Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeitskonzentrationen zur Entscheidung über Erlassverfahren in Kindergeldangelegenheiten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zuständigkeitskonzentrationen zur Entscheidung über Erlassverfahren in Kindergeldangelegenheiten bei der Agentur für Arbeit Recklinghausen - Inkasso-Service - und bei der Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord sind rechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2, §§ 227, 240; FVG § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 11; EStG § 64 Abs. 3; FGO § 102

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Erlass einer Kindergeldrückforderung sowie von Säumniszuschlägen.

Der Kläger erhielt aufgrund eines Kindergeldfestsetzungsbescheides der Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit vom 30. Juli 2013 ab Juli 2013 Kindergeld für seinen im ... 1997 geborenen Sohn A. Dieser Sohn wurde ab dem ... November 2013 bis zum ... September 2017 in Hamburg im Rahmen der Gewährung einer Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Achtes Buch (SGB VIII) in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht, in der er wohnte. Die Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Hamburg-1, Fachamt Jugend- und Familienhilfe (Jugendamt) erließ unter dem ... November 2013 einen Kostenbeitragsbescheid gegenüber dem Kläger. Damit wurde mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2013 ein Kostenbeitrag in Höhe des an den Kläger ausgezahlten Kindergeldes für die Dauer der Jugendhilfe festgesetzt. Der Kläger zahlte das Kindergeld dementsprechend monatlich an das Bezirksamt.

Die Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit erfuhr aufgrund einer Melderegisterauskunft, dass A seit dem 1. Dezember 2013 nicht mehr unter der Wohnung des Klägers gemeldet war. Mit Schreiben vom 26. Mai 2015 teilte sie dies dem Kläger mit und forderte ihn auf, bis zum 5. Juni 2015 anzugeben, in wessen Haushalt das Kind gelebt habe. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgehoben werden müsse, wenn der Kläger nicht fristgemäß antworte.

Mangels Antwort des Klägers hob die Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit die Kindergeldfestsetzung für das Kind A mit Bescheid vom 11. Juni 2015 ab dem Monat Dezember 2013 gemäߧ 70 Abs. 2 EStG auf und forderte das für den Zeitraum Dezember 2013 bis einschließlich Mai 2015 in Höhe von ... € gezahlte Kindergeld nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurück.

Nach einem Vermerk der Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit vom 29. Oktober 2015 sprach der Kläger an diesem Tag dort vor und legte Einspruch gegen den Bescheid vom 11. Juni 2015 ein. Er, der Kläger, habe das Geld an das Jugendamt gezahlt und es daher nicht zurückzuerstatten. Mit Entscheidung vom 4. Dezember 2015 verwarf die Beklagte den Einspruch als unzulässig. Der Einspruch sei verfristet. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) könne nicht erfolgen.

Nachdem der Kläger eine Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes Hamburg-2 vom 27. Juni 2018 erhalten hatte, wandte sich seine Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 28. November 2018 an die Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit und beantragte das Absehen von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen sowie einen Verzicht auf die Kindergeldrückforderung einschließlich der Säumniszuschläge. Der Rückforderungsbescheid vom 11. Juni 2015 sei rechtswidrig, weil der Kläger im Zeitraum vom ... November 2013 bis zum 31. Mai 2015 zu Recht Kindergeld bezogen habe. Sämtliche Kindergeldbeträge seien an das Jugendamt geleistet worden. Das Kindergeld sei gemäß § 43 Abs. 3 SGB VIII von den Eltern an das Jugendamt weiterzuleiten. Folglich führe der Einzug in eine Jugendhilfeeinrichtung nicht zum Verlust des Kindergeldanspruchs der Eltern. Die Rückforderung führe im Ergebnis zu einem ungerechten, nahezu unerträglichen Ergebnis. Der Kläger habe sich bereits im November 2013, als er vom Jugendamt aufgefordert worden sei, das Kindergeld weiterzuleiten, telefonisch an die Familienkasse Nord gewandt, um darum zu bitten, dass die Kindergeldbeträge direkt an das Jugendamt ausgekehrt würden. Dem Kläger sei damals mitgeteilt worden, dass dies nicht möglich sei. Es sei nur eine Auszahlung an die Eltern möglich, damit diese das Kindergeld an das Jugendamt weiterleiteten.

Die Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit wertete diesen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers als Erlassantrag, der durch Bescheid der Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service, vom 31. Januar 2019 abgelehnt wurde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgestellt, dass nach Mitteilung der Familienkasse Nord die Forderung aufgrund einer Verletzung der Mitwirkungspflicht des Klägers entstanden sei, daher sei eine Erlasswürdigkeit zu verneinen. Gründe für eine sachliche Unbilligkeit lägen nicht vor.

Der Kläger legte dagegen am 7. Februar 2019 Einspruch ein, der mit Entscheidung der Beklagten vom 24. April 2019 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Nach § 227 AO dürfe die Familienkasse Forderungen nur erlasse...

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