Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtfertigung der Hinzuschätzung von Einnahmen; ordnungsgemäße Buchführung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ordnungsvorschriften des § 146 AO gelten auch dann, wenn der Stpfl. Bücher und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, führt, ohne hierzu verpflichtet zu sein. Bei Einzelhändlern, die Waren von geringem Wert an eine bestimmte Vielzahl nicht bekannter und feststellbarer Personen verkaufen, sind durch die Rechtsprechung Erleichterungen bezüglich der Kassenführung zugelassen. Ungeachtet dieser Erleichterung müssen jedoch Registrierkassenstreifen, Kassenzettel und Kassenendsummenbons aufgehoben werden. Die Aufzeichnungen müssen so gehalten sein, dass es einem Buchsachverständigen zumindest am Beginn bzw. Ende des Geschäftstages möglich ist, den durch Kassensturz festgestellten Istbestand anhand des Kassenbuches zu überprüfen.

2. Nicht nur materielle, sondern auch formelle Mängel der Buchführung rechtfertigen eine Hinzuschätzung, wenn sie wesentlich sind, z.B. weil nicht richtig, nicht vollständig oder nicht zeitgerecht gebucht worden ist oder die Kassenaufzeichnungen unzureichend sind.

 

Normenkette

AO § 146 Abs. 6, § 162 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.05.2008; Aktenzeichen III B 80/07)

BFH (Aktenzeichen III B 80/07)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und ggf. in welchem Umfang der Beklagte Hinzuschätzungen zu den Umsätzen und Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb vornehmen durfte.

Der Kläger und seine Ehefrau sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger betrieb in den Streitjahren 1999 und 2001 (betreffend das Jahr 2000 wurde die Klage zurückgenommen) unter der Firma „P” drei Teeläden; zwei Geschäfte befanden sich in S, das dritte Geschäft wurde ab dem Jahre 2001 in O betrieben. Seinen Gewinn ermittelte er durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Beklagte führte bei dem Kläger eine am 9.8.2004 begonnene, sich auf die Jahre 1999 – 2001 erstreckende und mit Prüfungsbericht vom 13.10.2005 abgeschlossene Betriebsprüfung durch. Es wurde bis auf die Streitpunkte „Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung” und „ungeklärte Geldeingänge” Einigung erzielt. Bezüglich der genannten Streitpunkte traf der Prüfer folgende Feststellungen:

a) Ladenkassen (Tz. 2.3 des Bp-Berichts)

„Die Kassenbelege in Form von Kassenrollen, aus denen sich die Einzelbuchungen der Ladenkassen für die … Straße, die … Straße in S und die … Straße in O hätten ableiten lassen können, waren nach Aussagen des Steuerpflichtigen nicht mehr vorhanden. Nach den zum Teil vorgelegten Kassenendsummenbons sind monatlich handschriftliche DATEV-Grundaufzeichnungen über die Kasseneinnahmen gefertigt worden. Kassenanfangsbestand und Kassenendbestand sind nicht in der vorschriftsmäßigen Weise festgehalten worden. Damit kann der tägliche Kassenbestand nicht ‚kassensturzfähig’ festgestellt werden. Die Kassenaufzeichnungen waren demnach nicht beweiskräftig und nicht ordnungsmäßig”.

Der Prüfer nahm aufgrund dieser Feststellungen eine Netto-Zuschätzung in Höhe von 5 v.H. für alle Jahre wie folgt vor:

1999

2000

2001

Zuschätzung insgesamt in DM

17.000,–

19.000,–

23.000,–

Entsprechend den bisherigen Umsatzanteilen verteilte er diese Hinzuschätzungen auf die Umsätze zu 16% und 7% wie folgt:

1999

2000

2001

Umsätze 16% in DM

4.930,–

2.090,–

1.840,–

Umsätze 7% in DM

12.070,–

16.910,–

21.160,–

Netto-Gesamtwert

17.000,–

19.000,–

23.000,–

Einschließlich Umsatzsteuer führten diese Hinzuschätzungen zu folgenden Gewinnänderungen:

Umsätze zu 16%:

Umsätze zu 7%

1999: + 5.719,–

+ 12.915,–

2000: + 2.424,–

+ 18.093,–

2001: + 2.134,40

+ 22.641,–.

b) Ungeklärte Geldeingänge (Tz. 2.6 des Bp-Berichts)

Ein weiterer, offen gebliebener Streitpunkt betraf vom Prüfer angenommene „ungeklärte Geldeingänge”. Hierzu führte der Prüfer in seinem Bericht wie folgt aus:

„Im Zusammenhang mit dem Nachweis über die Finanzierung des am 28.3.2000 erworbenen Wohn- und Geschäftsgrundstücks in O, … Straße …, wurde auch das Konto … des Steuerpflichtigen bei der Volksbank O vorgelegt. Auf diesem Konto war am 18.4.2000 eine Überweisung von 75.000,– DM eingegangen. Die Mittelherkunft dieses Geldeingangs wurde im Rahmen der Bp hinterfragt und ein entsprechender Nachweis in Form von Kontoauszügen angefordert. Der Steuerberater hat daraufhin bei der Stadtsparkasse S Zweitschriften des auf Frau G – der Ehefrau des Steuerpflichtigen – lautenden Kontos Nr. … angefordert und vorgelegt. Im Rahmen der Auswertung dieses Kontos durch die Bp wurde festgestellt, dass die Ehefrau am 18.4.2000 eine Überweisung in Höhe von 75.000,– DM auf das Volksbank-Konto ihres Mannes getätigt hat. Auf ihrem eigenen Konto sind zuvor die folgenden Geldeingänge in Höhe von 77.027,79 DM verbucht worden:

22.10.1999

Eigenzahlung

27.027,79 DM

15.11.1999

Eigenzahlung

25.000,– DM

23.11.1999

Eigenzahlung

25.000,– DM.

Diese Geldeingänge auf dem Privatkonto von Frau G...

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