Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausübung einer Tätigkeit als Heilpraktiker

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein ausgebildeter Heilpraktiker, der zu betreuenden Personen mit seinem Unternehmen betreutes Wohnen als Gesamtleistung anbietet, wozu auch Einzelgespräche mit den Betreuten gehören, ist nicht als Heilpraktiker tätig.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 18

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die von dem Kläger erzielten Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb und damit gewerbesteuerpflichtig oder Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG sind.

Der Kläger betreibt das Unternehmen „A” und bietet dabei erwachsenen Menschen mit einer psychischen Erkrankung, körperlichen oder geistigen Behinderung oder einer chronischen Suchterkrankung Unterstützung bei einer selbstbestimmten Lebensführung an. Bei den Patienten handelt es sich um kranke Person, die in ihrer Wohnung betreut werden müssen. Sie sind nicht mehr in der Lage, sich allein in ihrer Wohnung zu versorgen. Für das Unternehmen A stellte der Kläger Fachkräfte, insbesondere Altenpfleger und Erzieher, an. Der Kläger selbst sei nach seiner Ausbildung Diplom Sozialarbeiter, Diplom Kunsttherapeut und „Heilpraktiker für Psychotherapie”.

Für das betreute Wohnen erhält der Kläger vom Landschaftsverband Zahlungen, nicht jedoch von den Sozialkassen. Auf einer Rechnung an eine Rechtsanwältin für die Betreuung ihrer Klientin berechnet der Kläger „für einen abgesprochenen Folgezeitraum, monatlich € 200,– pauschal für in aller Regel wöchentlich aufsuchende Termine, incl. sogenannte Krisenbesuche.” Im Übrigen wurden monatliche Zahlungen je betreuter Person, z.T. inkl. Taschengeld, an den Kläger geleistet.

Beim Kläger wurde für die Jahre 2012-2017 eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt. Aufgrund deren Feststellungen wurden mit Bescheiden vom 30.09.2020 die Gewerbesteuermessbeträge für 2012 auf 7.605 €, für 2013 auf 8.652 €, für 2014 auf 8.242 €, für 2015 auf 6.895 €, für 2016 auf 6.972 € und für 2017 auf 3.563 € festgesetzt.

Gegen die Gewerbesteuermessbescheide legte der Kläger mit Schreiben vom 31.10.2020 Einspruch ein. Die Gewerbesteuermessbeträge 2014–2017 wurden mit Bescheiden vom 22.04.2021 gemäß § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO aufgrund von Änderungen bei der Einkommensteuer geändert. Hiergegen legte der Kläger am 26.05.2021 erneut Einsprüche für die Jahre 2014–2017 ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.08.2021 wurden die Einsprüche vom 31.10.2020 als unbegründet zurückgewiesen und die Einsprüche vom 26.05.2021 als unzulässig verworfen. Der Kläger werde nicht im Tätigkeitsfeld eines Heilpraktikers tätig, die Tätigkeit im ambulant betreuten Wohnen ziele darauf ab, der betreuten Person eine weitgehend eigenständige Lebensführung und Teilhabe am Leben in der Gemeinde zu ermöglichen. Dabei würden erwachsene Menschen individuell und bedarfsgerecht im eigenen Haushalt unterstützt, eine medizinische oder heilbehandelnde Tätigkeit liege jedoch nicht vor.

Mit der am 14.09.2021 erhobenen Klage gegen die Gewerbesteuermessbescheide 2014–2017 verfolgt der Kläger sein Begehr aus den Einspruchsverfahren weiter. Mit Schriftsatz vom 06.10.2021 erhob der Kläger auch Klage gegen die Gewerbesteuermessbescheide 2012–2013 und beantragte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, da ihm im Jahre 2021 lediglich die Gewerbesteuermessbescheide für 2014–2017 zugestellt worden seien, nicht jedoch für die Jahre 2012–2013.

Der Kläger meint, er übe ausschließlich eine Tätigkeit als Heilpraktiker aus und würde damit in einem Katalogberuf tätig sein. Er sei insofern heilend tätig, da er sich um seine kranken Patienten kümmere. Er führe die Patienten in den einzelnen Wohnungen an ein ordnungsgemäßes Wohnen heran. Dies erfolge durch direkte persönliche Ausbildung vor Ort. Zudem führe er therapeutische Einzelgespräche mit seinen Patienten, die er aufgrund seiner Ausbildung auch nur allein führen könne. Er sei in den ersten vier Wochen allein bei seinen Klienten anwesend und führe die Gespräche in dieser Zeit allein mit ihnen. Danach gebe er die Tätigkeit an seine Mitarbeiter ab, sodass er immer den persönlichen Kontakt zu jedem einzelnen Klienten habe. Die Mitarbeiter hätten ebenso eine heilende pflegerische Tätigkeit inne. Sie hätten hierzu die erforderlichen Ausbildungen, z.B. zum Heilerziehungspfleger, zum Soziologe, Diplom Sozialpädagoge, Diplompsychologe und Erzieher. Das Training hinsichtlich der hauswirtschaftlichen Tätigkeit, die Begleitung zu Fachärzten und ähnlichem werde von seinen Angestellten oder Mitarbeitern übernommen. Er sei ausschließlich als Heilpraktiker tätig. Er übe weder einen ähnlichen Beruf aus noch sei er erzieherisch tätig.

Der Kläger beantragt,

die Änderungsbescheide über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2012 und 2013 vom 30.09.2020 und die geänderten Gewerbesteuermessbeträge 2014 bis 2017 in der Fassung vom 22.04.2021, sowie die Einspruchsentscheidung vom 13.08.2021 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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