

… DM

Summe

… DM

./. Freibetrag

… DM

steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet)

… DM

Schenkungsteuer 13 v. H.

… DM

./. Anrechnungsbetrag für Vorschenkungen

… DM

./. ausländische Schenkungsteuer

… DM

Schenkungsteuer

… DM

Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klin. blieb erfolglos, während der Bekl. dem gegen den die Zuwendung vom …1993 betreffenden Schenkungsteuerbescheid gerichteten Rechtsbehelf teilweise stattgab (Schenkungsteuer danach: … DM). Wegen der Einzelheiten wird auf die zusammengefaßte Einspruchsentscheidung vom …1996 Bezug genommen.

Mit der Klage erstrebt die Klin. die Herabsetzung der Schenkungsteuer auf … DM. Bei der Berechnung des Anrechnungsbetrages seien nach dem BFH-Urteil vom 17.11.1977 II R 66/68, BStBl II 1978, 220, auch diejenigen Vorschenkungen zu berücksichtigen, die zwar außerhalb des Zehnjahreszeitraumes I erfolgt seien, jedoch innerhalb des Zehnjahreszeitraumes II von Vorschenkungen lägen, die im Zehnjahreszeitraum I zu erfassen seien. Der „wieder auflebende Freibetrag” müsse auch bei der Schenkung vom …1994 berücksichtigt werden. Außerdem müsse der sich ergebenden „Überprogression” dadurch Rechnung getragen werden, daß der Steuersatz auf die – unter Anwendung des wieder auflebenden Freibetrages errechnete – Bemessungsgrundlage des Anrechnungsbetrages anzuwenden sei, der auf die Vorschenkungen der Zehnjahreszeiträume I und II anzusetzen war, höchstens aber derjenige, der für die Versteuerung der letzten Schenkung (inklusive der Vorschenkungen des Zehnjahreszeitraumes I) maßgeblich ist.

Danach errechne sich die festzusetzende Schenkungsteuer wie folgt:

1. Berechnung steuerpflichtiger Erwerb

Wert des Erwerbs

… DM

zuzüglich Vorschenkungen (Zehnjahreszeitraum I)

… DM

Summe (Bruttoerwerb)

… DM

abzüglich Freibetrag

… DM

steuerpflichtiger Erwerb – abgerundet –

… DM

2. Steuerfestsetzung

Steuersatz 13 v. H.

Schenkungsteuer 13 v. H. × …

… DM

a. Anrechnungsbetrag für Vorschenkungen

Vorschenkungen

wieder auflebender Freibetrag

abzüglich Freibetrag

-…

Bemessungsgrundlage

Anrechnungsbetrag

zuzüglich Vorschenkungen außerhalb Zehnjahreszeitraum I (Zehnjahreszeitraum II)

Steuersatz 14 v. H. Anrechnungsbetrag für Vorschenkungen

Steuersatz höchstens 13 v. H. 3.001.927 × 13 v. H.

… DM

… DM

b. abzüglich ausländische Steuer

… DM

c. festzusetzende Schenkungsteuer

… DM.

Die Klin. beantragt,

die Schenkungsteuer unter Abänderung des Schenkungsteuerbescheides vom …1995 und der Einspruchsentscheidung vom …1996 auf … DM herabzusetzen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest. Ein wieder auflebender Freibetrag sei im Streitfall nicht in Ansatz zu bringen, weil dies – im Rahmen der Einspruchsentscheidung – bereits bei der Vorschenkung III geschehen sei. Erst nach Ablauf weiterer zehn Jahre lebe der Freibetrag erneut auf.

Im übrigen könne der von der Klin. bei der Berechnung der anrechenbaren Steuern für Vo...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge