Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerpflichtige Einkünfte des Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Die Tätigkeit von Rechtsanwälten im Bereich der Insolvenzverwaltung ist keine freiberufliche Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
  2. Die Einkünfte aus der Insolvenzverwaltertätigkeit könnten allenfalls zu Einkünften im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG führen.
  3. Nach der Vervielfältigungstheorie, die für vermögensverwaltende Tätigkeiten nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nach wie vor gilt, gehört es zu den Wesensmerkmalen der selbständigen Tätigkeit, dass sie in ihrem Kernbereich auf der eigenen persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruht.
  4. Qualifizierte Mitarbeiter sind nicht nur solche, die eine dem Berufsträger gleichwertige Berufsausbildung aufweisen. Ihre Tätigkeit muss auch nicht mit der des Berufsträgers identisch sein. Es genügt, dass sie die Tätigkeit des Berufsträgers jedenfalls in Teilbereichen ersetzen und damit seine Arbeitskraft vervielfältigen. Dabei brauchen die Arbeiten der Mitarbeiter denen des Berufsträgers nicht gleichwertig, sondern nur in Teilen gleichartig zu sein, wenn ihr Tätigkeitsbeitrag nicht von nur untergeordneter Bedeutung ist.
  5. Beschäftigt der einzelne Insolvenzverwalter vier Rechtsanwälte und weitere 3 1/4 Mitarbeiter bzw. ein weiterer Insolvenzverwalter sieben oder sogar acht Rechtsanwälte und zusätzlich 7 1/4 bzw. 9 1/4 weitere Sachbearbeiter und beauftragt die Kanzlei daneben noch zwei freie Mitarbeiter und eine Steuerberatungsgesellschaft als Subunternehmer und setzt darüber hinaus noch diverse Referendare bzw. studentische Hilfskräfte als nachgeordnete Hilfskräfte ein, so liegt bereits auf Grund der Vielzahl der qualifizierten Mitarbeiter keine selbständige Tätigkeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG vor. Auch die Vielzahl der übernommenen Insolvenzverfahren (44 bzw. 45 Verfahren) und die Tätigkeit an 15 verschiedenen Amtsgerichten spricht gegen eine selbständige Tätigkeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
 

Normenkette

GewStG § 2; EStG §§ 15, 18

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.12.2010; Aktenzeichen VIII R 37/09)

BFH (Urteil vom 15.12.2010; Aktenzeichen VIII R 37/09)

 

Tatbestand

Es ist streitig, ob die Klägerin Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr.3 Einkommensteuergesetz (EStG) oder gewerbliche Einkünfte gem. § 15 EStG erzielt.

Die Klägerin ist eine in 1998 gegründete Partnerschaft, deren Mitglieder Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind. Im Streitjahr 2003 hatte sie zehn Gesellschafter. Drei der beteiligten Wirtschaftsprüfer nahmen nicht an der Gewinnverteilung statt. Einer der Partner ist seit 2002 nur noch sporadisch tätig. Von den übrigen Rechtsanwälten sind drei ausschließlich als Insolvenzverwalter tätig (Dr. A (Beigeladener zu 1.), B, C). Die Klägerin unterhält in Hamburg, D und E Büros. Die Partner der Klägerin sind im Bereich von 15 Amtsgerichten als Insolvenzverwalter tätig.

In der am 07.10.2004 eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommenbesteuerung für 2003 erklärte die Klägerin laufende Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... €.

Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der Klägerin für den Zeitraum 1999 bis 2002 wurde festgestellt, dass die Klägerin durchschnittlich ca. 73 % (mit jährlich steigender Tendenz) ihrer Einnahmen aus der Insolvenzverwaltung erzielte und dass im Prüfungszeitraum mindestens 20 angestellte Rechtsanwälte für die Klägerin tätig waren, davon im Jahr 2002 13 im Insolvenzbereich. Ferner war im Jahr 2002 eine Dipl. Rechtspflegerin angestellt, die die Bearbeitung der Verbraucherinsolvenzverfahren übernommen hatte. Daneben griff die Klägerin auch auf Subunternehmen zurück. Die Einkünfte der Klägerin aus der Insolvenzverwaltung beruhten nach Ansicht des Betriebsprüfers nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft der Gesellschafter, so dass er die Einkünfte als gewerblich qualifizierte, die die anderen Einkünfte der Klägerin infizierten. Im Rahmen der Schlussbesprechung erzielten die Beteiligten dahingehend eine Einigung, dass unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesfinanzhof (BFH) vom 12.12.2001, welches erst im Jahr 2002 veröffentlich worden ist, lediglich die Einkünfte des Jahres 2002 als gewerblich qualifiziert werden sollten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den BP-Bericht vom 17.10.2005 und den Aktenvermerk des Betriebsprüfers vom 25.08.2005 verwiesen.

Für das Folgejahr stellte der Beklagte zunächst durch den Feststellungsbescheid 2003 vom 28.04.2005 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... € fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Durch den Bescheid vom 01.11.2005 wurde der Bescheid gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) dahingehend geändert, dass die Einkünfte nunmehr als solche aus Gewerbebetrieb festgestellt wurden.

Am 05.12.2005 legte die Klägerin Einspruch ein, der durch Einspruchsentscheidung vom 22.02.2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Hiergegen richtet sich die Kl...

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